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Kriterienkatalog: INFRA gibt sich selbst gute Noten

Landesgutachten und die "Eigenbewertung" der Projektanten zum Download.

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Bis zu zwei Drittel des Iselwassers könnte in ein Kraftwerksrohr umgeleitet werden. Das ist ein wesentliches Kriterium für die schlechte Naturschutz-Beurteilung. Foto: Wolfgang C. Retter
Wie berichtet, hat das Fachgremium Wasserkraft im Amt der Tiroler Landesregierung das Kraftwerksprojekt an der Oberen Isel nach dem sogenannten "Kriterienkatalog" des Landes überprüft und sowohl Gewässerökologie als auch Naturschutz so kritisch beurteilt, dass ein Projektstopp empfohlen wird. Hier ungekürzt die Gesamtbeurteilung: Der Fachbereich Naturschutz liegt klar im "sehr kritischen" (roten) Bereich und auch der Fachbereich Gewässerökologie nur wenig besser im "kritischen" (gelben) Bereich. Dem stehen in den nutzungsorientierten Fachbereichen (v.a. Energie- und Wasserwirtschaft) keineswegs überragende Bewertungen gegenüber, die etwa deutlich im "attraktiven" (grünen) Bereich liegen würden. Vielmehr befindet sich die Bewertung im Fachbereich Energiewirtschaft – nicht zuletzt aufgrund der netzwirtschaftlich derzeit kaum realisierbaren Energieableitung – sogar knapp nur im "bedingt attraktiven" (gelben) Bereich und die Bewertung im Fachbereich Wasserwirtschaft noch recht nahe an der gelb-grünen Grenze im  "attraktiven" (grünen) Bereich. Zusammenfassend kann das gegenständliche Projekt daher nicht zur Weiterverfolgung empfohlen werden. Weder der Projektant, die Nordtiroler Firma INFRA, noch die beteiligten Gemeinden Virgen und Prägraten denken daran, diesem Rat zu folgen. Im Gegenteil. Die INFRA, die gemeinsam mit den beiden Anliegergemeinden die Realisierungsgesellschaft "Wasserkraft Obere Isel GmbH" gegründet hat, nimmt ausführlich zum Urteil des Fachgremiums Stellung.
Wolfgang Widmann, Geschäftsführer der Planungsfirma INFRA.
Wolfgang Widmann, Geschäftsführer der Planungsfirma INFRA, Co-Autor des Kriterienkatalogs und Geschäftsführer der Wasserkraft Obere Isel GmbH.
Die Verteidigungslinie der INFRA und der Gemeinden stützt sich auf ein Argument, dass die Bewertung nach dem Kriterienkatalog zuwenig ins Detail gehe und nicht mit der fachlichen Tiefe der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) mithalten könne, die seit Dezember 2012 läuft. Auf dieses Verfahren, das "viel differenzierter und genauer" sei, hoffen die Betreiber. Ein besonderer Dorn im Auge der INFRA ist die aus ihrer Sicht falsch gewichtete Bedeutung von Ausgleichsmaßnahmen. Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass das Kraftwerk zwar Naturräume beeinträchtige, dafür aber Ausgleichzonen schaffe, in denen bedrohte Arten wie der Pirol sogar einen noch besseren Lebensraum als bisher erhalten würden. Spannend ist der fachliche Schlagabtausch auch deshalb, weil die INFRA selbst im Auftrag des Landes jenen Katalog entwickelte, der ihrem eigenen Kraftwerk jetzt Untauglichkeit in unterschiedlichsten Bereichen attestiert. Vor diesem Hintergrund ist auch zu sehen, dass sich die Kraftwerksbauer in letzter Konsequenz gleich selbst benoten und den Fachleuten des Landes eine "Eigenbewertung nach dem Kriterienkatalog Wasserkraft" unter die Nase halten. Sie fällt naturgemäß deutlich positiver aus und wird von einem "Aktenvermerk" begleitet der mit einem vieldeutigen Hinweis endet: "Aus unserer Sicht auch als Mitwirkende bei der Erstellung des Kriterienkatalogs würde es dem Kriterienkatalog sehr schaden, wenn das Ergebnis einer UVP-Bewertung deutlich von einer vorausgegangenen Kriterienkatalogbewertung abweichen würde." Alle Dokumente zum Download:  Das Originalgutachten des Landes Die Eigenbewertung der INFRA Ein "Aktenvermerk" zur Eigenbegutachtung
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

3 Postings

Sepp Brugger
vor 10 Jahren

Zur Erinnerung: Die Fa INFRA hat wesentlich zur Entwicklung des Tiroler Kriterienkataloges Wasserkraft beigetragen und dafür vom Land Tirol ein Honorar von 155.040,00 Euro kassiert. Der Tiroler Landtag hat dann einstimmig diesen Kriterienkatalog beschlossen. Wie diesem Antrag zu entnehmen ist, sollen "auf Grundlage des Kriterienkataloges in Tirol jene Projekte herausgefiltert werden,die nach einer gesamthaften Betrachtung von Naturschutz, Raumplanung, Gewässerökologie,Wasser- und Energiewirtschaft als ökologisch vertretbar und ökonomisch sinnvoll bewertet werden und in den nächsten 25 Jahren verwirklicht werden sollen. Der Begründung zum Antrag ist zu entnehmen: "Im Bestreben, die Beurteilung von Gewässerstrecken und von Projekten auf ihre Eignung zur Nutzung der Wasserkraft möglichst objektiv durchzuführen, wurden Kriterien für die weitere Nutzung der Wasserkraft in Tirol unter ausgewogener, transparenter und sachlicher Konsensfindung zwischen den Vertretern der unterschiedlichen Interessensgruppen erarbeitet. Sie sollen die Abwägung der ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Interessen gewährleisten. Die vorliegenden Kriterien unterstützen die Identifizierung der für die Wasserkraftnutzung am besten geeigneten Gebiete bzw. Gewässerstrecken und damit die Beantwortung der Frage, w o die geeigneten („integrativ" sinnvollen) Wasserkraftwerke gebaut werden sollen. Dabei bekennt sich das Land Tirol zur Erhaltung von Gewässerstrecken mit einem sehr guten ökologischen Zustand. Diese werden nur unter den besonderen Bestimmungen des WRG einer energiewirtschaftlichen Nutzung zugänglich gemacht." Es ist bemerkenswert, dass nun ausgerechnet die Fa INFRA diesen Kriterienkatalog für bedeutungslos hält. Konsequenterweise sollte daher die FA INFRA das ihnen bezahlte Honorar wieder zurückzahlen. Sepp Brugger

 
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G_J_Hahne
vor 10 Jahren

Bemerkungen zur KK-Eigenbeurteilung:

Wenn man sich mit dem Projekt der Wasserkraft Obere Isel näher auseinandergesetzt hat, stellt man fest, dass der Projektentwickler es mit der Natur nicht so genau nimmt.

1.Im Jahresmittel werden im Bereich Hinterbichl 65% des natürlich abfließenden Wassers entnommen. Die Darstellung in der Infra Kriterien-Katalog-Eigenbeurteilung wird durch die Angabe Bobojachschlucht durch Zufluss von Timmelbach und Zopatnitzenbach auf 50% geschönt!

2. In den Sommermonaten werden im Bereich Hinterbichl sogar bis zu 80% des natürlich abfließenden Wassers entnommen. (Tabelle 4, Restwasserdotation 20%)

3. Schaut man sich die Kennlinien der Abbildung 6 genauer an, ist erkennbar, wie aus dem Gletscherbach ein Gletscherbächlein werden soll!

Da die Tamariske erst in der Kartierung 2012 festgestellt wurde, sieht man noch im Geiste die KFZ ohne Kennzeichen an der Isel, die BM Kröll im Verdacht hatte, die Tamarisken an die Isel gebracht zu haben!

Bewertungsvergleich:

Energie Wasserwirtschaft Raumordnung Gewässer Natur Amt Tirol: 3,24 3,74 3,36 1,85 0,64 Infra: 3,55 4,1 3,71 2,6 1,7

Als Projektentwickler bringt man den offensichtlichen Zweckoptimismus mit!

 
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bergfex
vor 10 Jahren

Auf das Landesgutachten folgt die “Eigenbewertung”. ?????????????

INFRA gibt sich selbst gute Noten.............. Wohlklingend.....gibt S I C H .....SELBST....... !!!!!!!!!

 
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