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Warum die Winterfütterung notwendig ist

Bezirksjägermeister Hans Winkler antwortet auf die Kritik an der Versorgung von Reh- und Rotwild.

Seit tausenden von Jahren entspricht es dem natürlichen Verhalten des Reh- und Rotwildes von den sommerlichen Hochlagen während des Winters in die milderen Lagen der Täler zu ziehen, um dort den Winter zu überstehen. Dort findet das Wild über die kargen Wintermonate genügend Nahrung und kann überleben. Der Mensch hat jedoch während der letzten 150 Jahre die Täler und klimatisch günstige Hanglagen fast vollständig erschlossen – dem Wild bleiben als Rückzugsgebiet daher nur mehr entlegene Täler und Bergwälder. Die Nahrungsverfügbarkeit ist dort im Vergleich zu Tallagen wesentlich geringer, im Ausgleich dazu werden Reh- und Rotwild an Wildfütterungen mit artgerechtem Futter versorgt.
„Großräumig Wild verhungern zu lassen, weil wir Menschen den Winterlebensraum für uns beanspruchen, ist herzlos“, kritisiert Bezirksjägermeister Hans Winkler. Foto: Privat

Fütterung im Ausgleich zu Lebensraumverlust

Für Wildtiere ist momentan Ruhe am wichtigsten. Jedoch ist diese besonders in den Bergwäldern selten geworden. Nachdem wir Menschen die Täler verbaut und für uns erobert haben, suchen tausende Menschen Ausgleich am Berg. Durch die ständigen Störungen kann das Wild oft den Stoffwechsel nicht so absenken, wie es notwendig wäre. Nahrung finden Rot- und Rehwild vor allem in Wäldern. Doch viele Bergwälder sind in ihrer Schutzwaldfunktion essenziell und Wildschäden würden sich negativ auswirken. Folglich sind professionell betreute Fütterungen der Jägerschaft einerseits eine artgerechte Ersatz-Nahrungsquelle, wie auch ein wichtiges Instrument um Schäden im Wald zu verringern.

Notsituationen

Findet Rotwild nicht ausreichend Futter, beginnt es zu wandern und Nahrung zu suchen. So kommt es, dass es in extremen Wintern wie heuer immer wieder entlang von Straßen, Wegen und sogar in Gärten zu Begegnungen mit Rotwild kommt. In solchen Fällen werden Notfütterungen eingerichtet. Da ist das Argument, dass es nur „natürlich“ ist, wenn Wild im Winter verhungert schlichtweg unpassend. Ein gewisser Anteil schafft den Winter nicht, das ist so und wird immer so sein. Auch mit der Winterfütterung überleben einige Tiere nicht. Aber großräumig Wild verhungern zu lassen, weil wir Menschen den Winterlebensraum für uns beanspruchen, ist herzlos und widerspricht auf jeden Fall den Aufgaben der Jägerschaft!

Graubünden – ein Vergleich der hinkt!

Ein Vergleich zu Nordtirols benachbartem Kanton Graubünden (Schweiz) ist nicht so einfach zu tätigen, wie viele denken. Dort wurde die Wildtierfütterung schon vor langer Zeit abgeschafft. Nicht weil man das Wild nach dem Motto „die Natur regelt das schon“ sich selbst überlassen will, sondern weil grundsätzlich eine andere Überwinterungsstrategie verfolgt wird. Allein der Kanton Graubünden verfügt über ein Netz von mehr als 200 temporären Wildruhezonen! In diesen Zonen findet das Wild die dringend notwendige Ruhe, um den Stoffwechsel auf ein Minimum zu senken und so mit der kargen Nahrung der Natur auszukommen. Betreten Freizeitnutzer diese Zonen, so wird dies mit einer deftigen Geldstrafe geahndet. Weiter existiert auch im Kanton Graubünden ein Notfütterungskonzept, welches in besonders strengen Wintern aktiv wird. Bei der Initiative „Stop Wildtierfütterung“ geht es nicht um das Verbot von Wildfütterungen wie man sie aus Tirol kennt, weil diese ohnehin nicht vorhanden sind. Es geht vielmehr darum zu verhindern, dass Futter(abfälle) der Landwirtschaft, die Weihnachtskekse der Bewohner oder dergleichen an die Wildtiere verfüttert werden. Denn eine nicht richtig organisierte Fütterung und über dies hinaus mit solch falschem Futtermittel bedeutet für die Wildtiere das sichere Todesurteil. Mit der Initiative hat man dies in Graubünden gesetzlich verboten und die Landwirte sind zudem dazu verpflichtet, Siloballen einzuzäunen und den Kontakt von Wildtier zu Nutztier unmöglich zu machen (Krankheitsübertragung). Folglich ist die Schlussfolgerung „geht’s in Graubünden, dann muss es hier auch gehen“ voreilig, zu kurz gegriffen und ohne Berücksichtigung der dort geltenden Gesetze, den Besitzverhältnissen und weiteren Faktoren.

Fütterung für alle Tiere?

Vorgesehen ist die Wildfütterung nur für Reh- und Rotwild, aus den bereits genannten Gründen. Tiere haben die verschiedensten Überwinterungstaktiken im Laufe der Evolution entwickelt und sind je nachdem mehr oder weniger von der Aktivität der Menschen beeinflusst. Zudem profitieren viele kleinere Tierarten von der Wildfütterung und bedienen sich hie und da gerne. Gerade Dachse, verschiedenste Vogelarten, Eichhörnchen, Hasen und Co. sind häufige Gäste an der Fütterung. Steinböcke und Gamswild hingegen sind von jeher an das Überwintern im Hochgebirge angepasst und haben höher gelegene Wintereinstände bzw. ziehen ohnehin nicht in den Wintermonaten in Tallagen. Im Hochgebirge finden sie an den schneearmen Hängen oder auf von Lawinen freigegebenen Flächen immer wieder die notwendige Nahrung, dies in Kombination mit ausreichend Ruhe und Fettreserven ermöglicht ihnen die Überwinterung. Unterwegs in diesen Regionen sollte also darauf geachtet werden, dass man Stein- und Gamswild nicht unnötig stört, ansonsten ist auch ihre Strategie nicht mehr zielführend.   Hans Winkler Bezirksjägermeister

3 Postings

Bergan
vor 3 Jahren

Der Bezirksjägermeister hat auf alle Fälle recht, wenn er vom fehlenden Lebensraum des Rot- und Rehwildes in unserer Gegend schreibt. Ich bin seit 50 Jahren Schitourengeher, aber was in den letzten Jahren in unserer Gegend aufgeführt wird, das passt einfach nicht mehr. Viele der sogenannten Naturliebhaber, und derer werden immer mehr, nehmen keinerlei Rücksicht auf Wald, Wild, Eigentum, Privatbesitz, Garten, usw. Da wird durch jeden Wald kreuz und quer abgefahren, Schneeschuhwanderer kommen gruppenweise durch den Hausgarten, sie sind einer Spur gefolgt - ohne zu denken, dass diese Spur auch ins Verderben führen kann. Mountainbiker fahren durch die Felder und über schmale Wandersteige, E-Biker glauben überhaupt sie haben alle Rechte und können fahren wo sie wollen. In diversen Sport- und Werbezeitschriften werden Bilder gezeigt wo Radfahrer durch reife Kornfelder fahren. Unser Freizeitverhalten muss sich wieder mehr mit der Natur und ihrer Erhaltung und dem Respekt vor Eigentum unterordnen. Außergewöhnliche Ereignisse, wie eben heuer der viele Schnee, erfordert auch außergwöhnliche Methoden - wie z.B. die Wildfütterung.

 
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Pichlerj
vor 3 Jahren

Eine sehr edle Geste. Ich bin auch dabei!

 
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isnitwahr
vor 3 Jahren

Sehr geehrter Herr Winkler! Vielen Dank für Ihre Aufklärung, sie bestärkt mich in meiner Überzeugung, Wild in Wintern wie diesen nicht dem elendigen Hungertod auszusetzen. Ich bedanke mich für die Arbeit der Jägerschaft in diesen für die Tiere so schlimmen Zeiten und möchte nochmals betonen, dass ich für die Futtermittelbeschaffung gerne einen finanziellen Beitrag leisten würde. Wohin kann ich mich wenden? Vielen Dank

 
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