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Naturverbundenheit, Weltoffenheit und Neugierde - das versprüht Irene van der Woude nicht nur im Heimweh-Interview mit Dolomitenstadt.at. Alle Fotos: Privat

Naturverbundenheit, Weltoffenheit und Neugierde - das versprüht Irene van der Woude nicht nur im Heimweh-Interview mit Dolomitenstadt.at. Alle Fotos: Privat

„Hab‘ das Vertrauen, das zu finden, was für dich passt“  

Warum man sich selbst treu bleiben und nicht von Social Media blenden lassen sollte:  Irene van der Woude im Heimweh-Gespräch. 

„Wenn man das findet, was einem taugt, dann sollte man dranbleiben – und es nicht zugunsten der Komfortzone loslassen, auch wenn es nicht einfach ist“, antwortet Irene van der Woude auf die Frage, was ihr Leben sie in den letzten Jahren gelehrt hat. Aus der Komfortzone und hinaus in die weite Welt gewagt hat sich die gebürtige Dölsacherin seit ihrer Matura gleich mehrmals – jedoch nie, ohne Osttirol als ihren Wohlfühlort zu vergessen.  

„Nach meiner Matura an der HLW in Lienz wollte ich erstmal einfach weg“, schmunzelt sie. Zur Auswahl stand das ‚andere Ende der Welt‘, nämlich entweder Australien oder Neuseeland. Schließlich entschied sich Irene, als Au-Pair bei einer Familie in Brisbane und später in der Nähe von Melbourne zu arbeiten. Eine Zeit, die sie sehr geprägt hat: „Auf mich allein gestellt zu sein, hat mich auf jeden Fall selbstständiger gemacht, man muss seine eigenen Entscheidungen treffen – für mich bedeutet das, auf mein Bauchgefühl zu hören.“  

Auf ihr Bauchgefühl hört Irene nicht nur im übertragenen Sinn, über die Mutter ihrer australischen Gastfamilie hat sie das Thema Ernährung für sich entdeckt: „Ich habe gemerkt,  dass es mir guttut, wenn ich von einigen Sachen mehr und von anderen weniger esse.“ Die positiven Auswirkungen einer bewussten Ernährung auf die Lebensqualität haben Irene dazu veranlasst, ihr Interesse in Form eines Studiums zu vertiefen.  

Sie schrieb sich für den Studiengang „Global Nutrition and Health“ in Kopenhagen ein, von dort aus plauderte sie per Skype im letzten Heimweh-Interview vor sieben Jahren mit Dolomitenstadt.at. Fast vier Jahre lebte die junge Osttirolerin in der dänischen Hauptstadt: „Dort hat es mir sehr gut gefallen, das Studium war spannend und es war immer etwas los. Nur im Winter braucht man halt ein gutes soziales Netzwerk und Vitamin-D-Tropfen", empfiehlt sie.  

In ihrer Freizeit ist Irene am liebsten draußen unterwegs - in den Osttiroler Bergen oder der sanften Hügellandschaft rund um Graz.

Von vorne zu beginnen und sich einen Freundeskreis weit entfernt von zu Hause aufzubauen, koste schon Überwindung, meint Irene, „aber es ist halt auch total wichtig, sich auf Neues und  Unbekanntes einzulassen und auf Menschen zuzugehen. Wenn der erste Schritt getan ist, geht eh alles schon viel leichter.“ Offenheit und Neugierde seien auf jeden Fall von Vorteil, wenn man sich allein in die große weite Welt wagt: „Aber selbst, wenn man Menschen trifft, mit denen man sich momentan gar nicht identifizieren kann, ist es immer interessant, mit ihnen das Gespräch zu suchen.“  

Das verändere die Perspektive auf das eigene Leben: „Es ist unglaublich spannend, welche Hintergründe Menschen haben. So bekommt man einen Einblick, was sich an anderen Ecken der Welt abspielt und mit welchen Herausforderungen diese Menschen zu kämpfen haben – ob privat, familiär, politisch oder religiös.“ Oft bewege man sich zu sehr in seiner eigenen Blase, „da hilft es, wenn man einen Schritt zurückgeht und Dinge in Relation stellt. Plötzlich ist man viel dankbarer, weil man merkt, wie gut es uns eigentlich geht, auch wenn nicht immer alles rund läuft.“ 

In ihrem Studiengang hat Irene auch ihren Freund kennengelernt, mit dem sie nach Abschluss ihres Studiums einen Transporter in einen Camper umbaute. „Der Plan war, mit dem Camper quer durch Europa und vielleicht noch weiter zu reisen. Kopenhagen wollten wir erstmal hinter uns lassen“, erklärt sie. Jedoch machte die Pandemie den beiden einen Strich durch die Rechnung. „Wir starteten im Sommer 2020 und bereisten einige europäische Länder, gegen Spätherbst wurde aber das Grenzen überqueren wieder schwieriger und wir beschlossen, eine Weile in Osttirol zu bleiben.“  

Das Timing für den geplanten Europatrip mit dem Camper fiel in die Zeit der Pandemie, weshalb Irene und ihr Freund eher ungeplant in Osttirol strandeten.

„Aus dem geplanten kürzeren Aufenthalt wurden schließlich mehr als zwei Jahre“, blickt Irene schmunzelnd zurück. „Ich bin gerne in Osttirol, die Natur ist auf eine besondere Art aufgeladen und so naturbelassen, wie es eigentlich sein sollte“, schwärmt sie. Ihr Freund und sie arbeiteten in dieser Zeit im elterlichen Betrieb, „irgendwann haben wir aber entschieden, dass wir in unserem derzeitigen Lebensabschnitt lieber in einer größeren Stadt leben möchten“, erklärt Irene.  

Ich bin gerne in Osttirol, die Natur ist auf eine besondere Art aufgeladen und so naturbelassen, wie es eigentlich sein sollte.

Irene van der Woude

Die Wahl fiel vor gut drei Monaten auf Graz und von dort lacht Irene beim Interview mit Dolomitenstadt.at über den Zoom-Bildschirm nach Tirol. „Graz ist eine total angenehme Stadt, man erreicht alles mit dem Fahrrad, so wie ich es von Kopenhagen gewohnt bin. Auch kulturell wird viel geboten, es gibt coole Konzerte, Ausstellungen, Workshops usw. Außerdem liegt es sehr zentral und nach Osttirol ist es keine Weltreise.“ Trotz des städtischen Charakters sei die Natur in greifbarer Nähe: „Ein bisschen außerhalb der Stadt ist man gleich inmitten der sanften Hügellandschaft, das sind zwar nicht die wilden Osttiroler Berge, ist aber auch charmant.“  

Neben Zeit in der Natur zu verbringen, töpfert Irene gerne, baut Gemüse und Kräuter an und hat auch mehrere Heilkräuterkurse besucht: „Ich finde es total schön, wenn man mit Wissen rund um Heilkräuter sich selbst und auch anderen Menschen helfen kann.“ Außerdem trifft sie sich gerne mit bekannten und neuen Menschen und erkundet ihren neuen Lebensmittelpunkt aus allen Blickwinkeln.  

„Außerdem bin ich grade noch auf Jobsuche“, erklärt sie. Ihr Ziel ist es, selbstständig als Ernährungsberaterin tätig zu sein. Besonders die intuitive Ernährungsberatung habe ihr Interesse geweckt: „Dabei geht es um eine ganzheitliche Lebensumstellung, weg vom Diäten-Denken. Das macht aus meiner Sicht am meisten Sinn, schließlich gelingt eine Veränderung des Ernährungsverhaltens nur dann, wenn es für einen persönlich auf lange Sicht machbar scheint.“ Für den Abschluss der Zusatzausbildung fehlt ihr noch die letzte Prüfung, diese sollte allerdings bald geschafft sein.  

Ihr Leben beschreibt Irene als ein Puzzle mit vielen verschiedenen bunten Mosaiksteinen, „die sich hoffentlich irgendwann zu einem ganzen Bild zusammenfügen“. Ihr Traum ist es, ihre vielen verschiedenen Hobbies, Interessen und Talente so einzusetzen, dass „ich andere inspirieren kann und einen positiven Einfluss auf Menschen habe, so wie auch mich mein Umfeld unterstützt und inspiriert“, meint sie.  

Ihre Interessen und Talente zu nutzen und Wissen weiterzugeben, um andere zu inspirieren und einen positiven Einfluss zu haben - das wünscht sich Irene für die Zukunft.

Ob das schließlich in Graz, in Osttirol oder an einem anderen schönen Fleckchen dieser Erde der Fall sein wird, kann Irene derzeit nicht sagen: „Noch einmal ins Ausland zu gehen, wäre schon eine Option, aber dann wahrscheinlich irgendwo in Europa, wo die geografische Distanz zu Freunden und Familie überschaubar und keine Zwei-Tages-Reise ist“, schmunzelt sie. Nach Osttirol zurückzukehren müsste mit ihren beruflichen Vorstellungen zusammenpassen. „Ich habe schon das Gefühl, dass sich viele Dinge in eine positive Richtung entwickeln. Es kommen ja immer wieder junge Menschen zurück nach Osttirol, die neue Ideen mitbringen, vielleicht gehör ich ja irgendwann dazu“, lacht sie.  

Sie versuche, sich keine zu großen Erwartungen und Pläne zu machen, „weil es einen nach unten ziehen kann, wenn es dann doch nicht so kommt, wie man es sich vorstellt“, spricht Irene aus Erfahrung. „In den sozialen Medien sieht man hauptsächlich die Höhepunkte, die dazu meistens noch inszeniert sind. Selten wird gezeigt, dass es zum Leben eben auch dazugehört, auf die Schnauze zu fallen und irgendwie wieder aufzustehen.” Wichtig  sei es, sich selbst treu zu bleiben und das Vertrauen zu haben, „dass man das findet, was einem taugt und dann dranbleibt“. 


Zwischen 2014 und 2016 befragten die Künstlerin Linda Steiner und das Redaktionsteam von Dolomitenstadt mehr als hundert Studierende mit Osttiroler Wurzeln nach ihren Zukunftsplänen und -träumen. Wir nannten die Interviewserie „Heimweh“. Jahre später laden wir die Gesprächspartner:innen von damals in der zweiten Staffel Heimweh 2.0 erneut zum Interview. Was hat sich seither getan in dieser besonders spannenden Phase des Lebens?

Anna Maria Huber unterrichtet an der International School in Innsbruck und schreibt nicht nur für dolomitenstadt.at sondern auch für die Straßenzeitung 20er. Annas Stärken sind penible Recherchen und die Fähigkeit, komplexe Inhalte in klare und verständliche Artikel zu verwandeln.

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Irene van der Woude aus Dölsach studiert Global Nutrition and Health in Kopenhagen.

3 Postings

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vor 3 Monaten

Hoffentlich gibt es eine "Heimweh 3.0" Serie wo dann Berufe ohne Studium zu Wort kommen. Es gibt viele Köche, Kellner, Handwerker, Arbeiter, Pfleger,..... (:innen) die im Ausland oder auch irgendwo in Österreich ihren Beitrag leisten.

 
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soomanides
vor 3 Monaten

Ich beneide Frau vdW um ihre interessanten Erfahrungen. Mir hat die Familie - weil noch jung! - keine Erlaubnis zum Fortgehen erteilt. Später war Familienplanung angesagt und daher keine Zeit mehr für Experimente. Mein Leben ist trotzdem - mit vielen Auf und Abs - spannend verlaufen. Dafür bin ich den himmlischen Instanzen - wenn s i e für ein erfülltes Leben zuständig sind - unendlich dankbar.

 
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    isnitwahr
    vor 3 Monaten

    wie kann jemand bei einem Kurzbericht eines Posters über das eigene Leben "nicht zustimmen"? manchmal frag ich mich schon, was da in so nanchen Köpfen vorgeht?????

     
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