Aufbruch
auf dem Land
Aufbruch auf dem Land
In den vergangenen 15 Jahren haben 250 Betriebe im Bezirk Lienz die Landwirtschaft aufgegeben. Unter denen, die weitermachen, befinden sich einige kreative Vordenker.

Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt … heißt es in einem Lied und selbst in Osttirol ist das nur noch der Fall, wenn das Klischee bedient werden muss, weil beispielsweise ein Heimatfilm gedreht wird. Sonst tummelt sich statt der Rösslein eher schweres Gerät auch auf oftmals kleinen Feldern. Der Monstertraktor und sündteure Mähtracs lassen die altbewährten „Mulis“ noch älter ausschauen und nur noch dort, wo die wuchtige Technik einfach nicht hinkommt, greifen Bauer und Bäuerin zu Kumpf, Wetzstein und Sense. Die gebirgige Landschaft zwischen den Hohen Tauern und dem Karnischen Kamm ist vielfältig, schwer über einen Kamm zu scheren und alles andere als einfach zu bewirtschaften: Die Hälfte der Gesamtfläche Osttirols liegt über 2000 Metern Seehöhe und nur ein Zehntel dieser Fläche kann auf Dauer besiedelt werden. Die so faszinierende hochalpine Kulturlandschaft ist und bleibt der Lohn von viel mühevoller Handarbeit.

Michael Halbfurter bastelt einen Osterhasen für seine Kinder. Bauer sein, das ist heute oft auch ein kreativer Beruf.

Von den 1670 Landwirten in Osttirol sind 1580 als Bergbauern eingestuft. Manche werfen das Handtuch. 250 Betriebe gaben in den vergangenen 15 Jahren im Bezirk Lienz die Landwirtschaft auf. Zu karg, zu wenig Zukunft. Dabei steht der große Strukturwandel erst bevor, ist Martin Diemling, Leiter der Bezirkslandwirtschaftskammer überzeugt: „Fast alle Osttiroler Bauern sind Neben- oder zumindest Zuerwerbslandwirte. Es ist schwierig, die zeitaufwändige Arbeit auf abgelegenen Höfen mit einem Job in Einklang zu bringen, vorausgesetzt, es gibt überhaupt einen Arbeitsplatz in der näheren Umgebung.“ Wer in diesem Umfeld der eigenen Familie den heute scheinbar selbstverständlichen Lebensstandard sichern will, rackert in einem Modus, der weit entfernt ist vom trendigen Landleben-Klischee. Aufhören mit dem Bauersein? Für viele kein Wunsch, sondern der letzte Ausweg.

In der Osttiroler Bauernschaft gehen deshalb die Emotionen hoch. Man fühlt sich bedroht – etwa von Rückzahlungsforderungen für die Almfördergelder – und in der öffentlichen Meinung unterbewertet. Es wird aber auch viel nach- und vorgedacht, zum Beispiel im Rahmen der Leitbild-Diskussion „Vordenken für Osttirol“. Die Bauern machen aktiv mit. Neben Energie, Bildung, Wirtschaft und Tourismus sind auch Landwirtschaft und Raumentwicklung ein Thema, von einem eigenen Arbeitskreis beleuchtet. Martin Diemling moderiert die bunte Gruppe und freut sich über ein konstruktives Miteinander: „Wir können die Emotionen in der Bauernschaft nützen, um weiter zu kommen und vielleicht sogar echte Veränderungen zu bewirken.“ Das Schlimmste, meint Diemling, sei Gleichgültigkeit. Sie führe direkt in die Resignation.

Peter Leiter und Karin Halbfurter sprechen für die Arbeitsgruppe der „Vordenker“ unter Osttirols Bauern.

Neben dem Oberländer Peter Leiter wählte die bäuerliche Arbeitsgruppe eine Frau zur Sprecherin, die eigentlich eine „von“ ist: „Von der Stadt“, scherzt Karin Halbfurter. Sie passt perfekt ins neue Bild einer innovationsbewussten Bauernschaft, die neue Ideen nicht nur entwickelt, sondern auch in die Tat umsetzt. Karin arbeitet mit Gleichgesinnten an der Realisierung eines Traumes: „Einem lebendigen bäuerlichen Familienbetrieb, der FREUDE macht!“ Sie lebt diesen Traum gemeinsam mit ihrem Mann Michael seit vielen Jahren.

Die Familie Halbfurter mit ihren vier Kindern, Hasen, Hühnern, Schweinen und etwa 50 Rindern fühlt sich sichtlich sauwohl im großzügig umgebauten „Hanserhof“, einem Erbhof aus dem 17. Jahrhundert. Karin ist nicht nur Bäuerin, sondern auch  Lebens- und Sozialberaterin. Die Nachfrage sei groß, sagt sie. Für das Vorankommen in der Landwirtschaft sei auch die Persönlichkeitsbildung im bäuerlichen Umfeld wesentlich: „Das offene Sprechen miteinander, das Artikulieren der eigenen Gefühle, das muss man oft erst lernen. Ein gesundes Selbstwertgefühl ist die Voraussetzung für kreatives Denken und Handeln.“

Karin Halbfurter gibt ihre Begeisterung für das Leben auf dem Land an Kinder weiter. Zur „Schule am Bauernhof“ – einer Initiative des Landwirtschaftsministeriums – laden in Osttirol vier pädagogisch geschulte Bäuerinnen und Bauern mit unterschiedlichen Schwerpunkten ein. Das Projekt gibt Kindern und Jugendlichen Einblick ins echte Landleben und erklärt sehr lebendig und einprägsam ökologische und ökonomische Zusammenhänge. „Es macht allen Beteiligten einfach Spaß“, erklärt Karin, bei der die Kinder lernen, wie ein Milchviehbetrieb funktioniert und auch Hand anlegen. Die Kids melken selbst die Milch für die abschließende Jause, backen Brot und erfahren viel über die „tolle Knolle“, die Kartoffel. Michael Halbfurter ist Bauer aus Leidenschaft und hat einen Lieblingsspruch: „Ob du mit dem Adler fliegst oder mit den Hühnern scharrst, das liegt bei dir!“ Er hält eher wenig von der Wandlung der Bauern zu Unternehmern: „Und doch muss man viel unternehmen, wenn man seine Träume verwirklichen will.“ Die Halbfurters haben noch lange nicht ausgeträumt. Michael macht gerade die Ausbildung zum Outdoorcoach und erst vor kurzem haben er und Karin einen Bergbauernhof erworben. Beide sehen den Wandel in der Landwirtschaft positiv. Sie glauben an eine neue Generation von Bauern, auch an Quereinsteiger, die nicht aus Traditionsbewusstsein, sondern aus Freude zur Landwirtschaft manche Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen. „Für diese Menschen ist das Leben und Arbeiten auf dem Bauernhof die höchste Form von Lebensqualität.“

Seit Kindheitstagen ist Heinz Bachlechner vom Bauernleben fasziniert. Er hat sich seinen Traum verwirklicht.
Monika Bachlechner ist nicht nur Bäuerin, sondern auch Kräuterfachfrau und ausgebildete Klangtherapeutin.

Ein gutes Beispiel für diese Einstellung ist die Familie Bachlechner. Monika und Heinz sind echte Quereinsteiger. Sie wussten, worauf sie sich einlassen und gehörten nie zu jenen, die sich voller Illusionen in das Abenteuer Bauernhof stürzen und dann schnell von der Realität eingeholt werden. Seit Kindheitstagen ist Heinz vom Bauernleben fasziniert. Er und Monika haben neben anderen Ausbildungen auch den Meister in Landwirtschaft gemacht. Mitten im Ortskern von Nikolsdorf hat die Familie Bachlechner ein leerstehendes Bauernhaus von Grund auf saniert und  dem Anwesen wieder neues Leben eingehaucht. Heinz betreibt das kleinste Holzgaskraftwerk seiner Art in Tirol und bietet den Rindern im Laufstall damit sogar eine Fußbodenheizung!  Im modernen Zubau neben dem bunten Kräuterschaugarten ist Platz für verschiedenste Seminare und Monikas „Klangreich“, in dem man  wunderbar zur Ruhe kommen kann. Monika ist nicht nur Kräuterfachfrau, sondern auch ausgebildete Klangtherapeutin. Als Seminarbäuerin empfängt auch sie Kinder im Rahmen des Projekts „Schule am Bauernhof“.

Auf ein Wiedersehen in der „Schule am Bauernhof“ freuen sich die Halbfurter-Kinder aus Dölsach.

Auf www.schuleambauernhof.at gibt es alle Informationen rund um diese Initiative und über die weiteren teilnehmenden Projekthöfe in Osttirol. Der „Klausmoarhof“ der Familie Trojer mit hofeigener Imkerei in Leisach zählt dazu. Bauer Konrad Trojer bildet Imker aus und gibt sein großes Wissen über Bienen gerne an Schulkinder weiter. Nahe dem Klausmoarhof macht eine liebevoll restaurierte Wassermühle den langen Weg vom Getreide bis zum Brot begreifbar. Lebendig lernen kann man auch im Kräuterwirtshaus Strumerhof hoch über Matrei, wo Anna Holzer nicht nur Kinder sondern auch Erwachsene seit Jahren mit Gaumenfreuden und interessanten Ausstellungen im Stadl begeistert. Dieses Jahr wirft ihre Gemeinschaftsausstellung ein frohes, hoffnungsvolles Bild auf die kleinstrukturierte Landwirtschaft Osttirols und erzählt die Geschichten einiger Bauernhöfe, die unter extremsten Bedingungen die Natur nützen und gestalten. Der Titel der Ausstellung ist aber auch Programm: „Guten Morgen“. Die Strumerhof-Bäuerin will aufwecken. „Man braucht Liebe zur Landwirtschaft, gepaart mit Kreativität. Dann kann die Zukunft gelingen“, meint Anna. Und recht hat sie.

Das Rezept für diesen köstlichen Kärntner Reindling hat uns Karin Halbfurter mitgegeben. Es stammt von „da Lenda Oma“. Ausprobieren!

Kärntner Reindling

Zutaten für den Germteig
Zutaten für den Germteig500 g griffiges Mehl
Zutaten für den Germteig1TL Salz
Zutaten für den Germteig1 Germ
Zutaten für den Germteig1 Schale von einer Bio-Zitrone
Zutaten für den Germteig1/4 l warme Milch
Zutaten für den Germteig2 Vanillezucker
Zutaten für den Germteig1 Ei und 3 Dotter
Zutaten für den Germteig1/4 l Sahne
Zutaten für den Germteig10 dag Zucker
Zutaten für den Germteigetwas Rum
Zutaten für die Fülle
Zutaten für die FülleZucker oder Staubzucker
Zutaten für die FülleZimt
Zutaten für die FülleRosinen
Zutaten für die Füllegrob gehackte Nüsse
Zutaten für die Fülle(Nicht sparen mit der Fülle!)

Zubereitung:

Die Germ mit 2 EL warmer Milch und etwas Zucker gut verrühren und aufgehen lassen. Restliche Milch erwärmen, mit Zucker, Vanillezucker, Rum, Sahne und Eiern verrühren. Das Mehl salzen, Zitronenschale dazugeben, Germ und Milch untermischen, dann schlagen, bis sich der Teig vom Schüsselrand löst und gehen lassen. Die Form mit Öl auspinseln. Teig auswalken, füllen, einrollen und in die Form geben, nochmals gehen lassen. Im vorgeheizten Rohr bei 175°C rund 45 Minuten backen.

Credits
  • Autorin: Evelin Gander
  • Fotografie: Ramona Waldner

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