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Landtag beschließt 4-Prozent-Klausel für Innsbruck

Hürde erschwert Kleinparteien den Einzug in den Gemeinderat. Sie sehen die kommunale Demokratie gefährdet.

Am Mittwoch hat der Tiroler Landtag in seiner ersten planmäßigen Sitzung nach der Sommerpause mit einer Zweidrittelmehrheit die Einführung einer Vier-Prozent-Sperrklausel für Gemeinderatswahlen in Innsbruck beschlossen – ein Novum. Alle anderen der knapp 2.100 österreichischen Gemeinden verzichten auf eine ähnliche Hürde. Möglich wurde die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit im Landesparlament, weil auch SPÖ und NEOS zustimmten, allerdings ohne sich in der Debatte mit einer Erklärung zu Wort gemeldet zu haben.

Die aktuell drei ÖVP-Listen, die sich für die Gemeinderatswahl im kommenden April wieder vereinigen werden, beauftragten den Landtag gemeinsam mit der FPÖ und den NEOS noch vor der Sommerpause mit dieser Stadtrechtsnovelle. Bei einer Gemeinderatssitzung im Juni hatten neben den Grünen und einzelnen SPÖ-Mandataren, die Ein-Personen-Fraktionen der Liste Fritz und der Alternativen Liste Innsbruck (ALI) den Antrag als demokratiepolitisch bedenklich eingestuft.

Beide Listen sowie zwei weitere im Gemeinderat einzeln vertretene Mandatare hätten unter einer Vier-Prozent-Hürde den Einzug in das 40-köpfige Innsbrucker Stadtparlament bei den vorangegangenen Wahlen 2018 nicht geschafft. Rund 2,3 Prozent Stimmenanteil waren damals nötig. Nach dem Landtagsbeschluss am Mittwoch bekräftigt Gemeinderat Mesut Onay (ALI) seine Kritik: „In einer Stadt, in der die urbane Vielfalt repräsentiert werden sollte, schotten sich die finanzstarken Parteien ab. Das schadet der kommunalen Demokratie“, so der Gemeinderat im Gespräch mit Dolomitenstadt.

Gemeinderat Mesut Onay von der Alternativen Liste sieht durch die Sperrklausel die städtische Demokratie gefährdet. 
Foto: zvg - Alternative Liste 

Die Mehrheiten in den Ausschüssen seien nicht repräsentativ für die Mehrheiten im Gemeinderat begründete Christoph Appler, ÖVP-Landtagsabgeordneter und selbst Innsbrucker Gemeinderat seine Zustimmung zum Gesetzesentwurf. Eine Vier-Prozent-Hürde sei bereits mit 1.800 Stimmen zu überspringen. In Innsbruck ist dies jedoch nur unter der Voraussetzung zutreffend, dass die Wahlbeteiligung nach zuletzt 50 Prozent noch weiter fällt. Das scheint nach aktuellem Stand zumindest nicht ausgeschlossen zu sein.

FPÖ-Mandatar Rudi Federspiel, der Gemeinderatskollegen schon als „Rotzer“ oder „Wappler“ bezeichnete, gestand während der Landtagssitzung ein, dass im Innsbrucker Gemeinderat „die Hackln“ tiefer fliegen als auf Landesebene: „Die Vier-Prozent-Klausel wird uns guttun und dafür sorgen, dass der Gemeinderat nicht mehr so zersplittert ist. Aktuell gibt es extrem linke und rechte Mandatare im Gemeinderat mit denen man nicht arbeiten kann“, so Federspiel.

Die unbelehrbaren Altparteien ÖVP, SPÖ und FPÖ wollen verhindern, dass sie im kommenden Jahr bei den Wahlen abgewatscht werden. 

Markus Sint, Liste Fritz

Eine reine Anlassgesetzgebung, einen Anschlag auf die Bürgernähe, und eine Installation für den Machterhalt und gegen lästige Kleinfraktionen sieht hingegen die Liste Fritz in der Einführung der Sperrklausel. „Die unbelehrbaren Altparteien ÖVP, SPÖ und FPÖ wollen mit dieser Hürde verhindern, dass sie im kommenden Jahr bei den Wahlen abgewatscht werden und ein neuer, frischer Wind in den Gemeinderat Einzug hält. Denn das ist nach der peinlichen Performance in der letzten Gemeinderatsperiode zu erwarten“, so Liste Fritz Landtagsabgeordneter Markus Sint.

Schlussendlich wurde der Beschluss der Landesverfassungsbestimmung mit einer Zweidrittelmehrheit, die durch Stimmen von ÖVP, SPÖ, FPÖ und NEOS erreicht wurde, angenommen. Politikwissenschaftlerin Lore Hayek von der Universität Innsbruck wollte in einer ersten Stellungnahme dennoch nicht ausschließen, dass eine Gemeinderatsliste, sollte sie bei den Wahlen im April knapp unter der vier Prozent Hürde bleiben, den Verfassungsgerichtshof mit dem Argument anruft, dass das Gesetz dem Grundsatz der Chancengleichheit widerspricht.

Michael Steger hat Politikwissenschaft studiert und arbeitet als freier Journalist in Innsbruck. Der versierte Reporter berichtet für Dolomitenstadt über aktuelle Themen rund um die Stadt- und Landespolitik.

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miraculix
vor 7 Monaten

Nicht verwunderlich, solange die etablierten Parteien die für sie geltenden Spielregeln selbst festlegen dürfen!

 
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