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Alle Fotos: Ramona Waldner

Alle Fotos: Ramona Waldner

Osttiroler Graukäse

Maria und Jakob Tabernig verbringen schon lange ihre Sommer auf der Obermoar Alm. Dort stellt Maria köstlichen Graukäse her – und zeigt uns, wie das geht.

Wenn das Vieh Ende Mai zur Sommerfrische auf die Obermoar Alm aufgetrieben wird, packen auch Altbauer und Altbäuerin hinauf auf die Alm. Schon viele Sommer – jeweils von Ende Mai bis Ende Oktober - verbringen Maria und Jakob Tabernig, vulgo Obermoar dort. Die Alm, die in den Fünfzigerjahren mit Holz aus dieser Gegend erbaut wurde, ist für die beiden zum zweiten Zuhause geworden. Maria ist 75 Jahre alt, Jakob feierte heuer seinen achtzigsten Geburtstag.

Früher waren Jakob und Maria ein fester Bestandteil des Bauernmarktes in Lienz. 18 Jahre lang waren sie dabei und machten alle Etappen mit. Von der alten Versteigerungshalle über den Platz vor dem Hotel Sonne, weiter zum Südtiroler Platz bis hin zum Stadtmarkt in der Messinggasse – dort verkaufte das Ehepaar Brot, Krapfen, Zipfe, Sulze, Würstel, Knödel, Salben,… und natürlich auch den Hauptdarsteller in dieser Geschichte: Graukäse.

Auch ohne den Bauernmarkt macht sich Maria jetzt keine Sorgen über Abnehmer für den Käse. Ihre zehn Kinder und inzwischen zwanzig Enkel besuchen sie regelmäßig auf der Alm. Von Einsamkeit keine Spur! Bei Marias Graukäse geraten alle ins Schwärmen. Sie stellt ihn liebevoll aus Milch von „glücklichen“ Kühen her. Ein bisschen spazieren gehen, die Aussicht auf die Lienzer Dolomiten genießen, gemütlich in der Sonne liegen und sich die vier Mägen nebenbei mit den schmackhaftesten Almkräutern füllen – so sieht der Alltag der Almkühe aus.

Der Hirte: Der achtzigjährige Jakob melkt jeden Morgen und Abend die Kühe auf der Obermoar Alm.
Die Sennerin: Maria verarbeitet die Milch weiter und macht daraus Butter, Schottkugeln und ihren berühmten Graukäse.

Maria und Jakob sind sehr gastfreundliche und gesellige Menschen und freuen sich über jeden Besuch. Mit den beiden kommt immer ein feiner „Hoagascht“ zusammen und nicht selten wird zur Packung „Watter-Karten“ gegriffen und wenn gar fünf Leute zusammenkommen, wird auch gejaggelt, also ein altes, in Gwabl sehr beliebtes Kartenspiel gespielt. Oft hört man hier auch Geschichten von „früher“. Maria zum Beispiel beneidete in ihrer Kindheit und Jugend in St. Veit in Defereggen die „Manderleit“ um ihre bequemen und praktischen Hosen. Doch ihr Vater ermahnte sie und ihre Schwestern stets: „Wenn deis mit ona Hose daherkemmp, brauchtes ma nit iban Solda eicha zi kemm!“ Inzwischen haben sich die Zeiten geändert und Maria trägt gerne Hosen.

Auf der Alm gibt es viel zu tun. Aufgestanden wird um 5.30 Uhr, dann geht Jakob in den Stall und melkt die Kühe, Maria verarbeitet die Milch anschließend weiter. In der Milchkammer wird mit Hilfe der „Milchfuge“ (Zentrifuge) die Frischmilch entrahmt. Aus der Magermilch wird später Graukäse, den Rahm verwendet Maria für Butter und die anfallende Buttermilch dient nicht nur zur „Schotten“-Produktion, sondern wird auch gerne zu Brot und Käse getrunken. Die meisten Geräte werden inzwischen mit Solarstrom angetrieben und auch Warmwasser steht so zur Verfügung, doch die Milchfuge und den Rührkübel betreiben die Almleute noch immer händisch.

Neben Rindern und einem Pferd hat sich auch die Katze gut auf der Obermoar Alm eingelebt.

Vormittags sieht Jakob nach dem Vieh: Schöne, Schmucke, Vicki, Moni, Kerschl und Flausi – Mutter und Tochter bekommen zur besseren Erkennung immer Namen mit gleichen Anfangsbuchstaben. Neben den Fleckviehkühen, die gemolken werden, befinden sich auch Tuxer Rinder, eine hochgefährdete Tierrasse, mit ihren Kälbern auf der Alm – samt Stier sind das an die zehn Tiere, denen außerdem ein Pferd und eine Katze Gesellschaft leisten. Jakob geht immer wieder die Almwiesen ab, kontrolliert den Zaun und bessert ihn aus – besonders wegen dem Stier: Auch andere Bauern haben schöne Kühe.

Mittagszeit: Nach dem Essen gönnen sich beide ein „Schlafl“. Nachmittags ist Zeit zum Brennholz machen und für allerlei Arbeiten, die sonst so anfallen. Um 16.30 Uhr bereitet Maria für sich und ihren Mann die Nachmittagsjause zu. Dann wird jeden Tag Karten gespielt oder gewürfelt – Fernseher gibt es auf der Obermoar Alm keinen mehr. Es folgt wieder Stallarbeit, dann gemütliche Zweisamkeit und um circa 22.00 Uhr heißt es für die beiden ab ins Bett.

Nach dem Besuch werden wir von Maria mit einem Juchitzer und fröhlichem Winken auf unserem Heimweg verabschiedet. Und noch ein kleines Geheimnis haben wir im Gepäck: Maria hat uns nämlich erzählt, wie sie ihren Graukäse macht. Das wollen wir unseren Leserinnen und Lesern natürlich auf gar keinen Fall vorenthalten.

So gelingt der Graukäse:

Erstens: Die Milch entrahmen

Entrahmt wird in der „Milchfuge“. Der Rahm wird im grünen Plastikkübel gesammelt, die Magermilch kommt erst in den Metalleimer und wird dann in einem Topf an einem warmen Ort stocken gelassen.

Zweitens: Die gestockte Milch kochen

Nach zwei Tagen ist die Milch gestockt und kann erhitzt werden. Der Topf kommt auf den Herd und die Milch wird auf eine Temperatur gebracht, „dass man das Hineingreifen gerade noch derleidet“, zum Schluss wird alles in ein mit einem Tuch ausgelegtes Sieb geleert.

Drittens: Hängen lassen

Der zukünftige Käse wird nun in das Tuch gepackt und in dem so entstandenen „Sack“ zum Abtropfen aufgehängt. Das dauert ungefähr eineinhalb Tage.

Viertens: Gut würzen

Wenn die Konsistenz nicht mehr schwammig, sondern fester geworden ist, wird die Masse in eine mit einem Tuch ausgelegte Schüssel gegeben (das Tuch dient zum Aufsaugen der Flüssigkeit), locker aufgebröselt und mit Salz und Kümmel gewürzt.

Fünftens: Zudecken und reifen lassen

Der gewürzte Käse wird zugedeckt und ein- bis zweimal täglich aufgelockert. Je öfter man das macht, desto schneller ist der Käse reif. Das Tuch muss hin und wieder ausgewechselt werden.

Sechstens: Alles aufessen!

Nach ungefähr zwei bis drei Tagen – die Dauer hängt allerdings von mehreren Faktoren ab und kann variieren – ist der Graukäse reif. Guten Appetit!

Evelin Gander ist nicht nur Stadtführerin und Biobäuerin, sondern auch Ideenlieferantin und Geschichtenerzählerin mit viel Einfühlungsvermögen. Thema ihrer Reportagen und Podcasts ist das Leben in all seinen Facetten.

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