Der gute
Ton
Der gute Ton
Stefan Pickl ist Apotheker und ein Mensch, der den Dingen auf den Grund geht. Dabei verbindet er wissenschaftliche Neugierde mit Genuss und Qualität zu einem Ganzen. Was dabei herauskommt, kann man sehen – und vor allem hören!

Stefan Pickl ist Kärntner und inzwischen auch Matreier, denn dort hat er vor einigen Jahren die Tauernapotheke übernommen. Vor Kurzem hat er geheiratet und dass er sesshaft geworden ist, gilt auch für seine beruflichen Interessen, die sich auf mindestens drei Ebenen bewegen und dabei nicht unterschiedlicher voneinander sein könnten.

Da wäre zunächst die Apotheke mit diversen Eigenprodukten, viel Bio und Wellnessgefühl, vor allem aber Produkten aus der Region. Das ist sein eigentlicher Beruf. Für den zweiten hat er zunächst eine simple Erklärung: Er müsse ohnehin aufgrund der Öffnungszeiten von 365 Tagen sehr viel vor Ort sein, daher wollte er eine Nebenbeschäftigung: „Nachdem ich mich nicht so frei bewegen kann, habe ich mir gedacht, ich müsse etwas Vernünftiges machen.“ Etwas, das er genießen kann, fügt er noch hinzu.

Ach ja, Genuss: Dieses Wort kommt gerne über seine Lippen und es ergibt Sinn, sobald man sein Umfeld ein wenig betrachtet – oder eben das, was seinen Zweitberuf ausmacht: Verstärker und Lautsprecher.

Natürlich handelt es sich nicht um 08/15- Verstärker, auch preismäßig nicht. Die von Stefan Pickl angebotenen sehen so ungewöhnlich aus, dass man sie zweifellos auch als Kunstwerk aufstellen könnte. Dass sie in Kombination mit den ebenso schicken Lautsprechern einen Klang ergeben, der an große Konzertsäle erinnert, raubt einem beim ersten Hören den Atem. Fast erschrickt man über die Klarheit.

Qualität statt Laufkundschaft

Er sagt dazu nur: „Der Weg ist die Qualität.“ Diese bildet jene Marktlücke, die er mit seinen Produkten füllt. Dabei würde man solch einen Handel eher in Wien oder einer anderen Großstadt erwarten, als in der Marktgemeinde Matrei. Stefan Pickl spielt dennoch ganz gerne mit dem Begriff „zentral gelegen“, fügt aber stets hinzu: im Nationalpark Hohe Tauern. Tatsächlich macht er sein Geschäft gewiss nicht mit Laufkundschaft. Wer solche Lautsprecher und Verstärker sucht, wie Stefan Pickl sie in seinem Studio „World Tube Audio“ anbietet, ist wahrscheinlich schon vorher gut informiert und nimmt auch eine kleine Reise in Kauf. Vor allem zumal hier manche Verstärker angeboten werden, die es sonst weit und breit nicht gibt, einerseits so manche Firma aus Oberitalien, Japan oder den USA, andererseits jene Geräte, die er selbst baut.

Wo er das gelernt hat? Er zuckt mit den Schultern und erklärt die technischen Details. Er verwendet die schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts gängigen Elektrodenröhren, die von Profimusikern verwendet werden. Ob ihrer Ästhetik lässt er sie sichtbar bleiben. So werden manche seiner Verstärker statt mit einem Gehäuse lediglich von einem Gitter abgeschirmt, damit sich niemand an den im Betrieb heiß werdenden Elektroden verbrennt. Handarbeit wird bei den von ihm präsentierten Produkten generell groß geschrieben. „Interessant ist“, erzählt er, „und das wissen die Wenigsten: Die handwerklich hochwertigsten Geräte werden von Frauen gebaut, stets in Handarbeit.“ An diesem Punkt kommt er nochmals auf die notwendige Hochwertigkeit von Produkten zu sprechen: „Auf lange Sicht halten kann man sich nur durch Qualität. Für den Kunden ist das das Wichtigste. Das ist wie beim Essen, wenn es nicht schmeckt, merkt man das sofort.“

Jetzt ist Stefan Pickl in seinem Element. Er spricht über Speisen, was ihm wichtig ist, was er für gut hält und was er besonders genießt. Fast automatisch verlagert sich das Gespräch nun in die Kaffeeküche, wo zwei Maschinen stehen, jene Espressomaschine, die George Clooney ermöglicht, jene Filme zu drehen, die ihm am Herzen liegen, und eine äußerst stylische Maschine, in der man „echten“ Kaffee verwendet – nur Osttiroler Kaffee, sagt Stefan Pickl bestimmt. Ein paar Kapseln der „Hollywood“-Espressomaschine sind übrig geblieben, doch man sieht, dass dieses Kapitel im Hause Pickl ausgedient hat. Jetzt kommt ganz der Naturwissenschafter hervor, der über den perfekten Kaffee philosophiert. Wie bereitet man den perfekten Kaffee zu – und wie ist dieser Schritt auf Dauer wiederholbar? Hört man Stefan Pickl zu, sieht man einen Menschen, der den Dingen auf den Grund gehen will. Er mag es nicht, wenn etwas nicht ganz exakt erklärt werden kann. Die Faszination der neuen Kaffeemaschine liegt daher nicht nur in ihrer Eleganz und dem guten Kaffee, sondern soll dorthin führen, dass auch der Barista Bedingungen erhält, die den denkbar bestmöglichen Kaffee zulassen.

Hier verbindet sich die wissenschaftliche Neugierde wieder mit dem Genuss – und daher hat er einfach beschlossen, in Zukunft auch diese Kaffeemaschinen zu vertreiben. Das wäre dann Beruf Nummer Drei. Wer nach der Klammer der Elemente sucht, stolpert zwangsläufig über folgende Antwort: „Mein Thema ist ja Genuss. Das ist meine Überschrift. Als Naturwissenschafter muss ich sagen, es ist einfach toll, wenn man die Sinnesorgane ausreizt, beim Sehen, beim Hörgenuss oder beim Geschmack.“

Stefan Pickl baut und verkauft Audiogeräte, die nicht nur durch einen umwerfenden Klang beeindrucken.

Sich in den Klang fallen lassen

Natürlich kann Stefan Pickl alle technischen Details bis ins Kleinste erklären und beweisen, was er unter Qualität versteht. Empfehlenswerter ist es, sich ganz gelassen in seine Obhut zu begeben und den Ohren den Weg zum Klang zu ebnen. Immerhin ist das Ohr ein sehr spezielles Sinnesorgan, findet Stefan Pickl: „Die Auflösung des Ohres ist eine Zehntausendstelsekunde. Wenn ich sage, ich habe da den rechten und dort den linken Lautsprecher und ich selbst stehe in der Mitte, sagt mir das Gehirn, die Musik kommt aus der Mitte, obwohl sie von rechts und links kommt.“ Dann macht er eine kurze Pause und fährt ein wenig schmunzelnd fort: „Das ist Hörpsychologie. So, wie das Gehirn die Nase beim Schauen ausblendet, sonst würde ich ja immer meine Nase sehen.“

Dieses empfindsame Sinnesorgan leidet durch den Alltagslärm, „deshalb gehört das Ohr ein bisserl trainiert“, findet er.  Wie man den Ohren dabei helfen kann, zeigt er in seinen Vorführräumen mit Lautsprechern verschiedenster Designs, die meist eines gemeinsam haben: Rundungen statt Ecken. Besonders mag er die Lautenform, „damit keine stehenden Wellen und keine Reflexionen entstehen“. Dazu passend hat er mit einem Virger Tischler Lautsprecher entwickelt. Die Suche nach dem richtigen Tischler habe einige Zeit gedauert, erzählt er, denn es waren ganz besondere Ansprüche zu erfüllen, etwa jenes Weglassen von Ecken. Was man noch für den idealen Klang braucht? Einen CD-Player? Er schüttelt energisch den Kopf. Beim klassischen CD-Player betrachtet er die mechanische Auslesung als Problem: „Da gibt es immer kleine Abweichungen, und daher geringe Fehlerquellen.“ Er zieht den Computer vor. Oder Streaming. Beides habe den CD-Player immer weiter zurückgedrängt. Beim Plattenspieler hingegen sieht er zumindest Potenzial für eine Marktnische, nicht zuletzt, weil in Wien mit der Firma Pro-Ject der größte Plattenspielerhersteller der Welt existiert.

Bei den Hörproben greift er von Oper, über klassische Konzerte bis hin zum Pop oder Jazz. Besonders faszinieren ihn die alten Aufnahmen und er sagt: „Die Geräte damals waren schlechter, aber die Aufnahmen besser. Es ging nicht so sehr um die Kosten, man hatte für eine Klassikaufnahme eine Woche Zeit, um sie perfekt aufzunehmen. Das geht heute alles nicht mehr. Die damalige Akribie und die Geräte von heute – das wäre ein Traum!“

Ist er selber Musiker? Stefan Pickl antwortet mit: „Leider nicht, leider nicht. Das war mir irgendwie verwehrt, von den Möglichkeiten und vielleicht auch vom Talent.“

Umso besser kennt er sich mit Klang aus, doch hier wehrt er ab, denn so sei das halt, wenn man sich 30 Jahre damit beschäftigt habe.

Musikhören ist im Prinzip ein Ritual

Und schließlich der Preis: Stefan Pickl lockt keine Schnäppchenjäger an. Das würde er auch gewiss nicht wollen. So sagt er: „Es muss für mich kein Geschäft in dem Sinne sein, dass ich davon lebensabhängig bin, sondern meine Motivation ist, dass man in dieser schnelllebigen Zeit noch den Genuss vermitteln kann. Denn wer nimmt sich heute schon Zeit zum Musikhören? Das ist im Prinzip ja ein Ritual. Das möchte ich den Leuten zeigen.“

Smartphones und das Internet hätten die Zeit für den Genuss genommen: „Deswegen ist es wichtig, dass es Leute gibt, die so etwas vorführen können und die meisten, die herkommen und sich etwas anhören, kaufen dann auch etwas, weil es ihnen Wert ist.“ Auf die Gegenbemerkung, dass man sich das halt auch leisten können müsse, spricht er vom Autokauf. Man verliere dabei viel Geld und habe wenig Genuss. „Es geht um die Relation“, schließt er und genau da hat er Recht. Der eine will einen alten Aston Martin, der andere eine Anlage für den Musikgenuss.

Wie sehen die Preise nun tatsächlich aus? Stefan Pickl erklärt dazu: „Günstige Projekte von Pro-Ject, kann man schon um 600 Euro haben, aber wenn man etwas Gutes haben will, muss man schon mit 2.000 bis 3.000 Euro insgesamt rechnen. Bei 10.000 bis 20.000 ist man natürlich schon ganz gut unterwegs.“

Nach oben scheint die Skala offen. Ein intensives After-Sale-Service gehört selbstverständlich dazu. Zu einem überwiegenden Teil sind seine Kunden Akademiker, von diesen hauptsächlich Ärzte, und Personen über 50. „Was uns in der Szene ein bisserl Sorgen macht ist, dass die Jugend da noch nicht so herangeführt worden ist.“  Lernt man Genuss erst mit der Zeit? „Hoffentlich“, antwortet er. Insgesamt aber, sagt er: „Genuss ist nie von der Zeit abhängig. Für den Genuss muss man sich Zeit nehmen.“

Credits
  • Autorin: Daniela Ingruber
  • Fotografie: Miriam Raneburger

Keine Postings

Ein Posting verfassen

Sie müssen angemeldet sein, um ein Posting zu verfassen.
Anmelden oder Registrieren