Klassisch
vom Hirsch
Klassisch vom Hirsch
Schon als sie zehn Jahre alt war, wusste Margit Perfler: „Ich will Schneiderin werden.“

Damals nähte sie Kleider für ihre Puppen. Sie hatte dafür eine batteriebetriebene, kleine Kindernähmaschine. Als sie alt genug war, begann sie, ihren Traum wahrzumachen: Sie lernte Schneiderin. In der Berufsschule wurde sie belächelt, weil das Fach als altmodischer Beruf galt. Die Lienzerin ließ sich nicht beirren.

Inzwischen näht sie seit über 20 Jahren Hirschlederhosen – die Betonung auf den Hirsch ist ihr wichtig, denn: „Das ist das beste Leder für Lederhosen.“ Sie muss es wissen, denn in all den Jahren hat Margit über 1.500 Lederhosen genäht. Sie ist davon überzeugt, jede Einzelne wiederzuerkennen.

Logisch, dass sie Lederhosen mag: „A Lederhose passt jedem, auch wenn er kugelrund ist“, sagt sie. Margit arbeitet generell gern mit Leder. Es fühlt sich kompakt an, verrutscht nicht, ist „fein zum Anfassen“ und sie fügt hinzu, dass keine Chemie drin sei – zumindest nicht bei dem Leder, das in der Firma verwendet wird, für die sie arbeitet: bei Unterassinger in der Lienzer Adolf-Purtscher-Straße. Sie mag diesen Geruch von Leder. Allerdings näht sie nicht nur neue Hosen, sondern macht auch Umänderungsarbeiten. An diesen Hosen riecht sie weniger gern.

Zurück zu den Hirschen, auf deren Leder sie besteht, vorausgesetzt es sind wildlebende Hirsche aus Österreich. Bei diesen zeigen sich Narben oder Pigmentflecken im Leder – natürlich auch die Einschusslöcher und die Schleifspuren. All das gehört für Margit dazu und ist für immer mehr Kunden eine Art Echtheitszertifikat. Jäger lassen sich ihren selbst erlegten Hirsch gerne gerben und eine Lederhose und die dazugehörigen Trachtenschuhe daraus machen.

Einst kam ein Jäger, der unbedingt wollte, dass man die Schleifspuren auf dem gegerbten Leder sieht, denn er wollte sich auf diese Weise an die anstrengende Hirschbergung erinnern.

Nur sämisch gegerbtes Hirschleder

Margit weiß genau, welches Leder sie verarbeiten möchte und welches nicht: keinesfalls etwa das Leder vom „Neuseeländer Hirschen“. Da es sich dabei um kleinere, gezüchtete Hirsche handelt, ist das Leder makellos, zu makellos für Margit. „Da sieht man kein Leben auf der Haut“, sagt sie kopfschüttelnd. Was sie bearbeitet, soll natürlich sein und ganz ohne chemische Schadstoffe, damit es hautfreundlich bleibt. Auf Futter verzichtet die Lienzerin, weil sie überzeugt ist, dass das Leder angenehmer auf der Haut ist. Gefärbt wird deshalb nur an der Oberseite des Leders und selbstverständlich mit natürlichen Holzfarbstoffen.

Nach 20 Jahren ist die Lederhosenschneiderin noch immer Feuer und Flamme für das Material und das Produkt. So lobt sie die temperaturausgleichenden Eigenschaften: im Sommer atmungsaktiv und im Winter warm durch den sogenannten Flanelleffekt. Sämisch gegerbtes Leder, ausschließlich solches verwendet sie, hat noch einen Vorteil: Durch die Körperwärme passt es sich der Figur des Trägers an.

Leder wird zunächst größer zugeschnitten, geklebt, dann genäht, und der geklebte Teil weggeschnitten.

Einen Tipp hat Margit auch parat: Hirschleder ist mit einem speziellen Mittel, das man bei Unterassinger erhält, mit 30 Grad Celsius in der Waschmaschine waschbar. Es wird dadurch wieder weicher, was manchen Hosen ganz gut tut, wie Margit findet, denn „alte Lederhosen stehen von allein“.

Das Entstehen der Lederhose

Anders als bei Stoff, wird das Leder zunächst größer zugeschnitten, geklebt, dann genäht und der geklebte Teil weggeschnitten. Die Knopflöcher stanzt Margit aus und sie verwendet Hirschhornknöpfe in unterschiedlichen Farben und Größen. Die Stickereien – in Osttirol meist weiß, in Bayern grün – gestaltet sie mit einem besonderen Zwirn und einer Nähmaschine.

Durch die Körperwärme passt sich eine sämisch gegerbte Lederhose der Figur ihres Trägers an.

Wenn man Margit nach ihrem Werkzeug fragt, zeigt sie auf Maßband und Kreide, Schere, Ahle, verschiedene Locheisen, einen Hammer, Blei zum Beschweren der Schnitte und ein „Reibboandl“ aus Elfenbein. Die Schnitte, erzählt Margit, haben sich im Laufe der Zeit geändert, so hatten die Lederhosen früher eine hohe Leibhöhe mit einer sogenannten Falltür (Hosengatter), eine Messertasche und oft einen Latz. Frauen trugen kaum Lederhosen. Heute mögen junge Leute hüftige Hosen im Jeansschnitt mit genähtem Gürtel, eventuell einer Handytasche, und Frauen mögen „blinde“ Taschen. Die Preise reichen von 350 Euro aufwärts. Eine lange Lederhose kann um die 1.100 Euro ausmachen.

Wer aber sind die Kunden? Jäger natürlich, Osttiroler, aber auch „Städter“ und Touristen, denn die Lederhose ist am Ende des Urlaubs meist schon fertig. In den USA gibt es auch einige von Margits Lederhosen und dass sich schon mancher Promi eine Hose von ihr nähen lassen hat, versteht sich von selbst.

Infos:
Infos:www.schuhhandwerk.at
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