Zwischen Sturmböen
und Sonnenschein
Zwischen Sturmböen und Sonnenschein
Der Winter könnte in Osttirol momentan nicht schöner sein. Klar, dass Ramona, Evelin, Viktor und Matthias nichts in der guten Stube hält. Stattdessen nehmen sie uns mit in ein „Wohnzimmer“ der besonderen Art.

Wenn Evelin und Viktor „Wohnzimmer“ sagen, meinen sie damit nicht zwangsläufig die warme Stube, sondern die Landschaft über ihrem Bergbauernhof in Oberalkus, die die beiden wie ihre Westentasche kennen.

Evelin ist aufmerksamen Dolomitenstadt-LeserInnen bekannt. Sie schreibt nicht nur für das Online- und Printmagazin, ist ein wahres Recherchetalent und sprudelt nur so von Ideen, sondern macht nebenbei auch innovative Stadtführungen und ist Bäuerin. Ihren Mann Viktor lernte sie vor 25 Jahren beim Schilehrern am Zettersfeld kennen. Zu dieser Zeit war es gängig, dass Bauern sich im Winter auf der Piste etwas dazuverdienten. Die „Stadtnerin“ und der Alkuser Bergbauer verliebten sich ineinander und Evelin zog auch prompt auf seinen Hof.

Hoch über Oberalkus, auf gut 2000 Höhenmetern, liegt die urige Almhütte von Evelin und Viktor. Die gemütliche Hütte diente schon oft als Ausgangspunkt für so manche Skitour oder Wanderung.

Dieser liegt auf über 1200 Meter Seehöhe und bietet den beiden Energiebündeln den perfekten Ausgangspunkt für Wanderungen und Skitouren. Viktor ist außerdem leidenschaftlicher Jäger in dem Gebiet. Nun gibt nicht nur die atemberaubende, mystische und meist einsame Landschaft im Bereich der südlichen Schobergruppe den Ansporn für die eine oder andere Bergtour: Auf 2000 Höhenmeter liegt auch noch Viktors und Evelins gemütliche und urige Almhütte, von der aus Pitschedboden, Alkusersee, Alkuserrotspitze, Prijakt, Rotgelbe und Schleinitz erreichbar sind.

Nachdem der Winter in Osttirol kaum schöner sein könnte als in diesem Jahr, nehmen die beiden mich und meinen Freund Matthias mit in ihr Hausgebiet. Das Wetter ist alles andere als einladend: Es stürmt und schneit fast waagerecht, auch die Lawinensituation ist etwas gespannt. Wir warten ab und beschließen bei einem Wetterfenster, zumindest eine kleine Runde zum Pitschedboden einzulegen. Mit dabei ist auch Hündin Elli, die sichtlich Freude an der Winterlandschaft hat und das Herumtollen im frischen Pulverschnee genießt.

Weitergehen oder umkehren? Ein Schneeprofil soll als Entscheidungshilfe dienen.

Wir sind froh, dass wir unseren inneren Schweinehund überwunden haben. Nach wenigen hundert Höhenmetern, erst durch den Wald und dann durch offenes Gelände, zeigt sich ab und zu die Sonne und die Lichtstimmung wird zum theatralischen Schauspiel. Wir befinden uns zwischen Sturmböen und Sonnenschein, zwischen Wolken und blauem Himmel. Aus Interesse – und zur Einschätzung der Lawinensituation – graben Matthias und Viktor ein Schneeprofil. Anhand eines solchen Profils lassen sich Rückschlüsse zur Entstehung der jeweiligen Schicht, sowie zur Entwicklung der Schneedecke ziehen. Das Unterfangen stellt sich als gar nicht so einfach heraus, immerhin liegen in dieser Gegend an die zweieinhalb Meter Schnee.

Wir entschließen uns, bis zum Alkusersee weiterzugehen. Die Stille, Spuren durch den frischen Neuschnee – das ist reine Meditation. Die Gebirgszüge haben etwas Wildes und Einsames an sich.

Von der Abfahrt gibt es keine Bilder. Warum? Wer selbst oft mit Tourenski oder Splitboard in unberührter Winterlandschaft unterwegs ist und frischen Powder und unverspurte Hänge für das Größte hält, kennt die Antwort auf diese Frage vermutlich schon: Es konnte einfach niemand mehr stehen bleiben.

Und so stoßen wir vor der Hütte wieder zueinander. Ein gemütlicher Hüttenabend steht auch noch auf dem Plan. Evelin, die eine unglaubliche Köchin ist, zaubert am Holzofen zarte Rehfilets, dazu gibt’s herrliche Ofenkartoffeln. Das Fleisch kommt aus genau dieser Gegend, dafür ist Viktor verantwortlich. Und wer denkt, ein Hüttenabend mit den Ganders besteht daraus, „Mensch ärgere dich nicht“ zu spielen und ein, zwei Liedchen zu trällern, könnte gar nicht weiter daneben liegen.

„Das beste an der Hütte ist, hier hört einen niemand“, lacht Viktor, bevor er Jack White in voller Lautstärke auflegt und mit großer Leidenschaft die Mundharmonika dazu spielt. Währenddessen rockt Matthias die Hütte mit der Gitarre, ich selbst trommle auf Bongos und Evelin tanzt und kümmert sich um immer volle Weingläser.

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