Bildungshaus: Podiumsdiskussion „Kosakentragödie in Lienz 1945|2025“

80 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs: Die Befreiung vom diktatorischen Regime des Nationalsozialismus des Großdeutschen Reiches durch die Alliierten bedeutet Katastrophe und Leid ebenso wie Chance und Neubeginn. Das Schicksal des großen bewaffneten Trosses der Kosaken – rund 25.000 Männer, Frauen und Kinder mit mehreren 1.000 Pferden (Lienz hatte damals rund 8.000 Einwohner!), mit der Deutschen Wehrmacht verbündet, bei der brutalen Partisanenbekämpfung am Balkan und in Oberitalien eingesetzt, am 4. und 5. Mai 1945 im Lienzer Talboden „gestrandet“, ab 1. Juni und bis Mitte Juni 1945 fast vollständig zwangsweise durch die britische Besatzungsmacht an die Sowjets ausgeliefert – dieses Schicksal hat Betroffene weltweit und die Bevölkerung vor Ort über all die Jahre und Jahrzehnte immer wieder auf unterschiedlichste Weise bewegt. Welche Zugänge der Erinnerung gibt es? Welche Hoffnung erlaubt die Historisierung dieser „Tragödie an der Drau“, als Osttirol zum ersten und einzigen Mal Schauplatz der Weltgeschichte gewesen ist?

Interessierte sind am Mittwoch, 4. Juni 2025, um 19.00 Uhr zu einer Podiumsdiskussion im Bildungshaus Osttirol eingeladen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Einleitende Worte: Margit Leuthold (Initiatorin, evangelische Pfarrerin). Zeithistorische Einführung: Martin Kofler (Historiker, Tiroler Photoarchiv TAP). Diskutant:Innen: Gottfried Kalser (Vizeleutnant i.R., Initiator zahlreicher Erinnerungsprojekte), Martin Kofler (Historiker, Tiroler Photoarchiv TAP), Philipp Lehar (Historiker, Archivar Diözese Innsbruck), Erika Pätzold (Zeitzeugin, Kosakenmuseum Lienz) und Franz Troyer (Theologe, Dekan von Lienz). Moderation: Monika Reindl, Bildungshaus Osttirol

Der Kosakenfriedhof in der Lienzer Peggetz, um 1960 (Fotograf: Fracaro; Sammlung Stadt Lienz – TAP)

„Aus Geschichte und Geschichten vor Ort für mich und mein ‚Verorten‘ in der Gegenwart zu lernen, habe ich mir schon lange angeeignet. So konnte ich an neuen und anderen Orten ‚ankommen‘ und mich einleben. In Lienz ist mir schon bald der Kosakenfriedhof zu einem Lernort vieler Geschichten geworden: Was geschah in den letzten Kriegstagen hier im Lienzer Talboden? Wie haben es die Menschen in Osttirol erlebt? Welche Kindheitserinnerung haben viele geprägt? Und welche Erinnerungsspuren sind zu finden, welche Erinnerungskulturen entstanden? Und welche Verbindung zu meiner evangelischen Kirche zeigt sich im Erinnern? Ich bin dem Katholischen Bildungshaus und dem Organisationsteam sehr dankbar, meinen Impuls aufgegriffen zu haben und 80 Jahre danach mit einer Bildungsveranstaltung an das tragische Geschehen am Ende des Zweiten Weltkrieges als Lernaufgabe heranzugehen.“ Margit Leuthold, Evangelische Pfarrerin Lienz

„Ich mag das Wort Gedächtniskultur sehr gerne – auch gemünzt auf die Kosakentragödie. Ich sehe in der Gedächtniskultur eine kulturelle Leistung und Chance. Es geht darum, Ereignisse der Vergangenheit mit Liebe und sehr ehrlich anzuschauen. Was ist geschehen? Wer waren die Beteiligten? Wie kam es dazu? Was können wir aus den Ereignissen für unsere Gegenwart und Zukunft lernen? Die Gedächtniskultur mit Blick auf die Kosakentragödie zeigt mir, dass die kalte Weltpolitik leider auch in unserer Gegend ihre grausamen Spuren hinterlassen hat.“ Dekan Franz Troyer, Lienz

„Nur wer die eigene Geschichte kennt, hat überhaupt eine Chance, daraus zu lernen! Die Veranstaltung möchte das Feld zunächst wissenschaftlich-fundiert aufbereiten und dann ein Forum für die verschiedenen Gedächtnisse und Erinnerungen bieten. Es geht um eine offene faire Diskussion im Rahmen einer Gesprächskultur, die hoffentlich neue Möglichkeiten für die Zukunft eröffnet.“ Martin Kofler, Leiter Tiroler Photoarchiv TAP

Der Lienzer Kosakenfriedhof im April 2025. Foto: Franz Troyer / Pfarre St. Andrä