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Gastgeberin Theresia Rainer: „Jammern hilft nicht“

Teamgeist und das Internet sollen die Talfahrt der Privatvermieter stoppen.

Seit Jahren verliert das in Tirol einst bedeutende Segment der Privatzimmervermieter an Nächtigungen. Eindrucksvoll zeigt die untenstehende Grafik der Plattform Tirol Tourism Research. Vom dritten Platz unter allen Nächtigungskategorien noch Anfang der achtziger Jahre rutschen die Privaten unaufhaltsam nach hinten. animation-privatquartiere Um diesem Trend entgegenzuwirken, ging Ende August 2013 die Internet-Plattform "Osttiroler Herzlichkeit" online, eine Kooperation von Privatvermieterverband (PV) Osttirol und Osttirol Werbung. Mit finanzieller Unterstützung der Felbertauernstrassen AG und des TVB Osttirol wurde den Privatzimmervermietern die Möglichkeit gegeben, im Internet leichter gefunden zu werden und mehr Buchungen zu lukrieren. 43 nahmen damals das Angebot an. Voraussetzung für die Teilnahme sind eine Gebühr sowie die Verpflichtung zu Prädikatisierung. „Wir achten besonders auf die Qualität der präsentierten Unterkünfte. Angebote, die der Nachfrage qualitativ nicht entsprechen, setzen sich am Markt nicht durch. Zwei ‘Edelweiß‘ sind die Mindestanforderung“, sagt Werner Gschwenter, Nordtiroler IT-Berater im Dienste des PV. „Wobei der Name Privatzimmervermieter so nicht mehr zutrifft. Der Großteil bietet Ferienwohnungen an.“
Theresia Rainer: "Wichtig ist die Stimmung unter den Vermietern. Da tut sich was."
Theresia Rainer: "Wichtig ist die Stimmung unter den Vermietern. Da tut sich was."
Ob die Zahl der auf der Landingpage Gelisteten aufgrund der Qualitätsanforderungen, wegen des Mitgliedsbeitrags oder mangels Interesse seit August letzten Jahres bis Ende März 2014 lediglich um sechs Mitglieder auf nun 49 anwuchs, kann auch Theresia Rainer nicht beantworten. „Die Seite ist erst ein halbes Jahr alt. Sie alleine kann auch nicht die Antwort auf alle Fragen sein. Wichtig ist die Stimmung unter den Vermietern. Da tut sich was. Wir müssen zusammenhalten, dazu lernen, und alle Angebote nutzen, die uns zur Verfügung stehen“, sagt die engagierte Matreierin. Sie konnte vor allem in den TVBO-Regionen Nationalpark Hohe Tauern und im Defereggental fast ein Drittel der 159 im Internet präsenten Osttiroler Privatvermieter für die Landingpage begeistern. Insgesamt hat der PV im Bezirk Lienz 235 Mitglieder. „Wir wollen auch die Vermieter in den anderen Tälern erreichen. So haben wir unseren Vermieter-Stammtisch am 28. März in Lienz abgehalten. Da war die Stimmung gut, sehr gut sogar. Es waren auch mehr Jüngere dabei.“ Erst langsam entdecken Osttiroler Vermieter die weltweit boomende Bettenbörse airbnb als Buchungsplattform. Das Portal hat mittlerweile in manchen Städten die Hotellerie in Aufregung versetzt, verlor sie doch durch airbnb.com an private Anbieter zahlreiche Gäste. Diese logierten lieber in privatem Umfeld bei Gastgebern, die sie via Gastbewertung und Selbstdarstellung im Netz kennenlernen, passend zu ihren individuellen Bedürfnissen. „Wer persönlich spürbar wird, der bekommt Buchungen und Bewertungen. Sympathie ist ein wichtiger Faktor. Bewertungsportale sind ein wichtiger Bestandteil der Netzkultur. Wer sich dieser nicht aussetzen will, der ist bei airbnb wahrscheinlich nicht gut aufgehoben, auch nicht bei facebook,“ erklärt Berater Gschwenter, "wobei für den Einzelnen eine gewisse Internetaffinität nötig ist, um auf diesem Weg Gäste zu gewinnen und später gut informiert zu halten, um sie an sich zu binden. Es ist schon ein Aufwand, wenn der Private etliche Seiten warten, erstellen und aktualisieren soll, und dazu tagsüber seiner Arbeit nachgeht und nebenher Zimmer vermietet.“ „Ohne eigene Homepage geht auch für Privatzimmervermieter nichts mehr. Und im Idealfall sollte sie mindestens in Englisch vorliegen“, sagt Theresia Rainer. „Ich war als eine der ersten bei booking.com, als die auch Private zugelassen haben. Mir hat’s was gebracht. Ich bin immer wieder auf der Suche nach Neuem. Als Einzelne ist es schwer, gefunden zu werden, aber zusammen haben wir eine Chance. Auch kämpfe ich darum, dass kein anfragender Gast abgewiesen wird, nur weil das eigene Haus voll ist. Wir müssen uns doch gegenseitig helfen.“ Um das Bewusstsein für die vom Gast goutierte Qualität zu steigern, plant Theresia Rainer eine Tour durch Osttirol. „Weite Reisen sind für viele von uns nicht möglich. Aber es wäre doch schön, wenn wir in Osttirol voneinander lernen könnten. Zu sehen, was andere schon gut machen, das kann doch nur nützlich sein. Nicht dass einer glaubt, er kann mit alten, abgewohnten Zimmern noch wen anlocken, oder dass der TVB ihm das Haus füllt. Die Zeiten sind vorbei. Und Jammern hilft erst recht nicht.“ „Der Privatvermieter hat im Gegensatz zu teils gesichtslosen Bettenburgen große Chancen, sich als sehr persönlicher Gastgeber zu behaupten. Er stellt für das Land Tirol ein wichtiges Segment dar“, sagt Werner Gschwenter. Durch das Internet-Engagement habe sich die Nachfrage in kurzer Zeit erhöht. "Und wir stehen erst am Beginn. Viele andere Schritte folgen, auch die jetzt einfachere Präsentation der Privatvermieter auf Messen, die mit der Osttirol Werbung abgestimmt ist. Wenn wir dann noch den Privatvermietern vermitteln können, dass mit einfachen Mitteln wie Aktualisierungen von Neuigkeiten, Übersetzung und ein paar guten Photos viel zu erreichen ist, dann wird das Projekt ein Erfolg.“ Ein Erfolg, den sich Theresia Rainer auch für andere wünscht:“ Für mich ist’s toll, zu Hause arbeiten zu können. Das ist meines, ich bin da, wenn die Kinder aus der Schule kommen und bin mein eigener Chef. Wunderbar.“
Marcus G. Kiniger wurde 1969 in Wien geboren. Seine Familie kam 1976 nach Sillian, wo der gelernte Tourismuskaufmann und ambitionierte Musiker bis 2008 lebte, bevor er nach Hamburg übersiedelte. In Norddeutschland vertreibt Kiniger Produkte aus Tirol. Er schreibt für dolomitenstadt.at die Kolumne "Waterkantiges" und ist auch regelmäßiger Autor im DOLOMITENSTADT-Printmagazin.

2 Postings

Franz Brugger
vor 10 Jahren

Wie sieht das mit Airbnb in Österreich aus?

Auszug aus "News.orf" Websites wie Airbnb (zur Vermittlung von Übernachtungsmöglichkeiten) und Uber (private „Taxi“-Dienste) agierten bisher im rechtlichen Graubereich: Am eigentlichen Geschäft sind sie nicht beteiligt. Fragen über Haftung, Schadenersatz oder auch ganz einfach die Versteuerung von Profiten verloren sich im Dickicht Hunderttausender einzelner User. Doch nun scheint die „kritische Masse“ erreicht, wie ein aktuelles Beispiel aus dem US-Bundesstaat New York zeigt.

 
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defregger
vor 10 Jahren

Fantastisch, hervorragend, ideeenreich, einfach sehr gut! Alle wichtigen Punkte angesprochen, voneinander Lernen und vorallem GEMEINSAM. Letzteres erscheint mir am schwierigsten in einer der schönsten, natürlichsten alpinen Regionen Osttirols, ja sogar weltweit, wie ich meine.

Herzlichst df

 
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