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Der Schnee, auf dem wir alle talwärts fahren …

Lienz leistet sich ein Skigebiet mit klimatischem Ablaufdatum. Ein Kommentar.

In den 1980er Jahren, als Falco vom „Schnee, auf dem wir alle talwärts fahren“ sang und damit eine andere Art Kunstschnee meinte, war Beschneiungstechnik noch ein Thema für visionäre Skigebietsbetreiber. Heute sind Skigebiete ohne künstliche Beschneiung undenkbar. Außer vielleicht für Visionäre,  die die Prognosen zum Verschwinden von Skigebieten unter 1.500 Höhenmetern ernst nehmen. Jedes Jahr werden Euro-Millionen in Beschneiungshilfen gepumpt. In gut etablierten Resorts, um die Marktpositionen zu sichern, in weniger gut aufgestellten, um halbwegs konkurrenzfähig zu sein. Seit dem Jahr 2000 seien es laut Franz Hörl, Sprecher der österreichischen Seilbahnwirtschaft, 1,3 Milliarden Euro in Österreich gewesen. Werden Bedenken zu der Strategie geäußert, so verteidigt Franz Hörl jeden investierten Cent. Außer in Klimafragen. Dazu sagt Franz Hörl nicht mehr allzu viel. Ein beredtes Schweigen, auf das sich zu hören lohnt. Für die Haupteigentümer der Lienzer Bergbahnen, beides öffentliche Körperschaften, ergibt sich eine Gemengelage, die Anlass zur Diskussion gibt. Die Höhenlage, die öffentlichen und damit auch neuerdings begrenzten Mittel, der schwierige Erhalt zweier Skigebiete, die für technisch versierte Skifahrer begrenzte Attraktivität des lokalen Angebots, Mitbewerber in unmittelbarer Nähe, die nun auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Stundentakt gut zu erreichen sind, all das sind Faktoren, die Konsequenzen nach sich ziehen werden. Die Wahrscheinlichkeit eines baldigen, kostenminimierenden Abschieds von den mit einem klimatischen Ablaufdatum versehenen Aufstiegshilfen im Lienzer Raum ist gering. Eine Stadtregierung, die vor den Gemeinderatswahlen 2016 steht, ein stark besetzter Skiklub, dessen Mitglieder zum Who is Who der Stadt Lienz gehören, ein Syndikatsvertrag, der beide Haupteigentümer bis zur Bewegungslosigkeit aneinander kettet, eine Bevölkerung, die das Recht auf städtischen Skiraum für selbstverständlich hält, werden noch viel Wasser über den Hausberg und das Zettersfeld im Licht der Sonnenstadt Lienz hinauf- und wieder herunterfließen lassen. Als absehbares „Stranded Investment“.
Marcus G. Kiniger wurde 1969 in Wien geboren. Seine Familie kam 1976 nach Sillian, wo der gelernte Tourismuskaufmann und ambitionierte Musiker bis 2008 lebte, bevor er nach Hamburg übersiedelte. In Norddeutschland vertreibt Kiniger Produkte aus Tirol. Er schreibt für dolomitenstadt.at die Kolumne "Waterkantiges" und ist auch regelmäßiger Autor im DOLOMITENSTADT-Printmagazin.

Ein Posting

Macki
vor 9 Jahren

Noch nie soviel Wahrheit auf dolomitenstadt gelesen. Vor allem der letzte Absatz! Der Großteil der Lienzer will den Hochstein, um jeden Preis. Und den werden sie zahlen müssen.

 
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