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Mit Wenig viel Erreichen – Hamburger KinoKabaret

Einladung zu viermal 48 Stunden vom Konzept zum Film zur Aufführung.

Ich geb es gerne zu: ich bin infiziert. Keiner braucht sich Sorgen machen, mir ist nichts Schlimmes widerfahren, schon gar nicht krankheitshalber, sondern ein durchweg positives Erlebnis, das einen Namen hat: KinoKabaret. Darüber erzähle ich oft und gerne, wobei Erzählen das eine ist, erleben etwas ganz anderes. Erleben kann jeder nur höchstpersönlich. Darum eine Einladung zu einem Film-Erlebnis, das in knapp 40 Tagen in Hamburg gemacht werden kann. „Do well with nothing, do better with little and do it right now“ – so lautet der Slogan der Kino Bewegung, die 1999 in Montreal, Kanada, ihren Ausgang nahm. Die Idee dahinter: nicht nur über Kurzfilmprojekte reden, sondern welche machen, auf der Stelle, mit allem, was selbst bei geringen Mitteln zur Verfügung steht, vor allem aber mit Hilfe von anderen Filmbegeisterten. Dazu holte man Interessierte aus allen Bereichen zusammen, verordnete sich einen engen Zeitrahmen, in dem Filme zu konzipieren, zu drehen und zu zeigen sind. Das Ganze nannte man KinoKabaret. Das Konzept funktionierte. Ganz großartig sogar. Heute gibt es ein weltumspannendes Netz von Kino-Gruppen, die sich untereinander austauschen, KinoKabarets veranstalten, und die Idee weitertragen. So haben zum Beispiel Mitglieder von HamburgerKino  das erste Innsbrucker KinoKabaret mit angestoßen. Daraus hat sich mittlerweile die Tiroler Gruppe Kino Dramawas entwickelt, die gerade erst zu Ostern ein Kabaret in der Innsbrucker Kulturbäckerei  veranstaltet hat. Gerade erst gründete sich eine Gruppe in Linz, eine exisitiert in Graz, eine andere in Wien. 2015 herrscht auch in Hamburg wieder kreativer Wahnsinn. Vom 30. Mai bis zum 6. Juni wird mit eigenem oder von Sponsoren zur Verfügung gestelltem Equipment die Stadt zur Kulisse gemacht, Kreatives ausgelebt, voneinander gelernt und gefeiert. Absolute Novizen treffen auf Profis, Massenszenen werden gedreht, Ideen werden ausprobiert, verworfen und neue geschaffen. Alter spielt keine Rolle, Engagement eine große. Die kreative Stimmung ist extrem ansteckend, weil eben nicht nur geredet, sondern gemacht, entwickelt, umgesetzt und verwirklicht wird. Die Arbeitssprache ist denkbar international. Denglisch trifft auf Franglisch trifft auf Spanglisch trifft Russisch und Ukrainisch und diverse Ausprägungen von Französisch, und alle verstehen sich prächtig. Die am Ende von 48 Stunden Produktion stehenden Vorführungen werden regelmäßig zu Feiern der eigenen Kreativität, die meist in eine intensive Partynacht übergehen. Ein Fakt, der neben vielen Stunden des Editierens die Erklärung für teils beeindruckende Augenringe beim nächsten Produktionsmeeting liefert. Manche Teilnehmer befinden sich auf einer regelrechten Tour durch die diversen Kabarets, treffen sich immer wieder, in Brüssel, Berlin, Liege, Dublin oder eben Hamburg. Sie haben daraus eine Art Lebensstil gemacht, denn um möglichste vielen Talenten die Teilnahme zu ermöglichen, versuchen die Organisatoren die Kosten so niedrig wie möglich zu halten. In Hamburg beträgt die Meldegebühr, die unter anderem ein eigenes Catering gewährleistet, gerade einmal zehn Euro pro 48 Stunden Set. Wer keine Unterkunft findet, für den besorgt man eine. Während der Produktionen surfen die Teilnehmer regelrecht auf einer kreativen Welle, die sich immer höher aufzubauen scheint. Ob beim Silent Screening, bei dem live mit Perfomances und Musik Stummfilme vertont werden, oder in egal welcher Phase des Filmens, Editierens oder Entwickelns, jeder profitiert von den Fähigkeiten des anderen. Man hilft sich, mit Wissen, Ideen und Equipment. Musiker vertonen spontan Filmszenen, Tonmänner werden zu Schauspielern, Schauspielerinnen zu Best Boys, Programmierer verwandeln Ideen in Apps oder animieren Spielszenen. Geschichten werden erzählt, Experimente gewagt, Freundschaften geschlossen und Karrieren begründet. Wer in Hamburg dabei sein will, der sollte sich allerdings beeilen. Wegen des großen Andrangs in den vergangenen Jahren ist in diesem Jahr die Teilnehmerzahl auf 150 begrenzt worden. Die ersten 30 Anmeldungen kamen schon innerhalb der ersten 24 Stunden nach Veröffentlichung.  
Marcus G. Kiniger wurde 1969 in Wien geboren. Seine Familie kam 1976 nach Sillian, wo der gelernte Tourismuskaufmann und ambitionierte Musiker bis 2008 lebte, bevor er nach Hamburg übersiedelte. In Norddeutschland vertreibt Kiniger Produkte aus Tirol. Er schreibt für dolomitenstadt.at die Kolumne "Waterkantiges" und ist auch regelmäßiger Autor im DOLOMITENSTADT-Printmagazin.

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