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Zu Ostern steigen auf Bermuda die Drachen

Petra Heinz-Prugger aus Lienz lebt auf der Inselgruppe. Karfreitag verbringt man dort am Strand.

Kaum ist Weihnachten vorbei, da steht schon wieder Ostern vor der Tür. Meistens kommt es für uns recht plötzlich, weil wir uns aufgrund der fehlenden Feiertage im Vorfeld hier auf der Insel nicht wirklich darauf einstellen können. Die Kinder haben zwar Ferien, allerdings Spring Break oder Frühlingsferien, ganz nach amerikanischem Vorbild, die, wenn man Glück hat, einen Teil von Ostern abdecken oder eben auch nicht.
Auf den Bermuda-Inseln (im Bild Horseshoe Bay Beach) lässt man am Karfreitag als Symbol für die Auferstehung Jesu selbst gebaute Drachen steigen. Fotos: Petra Heinz-Prugger
Der einzige offizielle Feiertag zu Ostern ist der Karfreitag, hier auch „Good Friday“ genannt. Das Wort „good“ in diesem Zusammenhang scheint manchem Deutschsprachigen oftmals etwas unpassend, zumal man am Karfreitag – Jesus Todestag – ja nun wirklich nicht von einem guten Tag sprechen kann. Doch im englischen Sprachgebrauch steht das Wort „good“ in diesem Fall einfach nur für heilig. Einige Quellen sagen auch, es hätte sich aus God Friday (Gottes Freitag) entwickelt. Wie auch immer, für uns ist es der einzige Osterfeiertag, und dieser wird in Bermuda auch etwas anders begangen als in Österreich, nämlich – mit einem großen Drachenfest an einigen Stränden und in manchen Parks. Nach einer Hl. Messe zu Sonnenaufgang am Strand, zu der meist nur wenige erscheinen, pilgern dafür im Laufe des Tages unzählige Menschen, ausgestattet mit ihren schönsten, farbenfrohesten und größten Drachen an den Strand, um diese in einer Art Wettbewerb in die Luft steigen zu lassen. Diese bermudianische Tradition soll darauf zurückgehen, dass ein einheimischer Priester den Schülern in der Sonntagsschule die Auferstehung Christi besonders bildlich erklären wollte. Er habe deshalb das Abbild Jesu auf einen selbstgebastelten kreuzförmigen Drachen gezeichnet, um ihn dann in den Himmel auffahren zu lassen. Das sanfte, leise Aufsteigen des Drachens hatte somit etwas Spirituelles. Früher wurde damit noch bis nach 3 Uhr nachmittags – der stillen Todesminute Jesu – gewartet. Heute hat man nicht mehr so viel Geduld und der ruhige, spirituelle Charakter ist dem ganzen Fest eher abhanden gekommen. Mit lauter Musik, nicht wenigen Bierflaschen und eigenen Bändern am Drachen, damit diese unangenehm in der Luft brummen, hat sich der Brauch in ein Volksfest verwandelt. Die Anleitung zum Bau eines Original-Bermuda-Drachens findet man im Internet (einfach mal unter dem Stichwort „Bermuda kite“ nachlesen!). Es ist eine regelrechte Wissenschaft, die Dinger so zu bauen, um sie so hoch und lange wie möglich gen Himmel zu schicken. Die meisten Leute begnügen sich aufgrund mangelnder Zeit mit einem gekauften Drachen und das vorösterliche Geschäft mit ebensolchen boomt hier in jedem noch so kleinen Laden. Neben diesem recht einzigartigen Brauch, kommen aber auch die vielen Gläubigen auf der Insel nicht zu kurz. In allen christlichen Kirchen werden Messen gefeiert, die mitunter mehr als zwei Stunden dauern können. Zu Ostern begangene Frühlingsbräuche kennt man hier aber ebenso. Am Ostersonntag versteckt der Osterhase Ostereier, die die Kinder dann mit viel Ausdauer suchen. Auch der Magen kann sich über einige spezielle kulinarische Köstlichkeiten freuen. Was dem Osttiroler sein geweihter Osterkorb mit Brot, Schinken, Speck und Eiern ist, sind dem Bermudianer seine Codfish Cakes und Hot Cross Buns.
Hot Cross Buns als englische Variante der "Rosinenbrotl" gehören zur Osterjause.
Codfish Cakes bestehen aus gesalzenem, getrocknetem Kabeljau und Kartoffeln, die zu kleinen Laibchen geformt werden und das „fleischlose“ Fastengericht für den Karfreitag darstellen, mittlerweile aber am ganzen Osterwochenende genossen werden. Zusammen mit Mayonnaise verspeist man sie mit englischen Hot Cross Buns, was wiederum süße „Germteigbrotln“ mit Rosinen sind, die mit einem Kreuz – meist aus Zuckerguss – verziert werden. Die englische Königin Elisabeth erhält zu Ostern auch immer einen ganz besonderen Gruß aus Bermuda. Traditionellerweise wird ihr ein großer Strauß mit weißen, trompetenförmigen bermudianischen Osterlilien geschickt, die hier eigens so gepflanzt werden, dass sie zu Ostern ihre wunderschönen Blütenkelche öffnen und den süßen Lilienduft versprühen.
Petra Heinz-Prugger stammt aus Osttirol und lebt seit 14 Jahren auf Bermuda. Ab und zu lässt sie uns über den großen Teich blicken und schildert für dolomitenstadt.at das Leben auf den britischen Atlantikinseln.
Petra Heinz-Prugger ist Naturpädagogin bei natopia, Nationalparkrangerin und Wiesenvogelbeauftragte des Landes Tirol. Bewusstseinsbildung für Natur- und Umweltschutz – besonders bei jungen Menschen – ist ihr eine Herzensangelegenheit.

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