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Spart die Regierung wirklich nur „im System“?

Einsparungen, die der Bürger nicht spürt, gibt es eigentlich nicht. Eine Analyse.

Am Mittwoch hat der neue Finanzminister Hartwig Löger im Parlament das Doppelbudget für die Jahre 2018 und 2019 vorgestellt. Erstmals wird Österreich mehr einnehmen, als es ausgibt, erreicht also einen Budgetüberschuss, wie der Finanzminister stolz verkündete. Geschuldet ist das vor allem den niedrigen Zinsen und der äußerst starken Konjunkturlage, die die Steuereinnahmen wachsen und die Ausgaben für Arbeitslose und Pensionen sinken lässt.

Diese Finanzlage ermöglicht der Regierung einen großen Handlungsspielraum, den sie einerseits für eine Steuerentlastung für Familien, andererseits für Projekte wie zusätzliche Polizeistellen einsetzen will. Für die Zukunft hat die Regierung Schuldenabbau sowie eine größere Steuerreform geplant. Diese soll 2020 umgesetzt werden und der Finanzminister sieht dafür momentan einen Spielraum von 3,5 Milliarden voraus. Im Wahlkampf wurden noch 14 Milliarden versprochen, daran will die Regierung auch festhalten. Um eine Entlastung dieser Größenordnung umzusetzen, wird es selbst bei einer weiterhin so guten Konjunktur einiges an Sparmaßnahmen brauchen. Da lautet die von der Regierung gebetsmühlenartig wiederholte Devise: „Sparen im System“, während die Menschen entlastet werden sollen.

Gleichzeitig sparen und „die Menschen entlasten“ – Finanzminister Hartwig Löger will dieses Kunststück schaffen. Foto: Expa/Michael Gruber

Sieht man sich die Sparmaßnahmen an, die bisher von der Regierung beschlossen wurden, wird aber schnell deutlich, dass sehr wohl immer Menschen davon betroffen sind. So etwa die „Nicht-Österreicher“, bei denen die Regierung sparen will und denen niemand das Mensch-Sein absprechen will. Von den Kürzungen für „Nicht-Österreicher“ können aber auch österreichische Menschen betroffen sein: Etwa solche, deren Pflegekräfte künftig weniger Kindergeld bekommen sollen, sowie alle, die ein Interesse an der Integration von Zugewanderten haben, wofür Mittel sowohl in der Schule als auch beim AMS gestrichen werden sollen. Auch die Kürzungen im Außenministerium und bei der Entwicklungshilfe, deren großzügiges Aufstocken Sebastian Kurz noch im Wahlkampf angekündigt hatte, können indirekt – Stichwort Migration - in Österreich spürbar werden.

Im Bereich der Arbeit und Beschäftigung sind auch die betroffen, die von der Aktion 20.000 profitiert hätten, sowie die Unternehmen, denen der von der letzten Regierung beschlossene Beschäftigungsbonus zu Gute gekommen wäre. Außerdem sollen die Regelungen für die Altersteilzeit verschärft werden. Die Kürzungen bei der Justiz werden sich nicht nur bei dort beschäftigten Beamten und Richtern bemerkbar machen, sondern auch bei allen, die sich in einem Gerichtsverfahren wiederfinden und dieses schnell und fair abgewickelt haben wollen. Und die Verschiebung von Infrastrukturprojekten bei der Bahn werden nicht nur die damit betrauten Unternehmer und Arbeiter, sondern auch die Fahrgäste der ÖBB spüren.

Keine dieser Kürzungen ist unvertretbar, ich selbst finde einige davon sinnvoll und halte andere für falsch. Kaum jemand, nicht einmal in der Regierung, wird wohl alle Kürzungen befürworten oder sämtliche vehement ablehnen. Wo es am dringendsten mehr Geld braucht und welche Ausgaben ineffektiv und verzichtbar sind, ist eine grundlegende politische Frage, zu der jeder seine persönliche Meinung hat. Auch wird es von den politischen Akteuren immer unterschiedliche Positionen dazu geben, ob es viele Staatsleistungen und damit hohe Steuern braucht oder ob die Staatsausgaben zugunsten von Steuerentlastungen zurückgefahren werden sollen. Aber so zu tun, als könnte man im System Milliarden einsparen, ohne dass ein Mensch das spüren würde, und dann allen mehr Geld schenken, das liegt irgendwo zwischen gekonntem Spin und dreister Lüge.

Ein Posting

Senf
vor 6 Jahren

bei der ersten beamten-einsparungswelle unter dem regierungschef schüssel hat man es den staatsdienern freigestellt, ab 50 bei gleichbleibender fortzahlung in pension zu gehen und die dienstleistungen grossteils an unternehmen ausgelagert, was letztendlich wesentlich teurer kam, aber den beamtenpersonalstand um einiges reduzierte. lautes geklatsche für den finanzminister im parlament. wie wird man es diesmal machen?

 
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