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Vor ihrem Abriss durch die „Neue Heimat“ wurde die geschichtsträchtige Südtiroler Siedlung in Telfs zur Theaterkulisse. Foto: Günther Egger

Vor ihrem Abriss durch die „Neue Heimat“ wurde die geschichtsträchtige Südtiroler Siedlung in Telfs zur Theaterkulisse. Foto: Günther Egger

„Verkaufte Heimat“ am 25. Oktober in ORF III

Sehenswertes Mitterer-Stück in den Ruinen der Südtirolersiedlung in Telfs.

Die Aufzeichnung des diesjährigen Volksschauspiels in Telfs „Verkaufte Heimat- Das Gedächtnis der Häuser“ von Felix Mitterer wird am Freitag, dem 25. Oktober 2019 um 21.50 Uhr in ORF III ausgestrahlt. Der Publikumsandrang in Telfs war enorm, alle 26 Vorstellungen ausverkauft. Wer keine Karten mehr bekam, dem bietet sich nun die Möglichkeit, das Stück via Fernsehen doch noch zu sehen. Die Südtiroler Siedlung in Telfs stand vor dem Abriss. Noch aber diente sie als Kulisse für ein geschichtsträchtiges Spektakel, das unter die Haut ging. Das Drama spielt in der Zeit, als es für die Südtiroler nach der fortschreitenden Italienisierung ihres Landes zu bleiben oder auszuwandern hieß. Mussolini und Hitler wollten den Störfaktor „Südtirol“ ausschalten. Mit den Plänen der Nationalsozialisten ein „Großdeutschland“ zu schaffen, wuchsen die Hoffnungen jener Südtiroler, die nach zermürbenden Gewissenskonflikten bereit waren, wohl ihre Heimat, aber nicht ihre Sprache und ihre Kultur zu opfern.
Die Theaterfamilie Tschurtschenthaler, von links: Anna (Jasmin Mairhofer), Toni (Hannes Waldner), Michael (Lucas Zolgar), Hermann (Stefan Riedl), Paula (Lisa Hörtnagl), Altbauer (Christian Riml), Altbäuerin (Veronika Eberl). Foto Günther Egger.
Die Szenen wechselten in rasantem Tempo. Rasch musste das Auge den Plätzen folgen, an denen gespielt wurde: Auf dem Dorfplatz, im Heuboden eines Bauernhauses, im Wirtshaus, im Schulzimmer oder in der Stube, in der gerade „Andrea“, der Sohn der Südtirolerin Anna und des italienischen Carabiniere Ettore zur Welt kommt. Schmählich verhöhnt wird sie, die Tochter des Tschurtschenthaler Bauern, ein Verhältnis mit einem Italiener angefangen und ihn trotz aller Proteste dann auch geheiratet zu haben. Nicht nur das verstoßene Paar stellt den ringsum geschürten Hass zwischen zwei Nationen zur Schau. Überall tut er sich auf. Die Namen werden italienisiert. Der Rabensteiner heißt jetzt Pietracorvo. Kein deutsches Wort, weder in der Schule noch auf den Ämtern! Der Podestà ist der Aufwiegler schlechthin und der Wirt reibt den nicht deutschsprechenden Italienern die gemeinsten Schimpfwörter mit spöttischer Freundlichkeit unter die Nase. Das Ende der Optionsfrist naht. Unter den 250.000 Südtirolern brodelt es gewaltig. Sie spalten sich in die Minderheit der „Dableiber“ und die Mehrheit der Auswanderer und die Risse entstehen sogar quer durch die Familienbande. Armut und Hunger schmerzen, Hitler lockt mit Arbeit, ebenen Feldern und beziehbaren Bauernhäusern irgendwo auf gelobtem deutschem Boden. Doch mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs kommt alles anders. Von den politisch manövrierten Versprechungen bleibt nur ein Scherbenhaufen zurück. Klaus Rohrmoser hat mit seiner Regie und mit einem 50-köpfigen Ensemble ein  authentisches Meisterwerk geschaffen. Die Tumulte auf dem Dorfplatz, die Einvernahme aller wichtigen Posten durch die Italiener, der Einzug der SS-Truppen, die emotionalen Beratungen dreier Generationen innerhalb der Familien wurden mit mitreißender Intensität inszeniert und sind gerade recht geraten, um alle Facetten des inneren Kampfes jedes Einzelnen „hüben wie drüben“ sichtbar zu machen. Das bewährte Team der Tiroler Volksschauspiele Telfs, darunter Lisa Hörtnagl, Jasmin Mairhofer, der Dölsacher Lucas Zolgar als studierter Sohn der Familie Tschurtschenthaler und sämtliche weitere Akteure lieferten die Geschichte „Das Gedächtnis der Häuser“ hautnah, aufregend und tief.

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