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Angst, wohin wir auch blicken. Foto: Martin Sanchez/Unsplash

Angst, wohin wir auch blicken. Foto: Martin Sanchez/Unsplash

Die Krise und die Corona-Verschwörung

Nicht jede Antwort auf ein Rätsel ist richtig. Umso wichtiger sind Faktenchecks.

Kürzlich erzählte ein Osttiroler Arzt, dass sich viele Menschen gar nicht mehr in die Ordination getrauen. Einerseits weil es heißt, man solle möglichst nicht zum Arzt gehen, andererseits aus Angst vor Corona. So sei jemand mit einem Blinddarmdurchbruch daheim geblieben, um sich nicht mit Covid-19 anzustecken. Wenn er als Arzt nun auch noch eine Maske trage, so der Arzt weiter, sorge das zusätzlich für Ängstlichkeit bei seinen PatientInnen. Angst, wohin wir auch blicken – und es ist kein Wunder. Diese Zeit ist neu, ist verwirrend und schwierig. Wenn es nur die Sorge vor der Ansteckung wäre, könnte man vielleicht damit umgehen, doch sie paart sich mit berechtigter Existenzangst und dem Zweifel, wie es weitergehen wird.

Cocooning und Videos, die die Welt erklären

In Zeiten großer Katastrophen igeln sich die Menschen ein. Nach dem 11. September 2001 sprach man vom Cocooning, dem Einnisten daheim. (Der Begriff geht auf die US-Trendforscherin Faith Popcorn zurück, die ihn 1981 erstmals verwendete.) Das erinnerte ein wenig an die Zeit des Barock, als die, die es sich leisten konnten, daheim saßen und üppige Muster und Dekorationen die Sorgen überdecken sollten. Was aber wenn das Daheim-Sitzen Teil der Katastrophe ist? Es gibt inzwischen etliche Initiativen, die Konzerte, Kabarett, Kunst und Unterhaltung digital ins Heim bringen. Das lenkt ab und hilft. Letztlich aber ist man doch auf sich selbst zurückgeworfen, ob im Homeoffice, mit Schulkindern, die betreut werden wollen, als PensionistIn oder weil man keine Arbeit hat oder sie derzeit nicht ausüben darf. Dann macht das Handy „bling“ und schon ist sie da, die Ablenkung. Ein Video. Eines von vielen. Die sozialen Medien bespielen uns derzeit fast ununterbrochen. Hier eine Karikatur, die einem ein Lächeln abringt, da ein Experte, der die Welt erklärt, dort ein Video, das die große Weltverschwörung wittert, gleich gefolgt von zehn anderen Videos, die dasselbe tun, nur mit anderen Antworten. Und dazwischen der eine oder andere Arzt, der gar nicht groß auf wichtig tut, sondern nur erklärt, was geschieht. Letzterer geht in der Menge unter.

Panzer, Geldgier und andere Erklärungen

Erst diese Woche tat sich eine Meldung besonders hervor: Aufnahmen von US-Panzern in Deutschland schienen endlich offenzulegen, was „wirklich“ dahinter steckt, dass man uns in Quarantäne verfrachtet hat. Viele fühlten sich bestätigt. Doch nein, wieder nichts. Es handelte sich lediglich um eine seit Jahren geplante internationale Militärübung, die aufgrund der aktuellen Krise frühzeitig beendet wurde. Die US-Panzer fuhren bloß zurück zum Sammelpunkt, um abtransportiert zu werden. Also wieder nichts mit der großen Auflösung des Rätsels. Diese wird es auch nicht geben. Schon gar nicht in geraumer Zeit. In vielen Jahren vielleicht. Um es jetzt zu durchschauen, fehlt die Information. Die Lücke liegt wie eine offene Wunde da und wartet geradezu darauf, von jemandem geschlossen zu werden. Ein Fest für all jene, die sich selbst inszenieren wollen. Sie schlagen Kapital aus unserer Verunsicherung, denn wenn wir uns etwas nicht erklären können, muss etwas Größeres dahinterstecken. Leider fehlen den meisten selbsterklärten Experten (ja, fast ausschließlich Männer, was uns viel darüber verrät, wem die Gesellschaft in der Krise glauben will) sowohl Fachwissen als auch Überblick, um die Lage real beurteilen zu können. Nur weil einer gut reden kann und in seinem Video auch gut aussieht, spricht er noch nicht die Wahrheit.

Die Verschleierung dessen, was wichtig sein könnte

Die Masche ist einfach. Sonore Stimme, leicht nach vorne gebeugter Oberkörper, um näher beim Zuschauer zu sein, legere Kleidung, denn das Publikum trägt wahrscheinlich nur einen Trainingsanzug; ernster Blick, am besten mit einer kleinen, senkrechten Falte über der Stirn; die Kamera so positioniert, als handle es sich um eine Webcam (oft ist es sogar eine solche). Dieses Understatement schafft Nähe. Im Hintergrund Musik, oder noch besser: keine Musik und das betont man als Sinnbild für die eigene Seriosität. Inserts sind hilfreich, ebenso ein Doktortitel oder der Gastauftritt eines Titelträgers. Dazwischen die Einspielung von Bildern und Videos, denn dann hat es das Publikum „mit eigenen Augen gesehen“. Alles leicht durchschaubar. Es lenkt davon ab, dass Fakten vertauscht und durcheinandergewürfelt werden. Dem Faktencheck hält kaum eines dieser Videos statt. Übrigens sei allen mimikama.at ans Herz gelegt. Dort weiß man, was Recherche bedeutet, und man verwendet sie, um Nachrichten aller Art auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Den Verschwörungsfanatikern wird diese Seite natürlich nur ein weiterer Beweis dafür sein, dass irgendwo eine Gruppe sitzt, die die Weltherrschaft vorbereitet. Das ist schade, denn es gäbe derzeit viel in der Politik zu beobachten, was sich nachträglich als langfristig wesentlich einflussreicher herausstellen könnte.
Daniela Ingruber, Demokratieforscherin am Austrian Democracy Lab der Donau-Universität Krems, analysiert wöchentlich in der Rubrik „Politik im Blick“ aktuelle politische Themen und erklärt deren Hintergründe.

10 Postings

Vlad Tepes
vor 4 Jahren

Apropos Verschwörung, zur Erinnerung, und zum nachdenken: (wer eimal lügt, dem glaub ich nicht) https://www.youtube.com/watch?v=ZkyL4NxJJcc&feature=youtu.be

 
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Dreieck
vor 4 Jahren

a) zeigen sich Influenza-Symptome sehr rasch mit ausgeprägtem Krankheitsgefühl => Bettruhe => weniger Leute werden angesteckt. Bei Sars-Cov2 dauert es sehr lange, bis sich erste Symptome zeigen, weshalb scheinbar gesunde Menschen mit vielen Kontakten Ärzte, Pfleger, Verkäufer etc) die Keime sehr weit streuen können. Stichwort zum Googeln: Basisreproduktionszahl b) geht es eh nicht um die Gefährlichkeit der Krankheit selbst, sondern (siehe auch Punkt a) darum, dass das Gesundheitssystem zu viele Kranke gleichzeitig nicht versorgen kann. Ob man dann wegen Corona, Influenza, Blinddarm oder einem Autounfall einen Arzt braucht ist egal, jedenfalls brauchen sehr viele gleichzeitig einen. Corona ist nicht statt Influenza und allem anderen am Werkeln, sondern gleichzeitig. Insofern bringt das Aufrechnen dieser Zahlen gegeneinander gar nichts, eher musst du sie zusammenzählen und wirst dann sehen, dass die Krankenhäuser so etwas nicht "derschnupfen".

 
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Klettermaxi
vor 4 Jahren

Biker, wie recht du doch hast...!!!! Deine Frage kann ich dir zwar auch nicht beantworten, doch bin ich absolut davon überzeugt, dass wir nicht lange mehr mit dieser Ansicht der Sachlage alleine dastehen werden...

 
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Nickname
vor 4 Jahren

Vielleicht kann jemand der sich auskennt meine folgende Frage beantworten: Wenn seit Jahrebeginn Weltweit ca. 119.000 Menschen an der Influenca verstorben sind (Quelle: https://www.worldometers.info), warum wird dann wegen der Coronapandemie mit bis jetzt knapp 35.000 Toten so ein Tamtam gemacht. Warum wird nicht bei ausbrechen der Influenca auch sofort die halbe Welt unter Quarantäne gestellt? Immerhin sterben auch bei der Influenca im Jahr zwischen 350.000 u. 650.000 Menschen? Ich bin mir jetzt schon darüber im klaren dass allein die Frage zu stellen mich in die Ecke der Verschwörungtheorethiker stellt aber im Moment komm ich mir schon wie ein "Entmündigter" vor. Momentan können gewisse Persönlichkeiten Ihre Allmachtsphantasien voll ausleben :-) und ob die Gesetze aufgrund derer man uns jetzt alle so schöne überwachen darf jemals wieder zurückgenommen werden wage ich zu bezweifeln. Das Volk sitzt brav zuhause währen die ganze Weltordnung auf den Kopf gestellt wird. Zitat Kurz: "Nach der Coronakrise wird die Welt eine Andere sein" Was auch immer er damit meint?

 
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    Daniela Ingruber
    vor 4 Jahren

    Hallo Biker, man ist kein Weltverschwörer, wenn man Fragen stellt. Man sollte bloß nicht jede obskure Erklärung dafür, was dahinterstecken könnte, glauben. Wenn wir aber wochenlang zu Hause sitzen, anders leben, anders arbeiten und viele Menschen um ihr Überleben kämpfen (nicht nur gesundheitlich, sondern auch wirtschaftlich), dann wird die Welt danach tatsächlich eine andere sein. Wir werden andere Gewohnheiten und wahrscheinlich andere Wünsche haben, wir werden einigen Menschen näher sein als zuvor, anderen weniger. Und wir werden viel damit zu tun haben, einige der jetzt hoffentlich sinnvollen Maßnahmen wieder loszuwerden.

     
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    Ultra95
    vor 4 Jahren

    @Biker Die Zahlen darf man nicht miteinander Vergleichen. Ich weiß nicht wie viele Millionen sich mit Influenza in diesem Jahr angesteckt haben, aber da sind die 119.000 Menschen zwar eine riesen Zahl aber prozentuell gesehen doch eher klein. Beim Coronavirus weiß man fast gar nichts da die Zahlen viel höher sind als die offiziellen, und bei einigen 100.00 infizierten sind 35.000 für mich sehr viele!

     
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      nikolaus
      vor 4 Jahren

      Ergänze " ... bei einigen 100.000 GETESTETEN Infizierten ...", denn da liegt der "Hund begraben". Bin schon gespannt, was die angekündigte Stichprobentestung von 2.000 personen zutage fördert.

       
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      Rene Bacher
      vor 4 Jahren

      @ultra95 Die Mortalitätsrate ist mit Vorsicht zu genießen bzw. muss neu ermittelt werden, denn hier wird auch jeder dazugezählt, der mit Corona gestorben ist - nicht AN Corona, sondern MIT Corona!

      Jeder Krebspatient, der an Krebs stirbt, der aber auch Corona hat, gilt als Corona-Toter!

      Und das offiziell bestätigt von RKI-Präsident Prof. Dr. Lothar Wieler, Leiter von dem Institut, von dem die Regierungen offiziell die Zahlen beziehen. Meiner Ansicht nach verdreht des die Tatsachen und verunsichert die Menschen.

      https://swprs.org/rki-relativiert-corona-todesfaelle/

       
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    steuerzahler
    vor 4 Jahren

    Die Todesfälle des Strassenverkehrs sind da noch viel beeindruckender. Ebenso Aids, und ähnliches. Aber das sind alles Todesfälle, die sich nicht wesentlich erhöhen, eher verringern. Der ungehemmte Verlauf der Corona-Infektionen wurde zum Glück nirgends zugelassen. Ohne diese einschränkenden Maßnahmen würde die Anzahl der Fälle explodieren. Wie rasch die Verbreitung erfolgen könnte sieht man am Fall Ischgl. Leider sind einige Prozent der Bevölkerung zu blöd, um eigenverantwortlich zu handeln. Das ergibt leider Maßnahmen, die manchmal überzogen erscheinen.

     
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      Nickname
      vor 4 Jahren

      Ganz zu schweigen von den 1.2 Millionen Menschen weltweit die an den folgen des Rauchens 2020 schon gestorben sind. Das schlimmste ist aber die Zahl derer die seit Jahresbeginn verhungert sind! 2,8 Millionen Menschen weltweit sind den Regierungen keine Massnahmen wert und mit den Rauchern macht man ja ein gutes Geschäft. (https://www.worldometers.info)

       
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