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Osterputz in Amlach: Die Fledermäuse können kommen

Das Gebälk der Ottilienkirche ist Wochenstube für das „Große Mausohr“. Freiwillige entfernten 165 Kilo Kot.

Am Freitag, 31. März, befreite eine kleine Gruppe Freiwilliger –  dolomitenstadt.at hatte angekündigt – die Ottilienkirche in Amlach von Fledermauskot. Acht Helfer:innen u.a. von der Pfarre Hl. Familie, dem Sonnengarten Lienz und der Naturkundlichen Gemeinschaft Osttirol (NAGO) packten kräftig mit an, um das Kirchengebälk wieder sauber zu kriegen. Fast zehn Jahre lang (seit der letzten Reinigung) hatte sich dort der Kot des Großen Mausohrs (Myotis myotis) im einzigen Wochenstubenquartier dieser Art in ganz Osttirol angesammelt.

Messnerin Marlene Bachmann verriet, dass einem der Geruch der Fledermausabsonderungen an heißen Tagen auch schon ab und zu in der Kirche in die Nase steigen kann, und nur Eingeweihte wissen dann, woher dieses seltsame Odeur stammt. Zumindest dieses Problem sollte nach der Großreinigung vorerst aber wieder für einige Jahre gebannt sein.

Das Große Mausohr hat in Amlach einen kirchlichen Wohnsitz. 300 bis 600 Individuen hängen sich im Sommer ins Gebälk der Ottilienkirche. Foto: Wikicommons/MissMhisi/CC BY-SA 4.0

Eine Wochenstube, wie sie in der Amlacher Kirche zu finden ist, besteht nur aus Weibchen und ihren Jungen. Die männlichen Exemplare dieser Art treiben sich irgendwo anders alleine herum. Die Koloniezahlen sind zwar ziemlichen Schwankungen unterworfen, aber so an die 150-300 Tiere (Muttertiere) werden jedes Jahr bei den Zählungen in Amlach verzeichnet. Die Jungtiere fliegen zur Zeit der Zählung im Juni noch nicht selbständig aus und können somit auch nicht erfasst werden. Da aber jedes Weibchen jährlich ein Junges gebärt, kann man davon ausgehen, dass doppelt so viele Tiere, also 300-600 Individuen im Amlacher Kirchenschiff ihre Sommerunterkunft finden.

Reinhard Prugger, Gerald Altenweisl, Tamara Furtlehner, Martin Ebenberger, Daniela Ortner und Petra Heinz-Prugger sind startklar. Später stießen noch Herbert Angerer, Marlene Bachmann und Michael Brugger zum Reinigungstrupp. Foto: Petra Heinz-Prugger

Bestens ausgerüstet mit Mundschutz, Brille, Stirnlampe, Handschuhen und Schutzanzug wurde zwei bis drei Stunden lang geklettert, gekehrt, geschaufelt, geschleppt und abgewogen. Fast 165 Kilogramm Fledermauskot konnten so letztlich eingesackelt werden. Mathematik-begeisterte dolomitenstadt-Leser:innen dürfen sich nun ausrechnen, welche Menge Kot eine Fledermaus pro Jahr produziert.

Gerald Altenweisl steckt „in der Scheiße“, könnte man meinen. Doch es ist „schwarzes Gold“! Fledermauskot ist in seiner Düngekraft mit Pinguin-Guano vergleichbar, für den man rund 25 Euro pro 1/4kg-Säckchen hinblättern muss. 

Solche und noch viele weitere interessante Details wusste Anton Vorauer, Beauftragter des Landes Tirol zu Fledermausfragen, bei seinem überaus spannenden und unterhaltsamen Vortrag am Nachmittag im Lindensaal der Gemeinde Amlach zu erzählen.

Vorauer räumte gleich zu Beginn mit vielen Irrtümern, Märchen und Fake News zum Thema Fledermäuse auf. Von Batman bis zu Vampiren wie Graf Dracula  - über die letzten Jahrhunderte wurden den Fledertieren, die mit lateinischem Namen eigentlich Handflügler (Chiroptera) heißen, unzählige Schauergeschichten zugeschrieben.

Viel Staunen war da auf den Gesichtern der rund 25 Zuhörer:innen im Gemeindesaal zu erkennen. Ihrem früher ziemlich schlechten Ruf werden die kleinen flugfähigen Säugetiere nämlich überhaupt nicht gerecht. Von den weltweit über 1000 Fledermausarten ernähren sich gerade einmal drei Arten von Blut. Diese Tiere, die man unter dem Namen Vampirfledermäuse kennt, kommen ausschließlich in den Tropenregionen der Erde vor. Und sie sind auch keine reißenden Bestien, die ihre Beute aussaugen, sondern sie verursachen mit ihren kleinen messerscharfen Zähnchen lediglich winzige Bisswunden an Rindern oder Hühnervögeln und lecken dann einige Tropfen Blut. Die größte Gefahr geht dabei nicht vom Blutverlust sondern von einer möglichen Infektion aus, die so ein Biss logischerweise mit sich bringen kann. 

Anton Vorauer räumte in seinem Vortrag mit vielen Irrtümern, Märchen und Fake News zum Thema Fledermäuse auf. Von den weltweit über 1000 Fledermausarten ernähren sich nur drei von Blut.

Für viele Zuhörer:innen überraschend war auch die Tatsache, dass einige Fledermäuse sogar Früchte fressen oder Nektarsauger sind und damit auch als Blütenbestäuber fungieren. Die allermeisten Fledermausarten aber ernähren sich von Insekten, wie auch alle Fledermäuse in Osttirol. Somit sind Fledermäuse überaus wichtige Schädlingsbekämpfer, zumal ein einziges Individuum, wie wir sie bei uns finden, eine Million Mücken pro Jahr vertilgt.

Unsere heimischen Fledermäuse haben keinen so guten Sehsinn wie ihre exotischen Verwandten, die Flughunde, dennoch sind sie nicht blind. Unsere Fledermäuse orientieren sich allerdings mit ihrer Fähigkeit, Töne im Ultraschallbereich (50.000-200.000 Hz) zu erzeugen. Damit können sie feststellen, wie ihre Umgebung aussieht und wo sich geeignete Beuteinsekten befinden. Für das menschliche Ohr, das nur Geräusche um die 20.000 Hz wahrnehmen kann, sind diese Töne glücklicherweise nicht hörbar. Glücklicherweise deswegen, weil die Fledermäuse mit voller Inbrunst schreien, um ihre winzigen Beutetiere zu verorten und dabei Lautstärken von über 130 Dezibel erzeugen. Das entspricht dem Lärmpegel eines Düsenjets auf der Rollbahn, wenn man direkt daneben steht. Zum Vergleich: ein knatternder Rasenmäher quält unsere Ohren mit ca. 75 Dezibel.

Fledermäuse benötigen abwechslungsreiche Lebensräume, in denen sie viele Insekten finden. Hecken, Waldränder, Blumenwiesen und Tümpel zu erhalten sind ein Garant dafür, dass man die nützlichen, pelzigen, nachtaktiven Tiere auch weiterhin bei uns antrifft. 

Im Winter, wenn sie nichts zu fressen haben, halten sie in gleichmäßig temperierten Höhlen Winterschlaf und senken in dieser Zeit ihren Puls auf einen Herzschlag pro Minute, eine faszinierende Tatsache, wenn man bedenkt, dass ihr kleines Herzchen während eines Jagdausflugs im Sommer bis zu 800 Mal pro Minute schlägt – Tiere der Superlative also.

Super sind aber nicht nur die Tiere selbst sondern auch ihre Absonderungen. Fledermauskot ist in seiner Düngekraft mit dem von Pinguin-Guano vergleichbar, für den man rund 25 Euro pro 1/4kg-Säckchen hinblättern muss. Wer sich für dieses schwarze Gold der Gärtner:innen, das auch noch regional und somit nachhaltig ist, interessiert, kann sich bei der Gemeinde Amlach gegen eine kleine Spende noch etwas abholen. Für alle fleißigen Helfer:innen war der Fledermaustag in Amlach jedenfalls ein voller Erfolg und die Amlacher Kirche ist nun wieder bereit für ihre Sommergäste.

„Ein Sackerl für das Gackerl“ reichte in diesem Fall nicht aus. Die freiwilligen Dachstuhlreiniger sammelten 165 Kilogramm Fledermauskot!
Petra Heinz-Prugger ist Naturpädagogin bei natopia, Nationalparkrangerin und Wiesenvogelbeauftragte des Landes Tirol. Bewusstseinsbildung für Natur- und Umweltschutz – besonders bei jungen Menschen – ist ihr eine Herzensangelegenheit.

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