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Aus der Sicht eines Zimmermädchens

Daniela Agu thematisiert in diesem Leserbrief den Personalmangel in der Hotellerie. 

In der Beratung begegnen uns Frauen, die als Zimmermädchen in Osttirol arbeiten. Das Projekt Inbus beratet Personen, die trotz Arbeit zu wenig Einkommen haben und damit unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle liegen. Der aktuelle Wert beträgt 60 Prozent vom österreichischen Durchschnittseinkommen, das ergibt 1.371 Euro netto monatlich für einen Einpersonenhaushalt (12 x im Jahr). Darin sind schon die Sonderzahlungen enthalten. Wer weniger als 1.175,00 Euro am Gehaltszettel hat, gilt in Österreich als armutsgefährdet. Da Zimmermädchen oft nur geringfügig oder in Teilzeit arbeiten, liegt ihr Einkommen häufig darunter.

Nicht allein die Bezahlung ist ausschlaggebend, ob eine Arbeitskraft zufrieden ist. Es spielen noch weitere Faktoren mit. Erstens: die Arbeitsbelastung (wird auch als „Workload“ bezeichnet). Ich höre Klagen darüber, in was für einem Zustand die Gäste das Hotel verlassen. Da sei der Phantasie keine Grenze gesetzt. Rechtlich gesehen gilt eine über das normale Maß hinausgehende Verschmutzung als unzumutbar und wäre vom Verursacher zu beseitigen. In der Praxis bleibt diese jedoch am Reinigungspersonal hängen. Rückenleiden sind in dieser Branche signifikant, nicht zuletzt auch wegen der schweren Putzwägen. 

Harte Arbeit, wenig Lohn und Anerkennung. Im Bereich der touristischen Zimmerreinigung gibt es hohe Fluktuation und Unzufriedenheit. Foto: Unsplash/Andrey Popov

Ein weiterer Faktor ist Leistungsdruck. Pro Zimmer steht der Reinigungskraft nur eine sehr kurze Zeitspanne zur Verfügung. Genau dann, wenn Gäste abreisen, steigt der Druck. Die schweren Matratzen müssen im Eiltempo gehievt und frisch bezogen werden, die Endreinigung braucht mehr Zeit, alles muss desinfiziert werden. 

Zuletzt fehlt sehr oft die Anerkennung. Zimmermädchen arbeiten alleine und haben wenig Kontakt während der Arbeit. Sie bekommen selten Lob, es wird ihnen zehn Mal häufiger gesagt, wenn etwas nicht passt. Das führt die Frauen schnell in eine Gratifikationskrise. Es wirkt auf sie, als mache ihre harte Arbeit wenig Sinn, als werde sie nicht bemerkt. Aus diesem Grund gibt es im Bereich der Zimmerreinigung hohe Fluktuation und Unzufriedenheit. 

Eine Überlegung für die Hotelbetreiber wäre, den Gästen nahezulegen, die Zimmer in einem annehmbaren Zustand zu verlassen, oder bei Zuwiderhandlung monetäre Nachforderungen anzudrohen. Um die finanzielle Situation der Frauen zu verbessern, sind die Betriebe gefragt. Bei Vollzeit beträgt der Kollektivlohn 1.396,24 € netto. Vollzeit ist mit Familie nicht möglich. Mit weniger Zeitdruck und einer guten Anbindung an das Team, mit regelmäßigem, positivem Feedback und Austausch über mögliche Qualitätsverbesserungen wäre die Arbeit schon um einiges leichter.  

In der Beratung suchen wir nach einer Weiterentwicklung, einer Höherqualifizierung, nach anderen Jobchancen. Zusätzliche Jobs neben der Tätigkeit als Stubenmädchen sind für keine Frau eine Option. Als Beraterin im arbeitspolitischen Kontext überlege ich auch, ob es möglich wäre über Ergonomie den Prozess zu erleichtern. Ein Team von Ergotherapeuten, Technikern, Gastronomen und Investoren könnte gemeinsam überlegen, welche Maßnahmen in der Zukunft die Situation dieser Arbeitskräfte erleichtern könnten. Matratzenhebevorrichtungen? Intelligente Saugroboter? Bessere Reinigungsmittel und Geräte? Weniger belastende Bewegungsabläufe? Elektrisch fahrende Putzwägen? Viele gute Systeme sind bereits in Kliniken im Einsatz. Vermutlich könnte man einiges auch in der Hotellerie einsetzen oder ganz neue Ideen entwickeln.  

Es ist möglich, dass Schulungen helfen, dazu welche Bewegungen zu vermeiden sind, wie man rückenschonend arbeitet in diesem Quereinsteigerjob. Anscheinend ist es an der Zeit, diese Aufgabenstellung genauer zu betrachten und Lösungen zu finden.

Daniela Agu arbeitet als Pädagogin, Sozialberaterin und Sprachtrainerin in Lienz. Als Betreuerin in der Osttiroler Zweigstelle von Inbus berät sie Menschen, die einen Arbeitsplatz haben und dennoch an oder unter der Armutsgrenze leben.

10 Postings

mathaeus
vor einem Jahr

....Abertausende Rentner müssen noch viel weiter drunter über die Runden kommen ......

 
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leiWEITERso
vor einem Jahr

„Eine Überlegung für die Hotelbetreiber wäre, den Gästen nahezulegen, die Zimmer in einem annehmbaren Zustand zu verlassen oder bei Zuwiderhandlung monetäre Nachforderungen anzudrohen!“ Danke Frau Agu, ich hatte heute nicht viel zu lachen, diese Aussage hat mich dann doch auf ganz besondere Art erheitert. Wenn man wie Sie offensichtlich nicht die mindeste Ahnung von Wirtschaft hat, nicht weiß was tatsächlich in den (Hotel)Betrieben abläuft, auch keine Einblick hat, was gute Etagenfachkräften tatsächlich verdienen, dann sollte man bei Pädagogik, Sozialberatung und Sprachtraining bleiben und derartigen unqualifizierte Aussagen für sich behalten. Und abschließend: es heißt Etagenfachkraft und nicht Zimmermädchen/männchen…!

 
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    Stadtner
    vor einem Jahr

    Wenn man auf Stepstone Jobs sucht bekommt man 440 Stellen in Tirol angezeigt. Bei keiner dieser Stellen erfolgte eine gesetzlich vorgeschriebene Lohnangabe. Warum wohl? Stelle dezidiert als Etagenfachkraft wird keine einzige angezeigt. (Etagengouvernante) ja. Bei Hogast werden nur Housekeeping Stellen angezeigt keine Etagenfachkräfte. Und was hilft der geschönte Begriff, was zählt ist die Realität. Kroatische und ungarische Bekannten die in renommierten Tiroler Hotels gearbeitet haben, haben das eher so wie Frau Agu geschildert, nicht wie Sie. Diese haben die Hotelerie aus diesem Grund verlassen. KV Lohn für ungelernte Kräfte ist zur Zeit ca. 1.690€ brutto, das sind ca. 1.330 netto.

     
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    unholdenbank
    vor einem Jahr

    ====>@leiWEITERso: Wenn man zu wenig bezahlt, weicht man in Umbenennung aus. Von der "neuen", lächerlichen Bezeichnung Etagenfachkraft kann sich keiner was abschneiden. Diesen Trick haben schon die Habsburger angewandt, indem sie "Mitarbeiter" zu Hofräten etc. ernannt haben, ohne mehr zahlen zu müssen. Wenn man wie Sie in der Sache nix zu sagen hat, weichen Sie ins Persönliche aus. Schlechter Stil - da mögen Sie noch so viel Ahnung von der Würrrrtschaft haben!

     
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      Senf
      vor einem Jahr

      du meinst den unwirklichen hofrag, der wirkliche und ums herrenhaus angesiedelte hofrat hatte ja ein w dazubekommen, also "w Hofrat". Geschichte Österreichs ...

       
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Bergtirol1
vor einem Jahr

.. Also bei dem Satz "Schulungen wie man rueckenschonend arbeiten kann" - - ist mir doch glatt ein schmunzeln entronnen😊 Bei einem Arbeitsplatz wo man als Etagenmaedchen einen Stock, sprich bis zu 20 Zimmer alleine bewerkstelligen muss - - das ganze noch mit der Stoppuhr im Genick, da ja teilweise täglich An/Abreisen erfolgen, da hilft einem die beste Schulung..... NICHTS!! Hilfe wäre eine zusätzliche Arbeitskraft oder weniger Zimmer oder weniger Stoppuhr, das würde jedem einzelnen Arbeitnehmer wider Freude machen sich für die Hotelerie zu bewerben! Von Bezahlung und Wochenendarbeitszeit rede ich dann noch gar nicht! Vielleicht nimmt sich ja doch der eine oder andere Arbeitgeber die Sorgen des Personals an und übernimmt den einen oder anderen Lösungsansatz!!!

 
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Zahlen-lügen-nicht..
vor einem Jahr

Meine Frau war bis vor ein paar Jahren auch in diesem Job tätig. Der Lohn ist noch nahezu ident wie vor 10 Jahren, obwohl sich die Zimmerpreise wohl verdoppelt haben. Die Arbeitsbelastung körperlich und psychisch war enorm, teilweise von morgens 7 bis 20:00, und wenn einmal nichts war, wurden sie sofort heimgeschickt, und die Stunden noch vom Urlaub abgerechnet. In einem Hotel wurde sie ohne ihr Wissen zuerst gar nicht angemeldet, und in einem anderen wurde sie genötigt schwarz zu arbeiten, gut das sie dann da weg ist. Wochenende, Feiertage immer durch ohne einen Euro mehr. Und was für sie ganz schlimm war, war in der Zwischensaison der Gang zum AMS. Dort kam sie sich vor wie ein Bittsteller, man muss sich jedesmal bis auf die Unterhose ausziehen um ein paar Euro zu bekommen. Sie hat dann mit Mitte 30 noch eine Ausbildung im Pflegenereich gemacht und verdient jetzt aufs Jahr aufgerechnet locker das Doppelte. Der Job ist auch nicht immer ganz einfach, aber die Wertschätzung ist ganz eine andere.

 
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    Senf
    vor einem Jahr

    ... wie wahr, so läuft es vielfach. Leider für viele junge Mädchen, die anfangs voller Elan dieser Arbeit nachgehen, letztendlich aber nach der ersten Saison für dieses Gewerbe verloren sind weil sie - wie ihre Frau - in andere Berufssparten abwandern.

    Mich wundert es, dass Vorzeigbetriebe nicht gegen solche Praktiken ihrer Mitbewerber vorgehen, sie schaden letztendlich der gesamten Branche.

     
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Senf
vor einem Jahr

burgi, da hast tatsächlich mal recht.

leider zahlen die meisten hotelbetreiber nach kollektiv. für eine besserstellung könnte sich die aber die arbeiterkammer in der sozialpartnerschaft und auch die wirtschaftskammer stark machen.

nachdem aber die AK-lienz in person des herrn kollreider (ehem. hypo tirol) mit herrn zangerl und die WK-lienz in person frau michaela hysek-unterweger (privatunternehmerin) mit der bundesvorsitzenden, in person frau martha schultz "bundesvorsitzende von FRAU in der wirtschaft in der WKÖ" ein und dieselbe parteiideologie vertreten, werden die unterbezahlten zimmerfrauen/männer in nächster zeit wohl kaum besserstellungen erwarten und sich daran erfreuen können.

da helfen auch die feststellungen der sozialpädagogin recht wenig, so ist das nunmal in der alpenrepublik mit der urlaubsdestination osttirol.

 
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Burgi
vor einem Jahr

Alles sinnvolle Vorschläge von Frau Agu, dennoch wäre vor allem auch ein angemessener Lohn für diese körperlich sehr schwere Arbeit ein wichtiges Zeichen der Anerkennung! Ist es in der heutigen Zeit der massiven Teuerungen überhaupt noch möglich, mit nicht einmal 1400€ pro Monat über die Runden zu kommen? Kein Wunder, wenn niemand diesen Job machen möchte oder nur, wenn einem nichts anderes übrig bleibt!

 
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