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Benkos Milliarden-Monopoly durch die Grüne Brille

Nina Tomaselli brachte in Innsbruck viel Erhellendes ins Dunkel des einst gefeierten Immobilien-Wunderwuzis.

Schulabbrecher, milliardenschwerer Bankrotteur und nach dem zuletzt bekannt gewordenen Jagdausflug nun auch Pleitegeier - der einst gefeierte Immobilien-Tycoon René Benko gilt nicht erst seit dem Bekanntwerden seines nach wie vor ungebrochenen Luxuslebens als eine Person, von der sich nicht nur die Politik, sondern auch die Medienlandschaft zu distanzieren versucht. 

Dabei haben beide vor allem am Aufstieg, aber auch am viel zu spät bekannt gewordenen Fall des einst sympathischen und auch findigen Spekulanten einen großen Anteil. Die Grüne Nationalratsabgeordnete Nina Tomaselli gab am Donnerstagabend, 21. November, bei einer öffentlichen Veranstaltung in Innsbruck Einblicke in Geschäftspraktiken, die teilweise vom Regierungsapparat unterstützt wurden und erst durch die Pleiten im Benko-Universum zu Machenschaften herabgestuft wurden. 

Im Schulunterricht würde der von ihr bereits im Juni vorgelegte Abschlussbericht wohl unbewertet bleiben, denn einen Benko-Untersuchungsausschuss mit Blick in die jüngere Vergangenheit sucht man vergeblich. Dennoch hat sich die Vorarlberger Abgeordnete im Rahmen der Aufarbeitung des COFAG-Untersuchungsausschusses dazu entschlossen, die Frage nach der „Zwei-Klassen-Verwaltung durch die Begünstigung von Milliardären durch ÖVP-Regierungsmitglieder“ auf die Causa Benko zu beschränken. 

Sie nahm die jüngste Aufregung um den gemeinsamen Jagdausflug von Georg Dornauer und René Benko zum Anlass, den Grünen Untersuchungsbericht auch in Tirol noch einmal auf den Tisch zu legen. So viel vorweg: Der Bericht gibt aus Sicht der Grünen Mandatarin einen klaren Blick auf einzelne, bereits medial kolportierte Vorgänge, liefert aber auch Informationen aus mehreren Untersuchungsausschüssen, die bisher weniger im Fokus des öffentlichen Interesses standen. 

Nina Tomaselli hat einen 100-seitigen Bericht im Taschenbuchformat verfasst. Titel: „SIGNA-Pleite – Wie konnte das passieren?“ Der Bericht gibt einige Antworten darauf. Foto: Dolomitenstadt/Steger

Für Tomaselli, die sich, wie sie selbst sagt, schon in ihrer Zeit als Landtagsabgeordnete, also vor 2019, mit René Benko beschäftigt hat, steht fest: „René Benko ist ein gewiefter Geschäftsmann, der es über gute Kontakte, die er sehr gut gepflegt hat, zum Milliardär gebracht hat. Er wurde immer hofiert. Eine 62-Meter-Yacht macht auch Eindruck und das hat dazu geführt, dass man bei vielem, was er gemacht hat, auch weggeschaut hat“, so die Grüne Abgeordnete mit Blick auf die Hypo Vorarlberg. Diese habe interne Warnungen in den Wind geschlagen und Benko Blanko-Kredite gewährt, so Tomaselli. 

Detaillierte Einblicke gibt der rund 100-seitige Bericht im Taschenbuchformat auch in die Verbindungen zum damaligen Bundeskanzleramt unter Sebastian Kurz. Während Treffen wie jenes, bei dem Sebastian Kurz dem russischen Autokraten Wladimir Putin René Benko als „einen der ganz großen österreichischen Unternehmer“ vorstellte, durchaus zu den österreichischen Gepflogenheiten gehören, zeigen "streng vertrauliche Unterlagen" aus dem Bundeskanzleramt, dass dieser wohl auch als Investorenvermittler für René Benko in Abu Dhabi auftrat. So sei das Gesprächsziel von Ex-Bundeskanzler Kurz bei einer medial groß inszenierten Reise 2018 „Signa und Mubadala“ gewesen. Das ist jener Staatsfonds, der seit diesem Sommer 758 Millionen Euro vom insolventen Tiroler fordert. 

Wie offenbar willfährig die zahlreichen Steuerwünsche Benkos über weit mehr als ein Jahrzehnt erfüllt wurden, zeigt der Tomaselli-Bericht an einer Stelle, die sich mit dem Finanzamt Innsbruck beschäftigt. Dabei ist auch von Druck aus ÖVP-geführten Ministerien die Rede. Als Beispiel dient der sogenannte Tuchlaubenkomplex, eine Immobilie in der Wiener Innenstadt, die mehrfach von einem Signa-Konstrukt ins nächste wechselte. Im Jahr 2008 stieg der Wert der Immobilie innerhalb von nur zwei Wochen um 54 Millionen Euro.

Der Gewinn floss laut Tomaselli in die Laura Privatstiftung von René Benko. Daraus entstand eine Steuerschuld, die Benko bis 2018 nicht beglichen hatte. Das Finanzamt bot der Signa an, auf die Feststellung einer verdeckten Gewinnausschüttung zu verzichten, wenn sie 50 der 54 Millionen Euro nachversteuere. Signa bestand jedoch darauf, nur 35 Millionen zu versteuern. Ein Deal, auf den sich das Finanzamt Wien nicht einlassen wollte, woraufhin Signa ihren Sitz nach Innsbruck verlegte. Auch dort weigerte sich das Finanzamt zunächst, das Veranlagungsverfahren durchzuführen.

„Das Argument von Edi, Benko habe 5.000 Arbeitsplätze gerettet, kann ich nicht nachvollziehen, weil es anders kommen wird - Benko möchte ja nur die Immobilien.“

Vorstand des Finanzamts Wien, der die Steuererleichterung für Benko ablehnte.

Nach Telefonaten mit Eduard Müllner, dem stellvertretenden Generalsekretär des von der ÖVP geführten Finanzministeriums, entschied sich das Finanzamt Innsbruck, das Verfahren zu den von den Spitzenbeamten des Bundesministeriums für Finanzen gewünschten Bedingungen durchzuführen. Benko ersparte sich die Nachzahlung von 14 Millionen Euro und damit 3,5 Millionen Euro Körperschaftssteuer. Offenbar war Müllner zuvor bei der Wiener Finanzdirektion abgeblitzt, obwohl er für Benko mit dem Argument lobbyiert hatte, dieser habe durch die Übernahme von Kika/Leiner 5.000 Arbeitsplätze gesichert. Dazu wurde im U-Ausschuss auch ein E-Mail vorgelegt, das zeigt, dass der damalige Wiener Finanzamtsvorsteher die Pläne Benkos bereits ahnte: „Das Argument von Edi, dass Benko 5.000 Arbeitsplätze gerettet hat, kann ich nicht nachvollziehen, weil es anders kommen wird - Benko will nur die Immobilien“.

Wie Benko seine politischen Kontakte steuerschonend für sich arbeiten ließ, zeigen auch die Vorgänge rund um einen in Innsbruck stationierten Privatjet, den Benko nutzte. Der Jet, ein Bombardier Global Express, gehört einer Firma, die das Flugzeug an Benkos Laura Privatstiftung vermietete. Dadurch entstanden Kosten in Millionenhöhe, die sich Benko als entgangenen Gewinn anrechnen ließ, was ein Steuerprüfer im Untersuchungsausschuss mit den Worten zusammenfasste: „Der Steuerzahler hat dieses Flugzeug bisher mit 9 Millionen Euro mitfinanziert“. In diesem Fall hatte das Finanzamt Kufstein/Schwaz die für Benko steuerlich ungünstige Liebhaberei abgelehnt. „Gut, dass der Flieger geklärt ist“, ließ Thomas Schmidt, der mittlerweile als Hauptbelastungszeuge in der Aufklärung der ÖVP-Korruptionsaffäre gilt, René Benko einen Tag später wissen. Erst der Wechsel des zuständigen Finanzamtes führte zu einer Neubewertung und einer Steuernachforderung von vier Millionen Euro. Im Zuge der Befragung im Untersuchungsausschuss konnte der zuständige Finanzbeamte die Vorgangsweise des Finanzamtes Kufstein/Schwaz nicht nachvollziehen. 

Der Bericht der Grünen befasst sich auch an vielen anderen Stellen mit den Luftschlössern Benkos. So habe die Aufwertung seiner Immobilien von 6,5 Milliarden Euro im Jahr 2014 auf 28 Milliarden Euro im Jahr 2023 auch bei zahlreichen Banken dazu geführt, dass mehr auf Symbolik als auf wirtschaftliche Vernunft gesetzt wurde. Unterstützung erhielt Benko auch von zahlreichen Medien, die sein Luxusleben mit Schlagzeilen wie „Der fabelhafte Mr. Benko“ in den Vordergrund stellten.

Benko hingegen agierte laut grünem Bericht in seinem Hochrisikospiel, das nur unter einer Niedrigzinspolitik möglich war, nach dem Motto: „Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren“. Dass er dies ohne Skrupel auch auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen austrug, zeigen die Insolvenzen von Galeria Karstadt Kaufhof und Kika/Leiner, denen insgesamt rund 25.000 Beschäftigte zum Opfer fielen. Insgesamt flossen in Deutschland und Österreich auch mehrere hundert Millionen Euro an öffentlichen Geldern in die Rettung dieser Arbeitsplätze, die letztlich dennoch scheiterte.

Der offizielle Abschlussbericht des COFAG-Untersuchungsausschusses konnte im Gegensatz zum Bericht der Grünen keine direkte Begünstigung von ÖVP-nahen Milliardären feststellen. Die untersuchten Steuerakten von René Benko hinterließen jedoch einen „faden Beigeschmack“, so der Abschlussbericht. Ein Gschmäckle, das für Tomaselli auch der mittlerweile nach Brüssel abgewanderte Finanzminister Magnus Brunner hinterlässt, der sich laut Tomaselli weiterhin weigert, offen zu legen, was Benko dem österreichischen Fiskus schuldet. Sie warnt die SPÖ im Hinblick auf die Aufklärung der Vorgänge in der Causa Benko davor, das Justizministerium in den Regierungsverhandlungen der ÖVP zu überlassen.

Michael Steger hat Politikwissenschaft studiert und arbeitet als freier Journalist in Innsbruck. Der versierte Reporter berichtet für Dolomitenstadt über aktuelle Themen rund um die Stadt- und Landespolitik.

2 Postings

defregger
vor 2 Wochen

Die Gesetze müssen geändert werden (die Politik muss handeln ) wer gesetzmäßig agiert und den Reibach macht, macht nichts falsch. Vllt. macht ja Kickl damit Schluss, siehe Steirerwahl, von den Gutsherren ist nichts, aber auch gar nichts zu erwarten- gewesen- jetzt sowieso nimmer.

 
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juchehh
vor 3 Wochen

Österreich die Bananen Republik!

 
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