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„Es ist ein tolles Gefühl, wenn man bei der Siegerehrung aufgerufen wird“, sagt Mathe-Experte Raphael Korber. Foto: privat

„Es ist ein tolles Gefühl, wenn man bei der Siegerehrung aufgerufen wird“, sagt Mathe-Experte Raphael Korber. Foto: privat

Mit Köpfchen siegen: Raphael rockt den Känguru-Test

Mit voller Punktzahl steht der Zehnjährige ganz oben auf dem Podest. Klassenkame­radin Laura liegt nur knapp hinter ihm.

Um 8.30 Uhr rauchen in der Volksschule Michael-Gamper schon die Köpfe. Im bunten Klassenzimmer der 4A knobeln die Schülerinnen und Schüler an den Aufgaben des Känguru-Wettbewerbs. Während ihre Mitschüler:innen in Zweierteams versuchen, die Logikaufgaben zu knacken, erzählen mir Raphael Korber und Laura Weiler im Klassenzimmer nebenan von ihren tollen Ergebnissen beim diesjährigen Mathewettbewerb. Die beiden 10-Jährigen haben die besagten Aufgaben bereits Ende März gerechnet und das mit Erfolg. Von 24 Mathebeispielen konnte Raphael alle korrekt lösen. Laura ist mit ihren 23 richtigen Lösungen auch sehr zufrieden.

Der Wettbewerb „Känguru der Mathematik“ sticht mit seinem besonderen Knobelcharakter heraus. Einmal im Jahr wird der Test in über 80 Ländern durchgeführt. Die Aufgaben werden von den teilnehmenden Ländern zum Teil adaptiert und an den nationalen Lehrplan angepasst. Allein in Österreich nehmen jährlich mehr als 100.000 Schüler:innen vom Volksschulalter bis zur Maturaklasse teil. Ziel des Wettbewerbs ist es, die Begeisterung für Mathematik bei Kindern und Jugendlichen zu steigern und ihnen mathematische Impulse außerhalb des Unterrichts zu geben.

Raphael und Laura würden gerne fliegen können, weil man sich lange Wege erspart und alles von oben überblicken kann. In Mathe sind sie allemal auf Höhenflug. Fotos: Dolomitenstadt/Seifter

„Der Känguru-Test wird schulintern unter strengen Wettbewerbsbedingungen durchgeführt. Die Kinder haben 60 Minuten Zeit, die Aufgaben zu bearbeiten. In dieser Zeit dürfen sie den Raum nicht verlassen, auch nicht, um auf die Toilette zu gehen. Die teilnehmenden Schüler:innen haben nur die Angabezettel, den Antwortbogen, einen Bleistift und einen Becher Wasser auf ihren Tischen“, erklärt die Direktorin der VS Michael-Gamper, Carolin Steiner.

Bereits das dritte Jahr in Folge war Raphael heuer beim Känguru-Test dabei. Zweimal holte er sich in der Landeswertung Silber. Bei der diesjährigen Siegerehrung am 5. Mai in Innsbruck stand er mit 120 von 120 Punkten am obersten Stockerlplatz. Den ersten Platz teilte sich Raphael mit zwei Nordtiroler Jungs, die ebenfalls die volle Punktezahl erreichten. Da Platz eins ex aequo von drei Teilnehmern belegt wurde, entfielen die Urkunden für Platz zwei und drei. Aufgrund dieser Regelung verpasste Laura mit ihren ebenfalls starken 115 Punkten knapp das Stockerl und landete auf Platz vier. 

Laura und Raphael sind in der Kategorie Écolier angetreten. In dieser Gruppe gilt es, 24 Aufgaben aus dem Stoffgebiet der 3. und 4. Schulstufe zu lösen. Der Schwierigkeitsgrad steigert sich über die Aufgaben hinweg – die Teilnehmenden arbeiten sich von Beispielen, bei denen jeweils drei bis vier Punkte zu holen sind, bis zu den schwierigen 5-Punkte-Aufgaben voran. Zu den letzten Beispielen gelangen in der knapp bemessenen Arbeitszeit meist nur die fortgeschrittensten Rechner:innen. 

Dass er in diesem Jahr zum ersten Mal alle Aufgaben in 60 Minuten bearbeiten konnte, macht Raphael besonders stolz. Bei seinen letzten Teilnahmen hat er aus taktischen Gründen bei gewissen Rechenrätseln keine Lösung angegeben: „Aufgaben, bei denen ich mir nicht sicher war, habe ich ausgelassen. Denn bei einer falschen Antwort bekommt man Punkte abgezogen.“

Auf den Känguru-Test haben sich Laura und Raphael mit Wettbewerbsbeispielen aus den vergangenen Jahren vorbereitet.

Würfeln, Zählen und natürlich manchmal auch Gewinnen waren wohl immer schon Raphaels Ding. „Mensch-Ärgere-Dich-Nicht war früher mein Lieblingsspiel“, erzählt der junge Mathe-Champion und ergänzt: „Außerdem habe ich bei meiner großen Schwester oft geschaut, was sie so rechnet.“ In der ersten Klasse war der Matheunterricht für Raphael ziemlich langweilig, da die Aufgaben für ihn keine Herausforderung waren: „Das einfache Addieren konnte ich schon, 8 + 5 und so, das war mir zu fad.“ 

Mittlerweile findet er die Knobelplakate im Unterricht am spannendsten. Er und seine Mitschüler:innen versuchen dabei, die mathematischen Rätsel, die auf großen Postern abgebildet sind, zu lösen. Klassenlehrerin Wanda Rohracher setzt sie zur Auflockerung im Unterricht und zur Wiederholung des Gelernten ein. Gerätselt wird im Team und als Belohnung gibt es ein Zuckerl. Den Süßigkeiten-Ansporn braucht Raphael nicht, er mag es gerne, wenn der Kopf raucht, und schildert haargenau ein besagtes Knobelrätsel aus dem letzten Schuljahr. Raphael hat den Blick fürs Detail und das nicht nur beim Rechnen. „Wenn mal im Unterricht etwas nicht ganz nach Plan verläuft, fällt das dem Raphael gleich auf“, schmunzelt Wanda Rohracher. Auf die Frage, was er denn an Mathe so gerne mag, antwortet Raphael: „Dass man nicht so viel schreiben muss wie in Deutsch.“ Er redet nicht gerne um den heißen Brei herum, dafür meint er das, was er sagt, auch so.

„Ich mochte immer schon lieber Zahlen als Buchstaben.“

Raphael Korber

Seine Gedanken in Worte zu fassen, fällt Raphael manchmal schwer. „Bei der letzten Mathe-Schularbeit gab es ein Beispiel, das für mich ganz logisch war, aber ich hab mir schwer getan, die Antwort zu schreiben.“ Generell bevorzugt Raphael Aufgaben, die man im Kopf rechnen kann. Notizen macht er sich auch beim Känguru-Test kaum. Wenn der Rechenkünstler ein Mathebeispiel nicht auf Anhieb knacken kann, lässt er sich nicht unterkriegen: „Ist halt so. Ich mache dann erstmal bei den anderen Aufgaben weiter, um keine Zeit zu vergeuden.“

Wenn seine Mitschüler:innen im Matheunterricht mal nicht so schnell sind wie er, stört das Raphael nicht: „Das ist komplett wurscht.“ Er meint, jeder sollte auf sich selbst schauen und geduldig sein. Ist der Viertklässler mit den Aufgaben früher fertig, hilft er den anderen Kindern gerne auch weiter: „Laura und ich können dann Hilfslehrer sein. Wir dürfen Tipps geben, aber nicht das Ergebnis verraten.“ An anderen Tagen sammeln die schnellen Rechner:innen in ihrem Rechenspiel am Computer weiter Punkte.

„Meine Lieblingszahl ist 7, weil viele Fußballstars die Nummer 7 haben.“

Raphael Korber

In die Schule geht der talentierte Rechner grundsätzlich gerne, nur die Ferien gehen ihm manchmal zu schnell vorbei. Neben Mathe zählen auch Turnen und Religion zu seinen Lieblingsfächern. „Nicht so viel Spaß machen mir heuer die Werkstunden, weil wir viel häkeln. Ich mache lieber was mit der Säge oder dem Hammer“, erklärt Raphael. Später möchte er einem handwerklichen Beruf nachgehen.

Im Herbst steht aber erstmal der Wechsel in die weiterführende Schule an. Raphael hat sich für das BG/BRG Lienz entschieden. Besonders auf die Experimente in Physik und Chemie freut er sich im neuen Schulalltag. Durch die Türen des Gymnasiums spaziert der Volksschüler allerdings jetzt schon regelmäßig. Aufgrund seiner ordentlichen Leistungen beim „Känguru der Mathematik“ darf er heuer schon gemeinsam mit den „Großen“ im Mathe-Wahlfach von Harald Wittmann rechnen.

„Wenn wir in der Schule Rechenkönig spielen, setzt sich mein Gegner meist schon nieder bevor die Kopfrechenaufgabe überhaupt gesagt wird”, schmunzelt Raphael.

An Wettbewerben möchte Raphael auch in den kommenden Jahren weiter teilnehmen. Der Spaßfaktor ist natürlich das Wichtigste, aber der Zahlenakrobat ist schon mit Fokus bei der Sache. Sein Können zu beweisen, ist auch immer mit etwas Nervosität verbunden, dafür hat Raphael jedoch ein Hilfsmittel: „Ich habe einen Glückspulli, den ich an besonderen Tagen anziehe.“ Ob der Pulli geholfen hat oder nicht - der Kopf hat auf alle Fälle einiges geleistet, und das wird auch belohnt. Neben einer Urkunde bekommen die Sieger:innen auch einen Tyrolia-Gutschein. Raphael kauft sich damit weitere Bände seiner Lieblingsbuchreihe „Das Lustige Taschenbuch“. Über 20 Ausgaben hat er davon bereits gelesen.

„Es ist ein tolles Gefühl, wenn man bei der Siegerehrung aufgerufen wird.“

Raphael Korber

In seiner Freizeit spielt Raphael Fußball und Eishockey. Richtig aus sich herauskommen kann er außerdem beim Schlagzeugspielen. Nach einem Einführungskurs in Schach hat Raphael auch das Schachspielen für sich entdeckt. Laura und er spielen seitdem hin und wieder vor Unterrichtsbeginn eine Partie. Gemeinsam rechnen und Schachspielen können die beiden auch noch im nächsten Jahr, denn Laura hat sich ebenfalls für das Gymnasium entschieden. Aktuell ist die 10-Jährige noch besonders engagiert beim Buddy-Projekt der Volksschule. Sie hilft den Erstklässlern beim Eingewöhnen und schlichtet auch den einen oder anderen Streit. Neben dem Rechnen bereitet ihr auch das Musizieren Freude. Sie spielt seit drei Jahren Oboe und ist damit auch bei Bewerben wie „Prima la Musica“ äußerst erfolgreich.

„Es ist wichtig, den Kindern zu vermitteln, dass jeder seine eigenen Stärken und Talente hat. Die Klassengemeinschaft der 4A ist wirklich toll, da sich die Schüler:innen gegenseitig wertschätzen und auch unterstützen“, freut sich Klassenvorständin Rohracher und erzählt gemeinsam mit den Kindern, was für tolle Talente sich in der 4. Klasse so befinden. Während Laura und Raphael so außerordentlich im Rechnen sind, können ihre Mitschüler:innen gut schwimmen oder mehrere Sprachen sprechen. Manche sind besonders einfühlsam und sogar von der Kunst, Hühner zu dressieren, ist die Rede.

Lea Seifter hat am BG/BRG Lienz maturiert, studiert Kommunikation in Wien und arbeitet als Jungreporterin für dolomitenstadt.at.

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