Nach der Musterung tritt von den tauglichen Burschen etwa die Hälfte den Wehrdienst an, die andere Hälfte absolviert neun Monate Zivildienst. Doch in Tirol gibt es aktuell einen Zivildiener-Mangel. Während die Anzahl der Zivis immer weiter zurückgeht, ist der Bedarf in den letzten zwei Jahren gestiegen. Im ersten Halbjahr 2025 waren 568 Zivildienst-Stellen ausgeschrieben, doch nur 455 Zivildiener konnten zugeteilt werden. In Tirol liegt die Bedarfsdeckung damit bei 80,1 Prozent und deutlich unter dem Bundesschnitt von 88,1 Prozent.
Stand 1. Juli sind in Tirol 674 Zivildiener im Dienst. Die meisten jungen Männer absolvieren ihren Zivildienst beim Roten Kreuz. Dort sind sie entweder im Rettungs- und Krankentransport tätig oder absolvieren Blutspendedienste. Doch man findet Zivildiener nicht nur im roten Sanitäter-Dress. In Osttirol gibt es vielfältige Möglichkeiten seinen Wehrdienstersatz zu absolvieren.
Wohn- und Pflegeheim Lienz
Adrian Steurer ist Zivildiener im Wohn- und Pflegheim Lienz. Seit Oktober 2024 erfüllt er dort Hilfsdienste bei der Pflege und Betreuung der Heimbewohner:innen. Der 20-Jährige hat sich für den Zivildienst in der Altenbetreuung entschieden, da sein älterer Bruder eine positive Erfahrung damit gemacht hat.

Aktuell unterstützt Adrian die Pfleger:innen auf der Vollpflegestation, dort werden Menschen ab Pflegestufe vier betreut. In seinem Dienst beweist der passionierte Fußballspieler viel Geduld und Empathie gegenüber den hochbetagten Bewohner:innen.
Um 7:30 Uhr beginnt Adrians Dienst, am Morgen hilft er bei den Vorbereitungen für das Frühstück. Den restlichen Vormittag kümmert er sich dann um diverse Reinigungsaufgaben. Nach der Mittagspause teilt Adrian den Bewohner:innen Kuchen aus und stellt sicher, dass in der Küche alles sauber ist. Außerdem erledigt er Botengänge zur Gemeinde, der Post, dem Sanitätsfachhandel oder dem Hörgeräteakustiker.
Zur Grundvergütung von 605,60 Euro monatlich erhält der Tristacher noch Verpflegungsgeld und kommt so auf eine Bezahlung von etwa 750 Euro im Monat. Zusätzlich wird er im Wohn- und Pflegeheim verköstigt. Grundsätzlich ist Adrian mit seinem Zivildienst zufrieden, seine Wahl würde wieder auf die Altenbetreuung fallen. Weiter in diesem Bereich zu arbeiten, kann er sich aber nicht vorstellen.
AufBauWerk Nikolsdorf
Auch im AufBauWerk kann man seinen Zivildienst absolvieren. Am Osttiroler Standort auf Schloss Lengberg in Nikolsdorf ist regelmäßig ein Zivildiener beschäftigt. Vor Ort wird Jobtraining für junge Menschen mit Förderbedarf angeboten. Neben der Ausbildungskomponente wird von den Betreuer:innen auch Lebenspraxis vermittelt.
„Unsere Zivildiener zeichnen sich durch eine ausgeprägte Hands-on-Mentalität aus und unterstützen flexibel und engagiert dort, wo gerade Hilfe benötigt wird.“
Fabio Volderauer, AufBauWerk Osttirol
Zu den Haupttätigkeiten eines Zivildieners auf Schloss Lengberg zählen unter anderem die Pausenaufsicht, Fahr- und Lieferdienste. Zudem unterstützt der Zivi das Training „on the job“ im Rahmen von Praktika sowie die Module des „off the job“-Coachings. Das individuelle Know-how des Zivildieners, geprägt durch seine schulische Bildung oder einen Lehrberuf, wird bestmöglich in die pädagogische Arbeit integriert. Darüber hinaus nimmt der Zivildiener auch eine wichtige Vorbildfunktion für die betreuten Jugendlichen ein.
SOS-Kinderdorf Nußdorf-Debant
Für das SOS-Kinderdorf sei die Unterstützung durch einen Zivildiener essenziell, betont Egon Wimber, Leiter der mobilen Familienarbeit: „Wir haben das Glück regelmäßig einen Zivildiener bei uns begrüßen zu dürfen.“ Aktuell macht Jason Green im Kinderdorf seinen Zivildienst. Er hat sich gegen den Grundwehrdienst beim Bundesheer aufgrund der Erfahrungen seiner Freunde entschieden. Dass er seinen Zivildienst im Bereich der Kinderbetreuung absolvieren möchte, war für den 19-Jährigen von Anfang an klar: „Ich glaube mit Kindern kann ich ganz gut, besser als mit älteren Leuten.“ Nun ist er bereits in seinem fünften Dienstmonat und würde seine Entscheidung genauso wieder treffen.

Zu seinen Aufgaben zählt insbesondere der Fahrdienst, er bringt Kinder beispielsweise zu Arztterminen oder sonstigen Aktivitäten. Jason ist außerdem fixer Bestandteil in einer der sogenannten WGs. Die Zivis im SOS-Kinderdorf werden meist einem der sieben Familienhäuser zugeteilt. In manchen der Wohngruppen leben bis zu neun Kinder, dort kann der Zivildiener den Pädagog:innen mit Hilfsdiensten gut unter die Arme greifen. Jason hilft besonders im Haushalt mit, beispielsweise beim Putzen und Waschen. Zweimal die Woche geht der 19-Jährige für die Wohngemeinschaft einkaufen. „Oft muss ich an einem Tag auch ein zweites Mal zum Supermarkt, weil nicht alle benötigten Lebensmittel in einem Wagerl Platz haben“, schmunzelt Jason.
Er arbeitet etwa 40 Stunden in der Woche im Kinderdorf, dabei variieren seine Arbeitszeiten immer, vor allem aufgrund der unterschiedlichen Fahrdienste. Jason ist über sein Diensthandy erreichbar. „Man muss schon gut organisiert sein!“, meint er, denn nicht selten kämen ungeplante Aufgaben auf ihn zu. Zur Grundvergütung kommen bei ihm noch rund 500 Euro Verpflegungsgeld. Wenn er in der Wohngemeinschaft isst, bezahlt er nicht ganz drei Euro pro Mahlzeit. Die Kinder nimmt Jason als sehr respektvoll und aufgeschlossen wahr, er kommt gut mit ihnen zurecht und freut sich auf seine verbleibenden vier Monate als Zivi im SOS-Kinderdorf.
Nationalpark Hohe Tauern
Im Nationalpark Hohe Tauern absolviert normalerweise ein Zivildiener pro Jahr seinen Dienst. „Je nach vorangehender Schulausbildung und Interessen der Zivildiener versuchen wir sie schwerpunktmäßig entsprechend einzusetzen und auch den möglichen weiteren Bildungsweg, zum Beispiel ein Studium, zu berücksichtigen“, betont Florian Jurgeit von NP Hohe Tauern. Er weiß: „Was man gerne macht, macht man gut“. Im Wesentlichen hilft der Zivildiener bei Informations- und Bildungsmaßnahmen. So unterstützt er unter anderem Kinder- und Jugendprogramme sowie Citizen Science Projekte. Zudem werden auch Umweltverbesserungsmaßnahmen, wie Wegarbeiten, durchgeführt.
Landwirtschaften in Notsituationen
Über den Maschinenring werden in Osttirol pro Jahr vier Zivildiener vermittelt. Die jungen Männer werden auf landwirtschaftlichen Betrieben in Notsituationen eingesetzt. Sie kompensieren den Ausfall von Arbeitskräften durch Unfälle, Krankheiten oder Todesfälle. Aktuell absolvieren noch zwei Zivildiener ihren Dienst auf Osttiroler Höfen.
Typischerweise erklären sich die Tauglichen bereits im Zuge der Musterung für einen solchen landwirtschaftlichen Dienst bereit. Meist kommen diese jungen Männer selbst aus einer Landwirtschaft oder haben eine Ausbildung, die bei der Arbeit auf dem Bauernhof nützlich ist. „Wofür genau die Zivildiener bei den Landwirtschaften eingesetzt werden, kommt auf die individuellen Fähigkeiten an“, erklärt Thomas Oppeneiger, Standortleiter des Maschinenrings in Osttirol. Für Mäharbeiten auf steilen Hängen brauche es schließlich andere Vorkenntnisse als für Stall- oder Feldarbeiten.
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Die Zivildienstserviceagentur weist in Osttirol derzeit 10 Einsatzstellen der Lebenshilfe Tirol aus.
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