Immer häufiger begegnen uns im Internet Bilder und Videos, die täuschend echt aussehen. Ob sie von einer Künstlichen Intelligenz erzeugt wurden oder die Realität abbilden, ist oft kaum zu erkennen. Christian Timmerer, Professor an der Universität Klagenfurt, beschäftigt sich täglich mit dem Nutzen, den Auswirkungen und den Gefahren von KI-Systemen.
„Man weiß oft nicht mehr: Ist das echt oder generiert?“, sagt er. Bilder, Videos und sogar Stimmen seien heute so überzeugend künstlich herstellbar, dass es für Laien nahezu unmöglich sei, diese von realen Aufnahmen zu unterscheiden.

Das gelte auch für Texte: „Im Endeffekt kann ich nicht mehr sicher sein, ob ich mit einem Menschen kommuniziere oder mit einem automatisierten Agenten.“ Die Grenzen verschwämmen zunehmend und das hat tiefgreifende Folgen für unseren Alltag.
An der Universität Klagenfurt, wo Timmerer am Institut für Informationstechnologie forscht, ist KI längst Teil des Lehr- und Forschungsalltags. Besonders die Lehre steht vor neuen Herausforderungen. Durch Tools wie ChatGPT werde es immer schwieriger festzustellen, welche Leistungen Studierende tatsächlich selbst erbringen.
„Der mündliche Ausdruck wird wieder wichtiger werden“, betont der Experte. Die junge Generation laufe Gefahr, kreative Prozesse zu verlernen, wenn sie von Beginn an mit KI-Tools arbeite. Mit dem neuen englischsprachigen Studium Robotics & AI, das jährlich mehr als hundert Studierende anzieht, reagiert die Universität auf diese Veränderungen.
Zudem findet heuer erstmals von 1. bis 4. Dezember die weltweit renommierte Konferenz Visual Communications and Image Processing (VCIP) in Klagenfurt statt. Sie widmet sich dem vertrauensvollen Umgang mit Bildern, Videos und KI. Ein Thema, das angesichts von Deepfakes und Bildmanipulationen drängender denn je ist.
Ein oft übersehener Aspekt ist laut Timmerer der enorme Energieverbrauch großer Rechenzentren. „Derzeit ist man in der Phase, in der man KI etablieren will. Koste es, was es wolle. Ich gehe aber davon aus, dass irgendwann der Kostendruck kommt, der Optimierungen erzwingt, die sich positiv auf den Energieverbrauch auswirken werden“, erklärt er. Viele neue Rechenzentren würden bereits mit nachhaltigen Energien betrieben, doch weltweit sei das längst nicht überall gewährleistet.
Auch unterschiedliche Berufsgruppen seien von der technologischen Entwicklung betroffen. Besonders die Kreativbranche stehe vor Veränderungen: „In Zukunft könnte ein Schauspieler digital generiert werden, ohne dass er selbst mitwirkt oder bezahlt wird“, sagt Timmerer. Damit könne ein ganzer Berufsstand unter Druck geraten.
Gleichzeitig eröffnen KI-Methoden in der Medizin neue Möglichkeiten, etwa bei der Auswertung großer Mengen an Operationsvideos. Die finale Bewertung müsse aber weiterhin durch Menschen erfolgen, betont Timmerer.
Mit dem technischen Fortschritt wachsen auch die Risiken. Deepfakes und manipulierte Audiospuren können politischen, gesellschaftlichen und persönlichen Schaden anrichten. „Wir brauchen technische und rechtliche Mittel, um zu erkennen, ob etwas verändert wurde, ob Personen, Stimmen oder Bildinhalte manipuliert wurden“, fordert Timmerer. Der Gesetzgeber müsse klare Regeln schaffen.
Für die Zukunft wünscht er sich vor allem Transparenz. „In zehn Jahren ist man sich hoffentlich des Energieverbrauchs bewusst und hat diesen bereits optimiert.“ Nutzerinnen und Nutzer sollten erkennen können, wie viel Energie eine KI-Anfrage verbraucht hat, ähnlich wie man heute bei Flugreisen CO₂-Bilanzen sieht. Ebenso solle klar ersichtlich sein, welche Inhalte künstlich generiert sind.
„Mein Wunsch wäre, dass sich die Staaten weltweit darauf einigen, wie man KI einsetzt und kennzeichnet“, sagt Timmerer. Nur so könne Vertrauen in digitale Inhalte langfristig gewährleistet werden.
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