Ein Dukaten-Feuerfalter, fotografiert von Helmut Deutsch.

Ein Dukaten-Feuerfalter, fotografiert von Helmut Deutsch.

Bunte Gaukler in Gefahr
Bunte Gaukler in Gefahr

Der Osttiroler Schmetterlingsforscher Helmut Deutsch und Naturschutzorganisationen warnen. Mehr als die Hälfte der heimischen Tagfalter und 40 Prozent der Nachtfalter sind akut vom Aussterben bedroht. Ihr Lebensraum verschwindet.

Helmut Deutsch ist alarmiert. Seit Jahrzehnten erforscht er unermüdlich die Lebensgewohnheiten und -bedingungen einer besonders anmutigen Spezies: der Schmetterlinge. „Zart wie ein Flügelschlag“ übertitelten wir im Sommermagazin 2013 einen Aufsatz des Osttiroler Schmetterlingsforschers, in dem Deutsch beeindruckend die Artenvielfalt dieser filigranen Gaukler schildert: „Für den Raum Osttirol sind bisher insgesamt 2140 Schmetterlingsarten nachgewiesen worden, davon etwa 1600 für die Lienzer Dolomiten. Die Tendenz ist steigend, alljährlich werden einige neue entdeckt. Andererseits muss aber auch erwähnt werden, dass eine Reihe von Arten, die vor 30 Jahren noch häufig auftraten, inzwischen aus Osttirol verschwunden sind und mittlerweile als ausgestorben gelten, weil sie keine geeigneten Lebensbedingungen mehr vorfinden.“

Das klang noch – zumindest teilweise – gut. Doch nur fünf Jahre später hat sich das Szenario gravierend verschärft: „Der Rückgang bei Schmetterlingen und bei Insekten allgemein ist alarmierend: nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch die Individuendichte nimmt von Jahr zu Jahr ab,“ warnt Helmut Deutsch Ende März 2018 in einem Blogbeitrag auf der Website der Naturkundlichen Arbeitsgemeinschaft Osttirol (NAGO).

„Der Hauptgrund dafür ist der Verlust von geeigneten Lebensräumen für die teils hoch spezialisierten und entsprechend sensiblen Tiere. Die Unterschutzstellung einzelner Arten per Verordnung ist wenig wirksam, wenn die dazugehörigen Lebensräume nicht geschützt werden.“ Mehr als die Hälfte der Tagfalter und 40 Prozent der Nachtfalter seien akut gefährdet.

Helmut Deutsch kennt wie kein Zweiter die Schmetterlingspopulation in Osttirol. Er warnt eindringlich vor einem massiven Schmetterlingssterben und hat einen Leitfaden publiziert, wie man gegensteuern kann. Foto: Nago

Helmut Deutsch hat deshalb mit Eva Benedikt ein bebildertes Dossier verfasst, das unter dem Titel „Wiesenschmetterlinge in Bedrängnis“ einerseits aufklärt, andererseits aber auch Handlungsmöglichkeiten aufzeigt und eine Orientierungshilfe für Landschaftsplaner, Gärtner, Landwirte und Behörden sein soll. „Es soll alle jene Menschen ansprechen, denen die Einzigartigkeit und Vielfalt unserer Natur nicht egal ist. Jeder Einzelne kann etwas beitragen!“ erklärt der Schmetterlingsforscher.

Deutsch ist mit seinen Warnungen nicht alleine. Der Naturschutzbund startet derzeit eine Schwerpunktaktion, die ein vielfach unterschätztes Landschaftselement in den Fokus nimmt: die Gebüsche. Sie verschwinden zusehends aus unserer Landschaft, mit fatalen Folgen. Als Lebensraum für Vögel, Insekten und Niederwild sind Büsche ebenso unverzichtbar, wie als Landschaftsgestaltungselemente, Sichtschutz und Windstopper. Der Naturschutzbund stellt jeden Monat eine Art vor und nominiert einen Allrounder zum Strauch des Monats April: die Schlehe.

Die Schlehe, auch Schlehdorn, wurde vom österreichischen Naturschutzbund zum „Strauch des Monats April“ gekürt. Für Schmetterlinge und Bienen ist sie eine wichtige Nektarquelle. Foto: Steinschalerwiki

Im April – noch vor dem Blattaustrieb – sind die Schlehen übersät mit kleinen, weißen, sehr nektarreichen Blüten. Deshalb ist sie für Schmetterlinge und Wildbienen wichtige Nektarquelle, die dann auch die Bestäubung übernehmen. Im Spätherbst reifen dann dunkelblaue bis schwarze Steinfrüchte heran, die auch im Winter am Strauch bleiben. Von den Früchten der Schlehe ernähren sich etwa 20 Vogelarten, darunter auch Meisen und Grasmücken. Für Heckenbrüter wie Zilpzalp, Girlitz und Grasmücken sind sie ein idealer Unterschlupf zum Nestbau. Und auch Schmetterlinge fliegen auf die Schlehe: Insgesamt wurden über 113 Tag- und Nachtfalter auf ihren Blüten und Blättern festgestellt. Damit stellt sie sogar die „Schmetterlings-Pflanze“ Brennnessel in den Schatten.


Mehr Informationen:
Website NAGO
Dossier Schmetterlinge
Naturschutzbund

Credits

3 Postings

Senf
vor 6 Jahren

http://wien.orf.at/news/stories/2906933/

 
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Senf
vor 6 Jahren

angelehnt an die geniale idee der asslinger agenda 21 wäre es wünschenswert, auch seitens der naturschutzorganisationen ähnliche aktivitäten zu setzen. das land kärnten hat vor jahren den schulen, den landesstellen, den gemeinden und vereinen samenbriefchen mit passenden blumensamen zur einstreuung öffentlicher grünflächen spendiert, um den kleinen gauklern gute lebensbedingungen in den tallagen zu ermöglichen. ähnliches wäre auch von den wissenschaftlern wünschenswerter als ständiges krankjammern um damit unseren lebensraum damit zu schaden.

 
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Senf
vor 6 Jahren

eine horrormeldung folgt der anderen, der tiefe abgrund liegt vor uns, wir sind die nächsten. angst und panikmache ist an der tagesordnung.

schmetterlingsforscher der landesmuseen innsbruck und klagenfurt und das haus der natur in salzburg haben in den hohen tauern und ihren randgebieten eine überaus grosse viefalt und dichte an faltern dokumentiert. dieser lebensraum hat sich im vergangenen jahrhundert kaum verändert, die zahl der biolandwirte nimmt sogar wieder zu. ich gehe davon aus, dass die biodiversität in osttirol dadurch gewinnt. in kärnten und salzburg gab es sogar mehrere aktivitäten zur verbesserung des lebensraumes für die kleinen gaukler. muss es denn sein, dass und ständig negative schlagteilen beeilen?

Wie wärs denn mit positiven erkenntnissen, oder mit kleinen ratschläge, wie man als kleiner bürger etwas dazu beitragen könnte. ich meine damit nicht die lösung der agrarstrukturen mit ihren monokulturen im pariser becken, in norddeutschland oder z. bsp. der poebene. wertschätzung und freude würde uns und den bunten gauklern schon helfen!

 
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