Eine Baustelle auf Augenhöhe mit den Gipfeln der Lienzer Dolomiten. Fotos: Wolfgang C. Retter

Eine Baustelle auf Augenhöhe mit den Gipfeln der Lienzer Dolomiten. Fotos: Wolfgang C. Retter

Hüttenzauberei am Spitzkofel
Hüttenzauberei am Spitzkofel
Bauen im Hochgebirge ist immer eine Herausforderung. Aber eine Baustelle wie die Linderhütte auf 2.683 Metern Seehöhe erleben selbst hartgesottene Berg-Handwerker nicht alle Tage.

Wer die klaren Tage dieses Spätherbstes für einen ultimativen Blick über die Stadt Lienz nutzen möchte, wird vielleicht den Spitzkofel als Aussichtspunkt ins Auge fassen, den bekanntesten Gipfel in den Lienzer Dolomiten, an dessen Flanke sich auf 2.683 Metern Seehöhe – nur 40 Höhenmeter unter dem Gipfel – eine ebenso praktische wie historische Behausung befindet: die legendäre „Linderhütte“. Der Bäckermeister, Gastwirt und Bergpionier Ignaz Linder baute dieses unvergleichlich gelegene kleine Refugium in den Jahren 1883 und 1884, bekanntlich eine Zeit, in der es noch keine Hubschrauber gab.

Bergpionier Ignaz Linder schuf einen unvergleichlichen Schlafplatz in den Lienzer Dolomiten, die nach ihm benannte Linderhütte. Foto: Fotograf unbekannt; Sammlung Irene Linder – TAP

Er schleppte sämtliche Baumaterialien inklusive Eisenofen über steile Steige ins Hochgebirge. Wir haben dem exklusiven Übernachtungsplatz im schroffen Fels, seiner Geschichte und auch dem Weg zur Linderhütte in diesem Magazin schon 2016 eine ausführliche Reportage gewidmet. Damals nicht absehbar war jenes schwere Unwetter, das im Oktober 2018 über Osttirol und Kärnten hinwegfegte und auch der – erst vor wenigen Jahren renovierten – Linderhütte schwer zusetzte. Ganz im Geiste Ignaz Linders machte sich sofort eine Gruppe von engagierten Menschen an die Arbeit, um einerseits Geld zu sammeln und andererseits Pläne für den Wiederaufbau zu schmieden.

Die Linderhütte vor der Sanierung im September 2019.
Oder besser das, was der Sturm von der Linderhütte übrigließ.

Die Sektion Lienz des Österreichischen Touristen Klubs (ÖTK) als Eigentümer und die Mitglieder der Osttiroler Plattform Architektur entwickelten im Sommer 2019 gemeinsam mit einer ganzen Reihe von Osttiroler Spezialfirmen und vielen Freiwilligen eine generalstabsmäßig geplante Sanierungsoffensive, die Mitte September über die hochalpine Bühne ging. Zunächst bereiteten Helfer – angeführt von den Baufirmen Frey und Bodner – das Mauerwerk und die Fundamente für die weiteren Arbeiten vor. Am 17. September folgte der spektakulärste Schritt der Arbeiten, dokumentiert von Landschafts- und Architekturfotograf Wolfgang C. Retter.

Der Hubschrauber als Transportmittel und Kran. Die Crew in der Luft ...
... und das Team am Boden leisten Millimeterarbeit.

Die Idee: Die alte Steinhütte wurde innen komplett mit Holz verkleidet und damit quasi auch thermisch saniert. Dazu fertigte die Firma Holzbau Duregger im Bausatzsystem eine „Holzbox“ an, die – zerlegt in Einzelteile – per Hubschrauber an ihren neuen Bestimmungsort geflogen wurde. In luftiger Höhe wurden die maßgeschneiderten Holzbauteile zusammengefügt und im nächsten Arbeitsgang gleich von der Spenglerei Dorer das Hüttendach eingedeckt und winterfest gemacht. Selbst mit modernen Mitteln ist eine Baustelle in dieser Höhe eine Herausforderung, zumal das Wetter hier eine zentrale Rolle spielt und die Zeitfenster für Bauarbeiten entsprechend kurz sind.

Das Innere der Hütte ist weitgehend fertig.
Jetzt kommt noch der sturmsichere Deckel drauf.
Firstfeier mit einem Schnapsl auf 2.683 Metern Höhe.
Und ein zufriedenes Resümee in der Abenddämmerung.

Noch ist die Hütte nicht ganz fertig, aber Fotograf Wolfgang C. Retter, der die Bauarbeiten begleitete und uns mit spektakulären Bildern belieferte, sieht als einer der ersten Tester den Hauptzweck bereits voll erfüllt: „Es ist zwar noch kein Ofen drin, aber schlafen kann man da schon ganz gut!” Ignaz Linder hätte also seine Freude an der – außen immer noch authentischen und innen nagelneuen – Behausung unter dem Gipfel des Spitzkofels.

7 Postings

karlheinz
vor 3 Jahren

Respekt !!!!

 
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PaulM
vor 4 Jahren

Als Teil des Team „Linderhütte“ - möchte ich folgendes nicht unerwähnt lassen: Die Arbeitsleistung und die Baumaterialien wurden von den Firmen bzw. Helfern kostenlos bereitgestellt - Die Flüge des Helikopters durch Spenden finanziert. Ohne diese großzügige Unterstützung gebe es wohl keine nutzbare Linderhütte mehr. Leider sind im Artikel nicht alle Unterstützer bzw. Firmen angeführt – alle Beteiligte, zusätzliche Infos und Geschichten zu diesem Projekt finden Sie unter: https://www.facebook.com/Initiativgruppe-zur-Sanierung-der-Linderh%C3%BCtte-108832740460753 Die finalen Arbeiten werden, witterungsabhängig, im Mai bzw. Juni 2020 erfolgen. Danach wird es eine Feier direkt bei der Hütte und eine Fotoausstellung im neuen Gemeindesaal in Amlach geben (genaue Termine stehen noch nicht fest) – Das ganze Team würde sich über zahlreichen Besuch sehr freuen! Mfg Architekt Paul Mandler

 
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haberg
vor 4 Jahren

Ja, sattmann, man muss auch ein wenig mit der Zeit gehen! Ich finde diese Aktion positiv, somal die Hütte gleich groß bleibt und nicht, wie viele Hütten im Gebirge - zu "Hotels" und monströsen Bauwerken vergrößert werden! Beispiele gibt es ja schon genug!

 
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sattmann
vor 4 Jahren

Tolle Leistung aller Beteiligten! Ohne etwas schlecht reden zu wollen finde ich es trotzdem eine Überlegung wert ob wir alles (Hütten, Gipfelkreuze, Klettersteige,.. ) in unsere Berge fliegen müssen. Herr Linder hat es auch ohne Hubschrauber geschafft. Wie viele Menschen laufen mittlerweile in Rekordzeit auf irgendwelche Gipfel damit sie dann neben einem hinaufgefolgenen Gipfelkreuz ein Selfie machen können? Diese Logik erschließt sich mir leider nicht...

 
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    tetris
    vor 4 Jahren

    Zwischen Arbeit und Freizeitbeschäftigung sollte man schon unterscheiden. Arbeitszeit muss schliesslich bezahlt werden und ich denke nicht, dass irgendein Handwerker Lust hat, schwere unhandliche Holzbalken, Werkzeug etc. auf einen Berg zu schleifen, zudem das auch noch ziemlich gefährlich ist.

     
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    genaugenommen
    vor 4 Jahren

    @sattmann, ohne jemand schlecht zu machen, der nickname spricht für sich!

     
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bergfex
vor 4 Jahren

Tolle Arbeit. Dem Team und allen Helfern ein großes Lob.

 
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