Sicherheit mit Entertainment-Faktor
Sicherheit mit Entertainment-Faktor
Mit Osttiroler Beteiligung wurde ein Prototyp für interaktive Medieninterventionen entwickelt.

Wie Millionen andere Österreicher verbrachten auch die beiden Informationsdesigner Roland Mariacher und Werner Huber während des ersten Lockdowns im Frühjahr viel Zeit im eigenen Heim. Ihrem Innovationsgeist setzten die eigenen vier Wände jedoch keine Grenzen. Der kreative Zugang zur Corona-Thematik brachte die beiden gemeinsam mit Industrial Designer Norbert Grasberger auf die Idee, spielerisch aber trotzdem sicher mit dem Gebot der Stunde umzugehen. Sie entwickelten einen Prototypen, der das Abstandhalten zum Spiel macht.

Roland stammt aus Lienz, Werner aus Salzburg. Sie lernten sich im Studium kennen und gründeten 2016 das Kreativstudio „MOYA Media“, das digitale Medienlösungen für Marken, Agenturen und Start-ups entwirft und entwickelt. Seine Fähigkeiten stellte das Duo schon einige Male unter Beweis. Mariacher und Huber wurden für das Projekt „In Touch with the Illusion“ 2015 mit dem „Shenzhen Design Award for Young Talents“ und zwei Jahre später mit dem österreichischen Staatspreis für „Design Concepts“ ausgezeichnet.

Im Schatten der Coronakrise entwickelte MOYA Media nun eine reale Begegnungszone, in der sich Menschen trotz der Regeln und Umstände „safe“ bewegen können. Ihre Spielwiese nennen sie „Safezoone“.  Werner Huber: „Es handelt sich um interaktive Medieninterventionen, die Besucher spielerisch motivieren, Sicherheitsabstände einzuhalten.“ Im Sommer wurde ein entsprechendes Konzept erarbeitet und eine Website erstellt.

Werner Huber und Roland Mariacher sind findige Köpfe. Ihre neueste Entwicklung ermöglicht spielerisches Abstandhalten. Fotos: Moya Media
„Technisch gesehen ist es ziemlich easy: Man braucht Videoprojektoren und umgebaute Kameras.“
Roland Mariacher

Mittlerweile ist auch der Prototyp in Betrieb und macht seine Sache gut, wie seine Schöpfer finden. Doch wie genau funktioniert die Sache eigentlich? Roland erklärt es uns: „Auf programmiertechnischer Seite benutzen wir einerseits eine Open Source-Lösung für die Bilderkennung. Diese spielt zusammen mit unserem Programmiercode, den wir selbst entwickelt haben. Technisch gesehen ist es ziemlich easy: Man braucht Videoprojektoren und umgebaute Kameras.“ Für ihren Prototypen haben sie eine standardmäßige USB-Webcam auf Infrarotmodus umgebaut, um ihre spezielle Art des Trackings einzusetzen. Auf diese sind sie besonders stolz. Roland erzählt, warum:

Der Videoprojektor – ein Beamer – projiziert von oben eine mehrere Quadratmeter große Fläche auf den Boden. Über die Bilderkennung werden Personen erfasst, sobald sie diese Fläche betreten. Um jede Person erscheint dann ein Kreis. Bewegt man sich im Raum, ist der Kreis grün. Nähert sich eine zweite Personen jedoch auf unter einen Meter, leuchtet er so lange rot, bis der Corona-Abstand wieder eingehalten wird. Durch audiovisuelle Ereignisse und Echtzeit-Mapping wird der persönliche Radius klar definiert und somit Freiraum für Mut und Kreativität geschaffen.

„Es ist keine Alarmanlage.“

„Es ist aber keine Alarmanlage. Die Leute können so auf innovative Art interagieren und die ganze Thematik auch hinterfragen“, erklären die beiden unisono. Die Installation erkennt auch Objekte und bezieht sie mit ein. Leute, die sich im Raum bewegen, brauchen weder eine Handyapp noch ein NFC-Armband. Das Tracking funktioniert deviceless. Allerdings spielt das Umgebungslicht eine Rolle, wie Werner erzählt: „Visuell gesehen gilt: Je dunkler, desto effektiver ist die Anlage. Man kann auch mit indirektem Tageslicht gut arbeiten. Es klappt auch so, dass das Umgebungslicht keine Rolle spielt – technisch ist das aber sehr aufwändig.“

Der Prototyp wurde mit Unterstützung des Teams der Grazer Helmut List-Halle installiert, wo ihn bald Studenten auf Herz und Nieren prüfen werden.

Das Projekt hat noch einen anderen Hintergrund. So wollten Roland Mariacher und Werner Huber ihren „Media- & Interaction Design“-Studenten, die sie an der FH Joanneum in Graz unterrichten, endlich wieder Praxisunterricht bieten. Das gesamte letzte Semester sahen sich Lehrende und Studierende nur online. „Geplant ist, den Prototypen bei einem Workshop im Dezember ausführlich zu testen. Es ist gewissermaßen auch eine empirische Forschung, weil es so viele mögliche Szenarien gibt. Zum Beispiel was passiert, wenn mehrere Leute gleichzeitig ins Bild kommen“, erklärt Werner.

„Wir bleiben transparent und hoffen, dass sich mehr daraus entwickelt.“
Werner Huber

Weil auch die Studenten ihre Ideen einbringen sollen, hoffen die Erfinder, die Installation so auf das nächste Level zu hieven. „Die Studis haben damit eine fertig entwickelte Plattform, auf der sie machen können was sie wollen“, fügt Roland an. Das gesamte System basiert auf Open Source, die Designer teilen also ihr Wissen mit der Welt, wie Werner meint: „Es ist nichts, das man patentieren lassen könnte. Uns geht es darum, eine Community aufzubauen. Wir bleiben transparent und hoffen, dass sich mehr daraus entwickelt.“

Mögliche Einsatzgebiete für die Zukunft: Informationsvermittlung an Bahnhöfen ...
... oder aktive Zonen mit Leitsystemen in Museen und Kultureinrichtungen.

Ihr Prototyp ist deshalb zukunftsfähig und überlebt damit wohl auch die Coronakrise. „Die Anlage ist auch für die Zeit nach Corona gerüstet. Man hat auf Dauer eine tolle Kunstinstallation, weil die Inhalte ja austauschbar sind“, so Roland. Statt der roten und grünen Kreise könne man beispielsweise auch ein Fußballfeld darstellen. Die Leute auf der Fläche kicken dann den virtuellen Ball in ein projiziertes Tor. Auch die Informationsvermittlung sei möglich, beispielsweise Abfahrtszeiten von Zügen oder die nächste Theatervorstellung. Die Möglichkeiten scheinen endlos.

Für Werner wäre eine Installation in Nachtclubs sinnvoll: „Die haben ohnehin seit Monaten geschlossen. Da könnte man die Abstandsvariante über dem Dancefloor oder im Barbereich installieren.“ Das System lasse sich zwar schnell installieren, problematisch seien aber die Technikkosten. Deshalb suchen die findigen Köpfe nun nach Investoren, um die Sache größer aufzuziehen. Dafür braucht es Geld von Visionären.

Audioreaktive Visuals sollen das Partyerlebnis auf ein neues Level heben.

Klappt es mit der Finanzierung, ist eine Vision des Teams, das System an mehreren Orten zu installieren und ein Content-Management anzuleiern. So hätte beispielsweise eine Location die Möglichkeit, verschiedenste Künstler einzuladen, die dann Inhalte erstellen und diese über die Installation projizieren. „Visionen haben wir genug, keine Sorge“, schließen Roland und Werner unisono.

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