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Andreas Köll gerät ins Sperrfeuer der Medien

Und mancher Querschläger trifft seine Weggefährten. Ein Kommentar.

Der Hopfgartner Bürgermeister Franz Hopfgartner wundert sich. Er hatte als Obmann des Abwasserverbandes Hohe Tauern Süd den Prüfbericht der Gemeindeaufsicht gerade erst aus dem Kuvert genommen, als schon das Telefon klingelte und Peter Nindler, Chefreporter der Tiroler Tageszeitung, dazu ein paar Fragen stellte. Wie konnte der Redakteur dieses Papier so schnell erhalten? „Gute Quellen“ sind das Lebenselixier des investigativen Journalisten, aber so gut ist kein Reporter, dass er vom vertraulichen Anwaltsbrief bis zum ebenso vertraulichen Prüfbericht alle Dokumente mit der Spürnase erschnüffelt. Manches landet ganz gezielt genau dort, wo es postwendend an die Öffentlichkeit weitergereicht wird. Erst vor kurzem wurde so die hohe Geldforderung von Heinz Schultz an die Gemeinde Matrei öffentlich und wenige Wochen davor eine Kopfwäsche für die Matreier Gemeindeführung bei Bezirkshauptfrau Olga Reisner. Damals stand – von der TT "aufgedeckt" – sogar die Zwangsverwaltung der Gemeinde im Raum. Nun gilt Politik nicht als ausschließlich vernunftgesteuert, sondern eher als Kunst des Machterhalts und der Erreichung von machtpolitischen Zielen mit allen taktisch nötigen Mitteln. Derzeit läuft ein Showdown rund um den Machtpolitiker Andreas Köll. Alle medialen Attacken aus Nordtirol, auch jene gegen den Abwasserverband, zielen auf die Demontage jenes Mannes, der die politischen Sitten in seinem Umfeld in den vergangenen Jahrzehnten wie kaum ein anderer prägte. Kölls politischer Stil ist der eines Alleinherrschers, seine politische Moral erinnert an Machiavelli. Seit jeher heiligt bei ihm der Zweck die Mittel. Für einen echten Wrestler ist die Gürtellinie seiner Widersacher keine Tabugrenze. Wenn es sein muss, haut er auch darunter. Die politischen Gegner des Matreiers haben offensichtlich begriffen, dass sie im Infight mit dem Schwergewicht die Samthandschuhe ausziehen müssen. Jetzt heißt es „catch as catch can“.
Andreas Köll (rechts) gerät immer häufiger auch in überregionale Schlagzeilen. Das kann auch für Weggefährten wie Dietmar Ruggenthaler unangenehm werden. Foto: Dolomitenstadt/Pirkner
Andreas Köll (rechts) gerät immer häufiger auch in überregionale Schlagzeilen. Das kann auch für Weggefährten wie Dietmar Ruggenthaler unangenehm werden. Foto: Dolomitenstadt/Pirkner
Dazu zählt auch die gezielte Lancierung von vertraulichen Daten, die Köll desavouieren. Seine problematische Doppelfunktion als Bürgermeister und Bergbahnen-Geschäftsführer, seine fragwürdige Schuldenauslagerung in den Abwasserverband, die systematische Verschleierungstaktik bei der jährlichen Budgeterstellung – all das ist nicht neu. Im Gegenteil. Die Opposition und dolomitenstadt.at zeigen diese grenzwertigen Malversationen schon seit Jahren auf. Auch exotische Reisen, etwa jene nach China, waren schon früher ein mediales Thema. Neu ist, dass sich die regierungsnahe TT seit einiger Zeit auf den Matreier einschießt und die Hiobsbotschaften rund um die Tauerngemeinde ganz offensichtlich gezielt, belegbar und von „ganz oben“ weitergegeben werden. Das verwundert politische Insider nicht, schließlich hat sich Köll – nach seiner Demontage auf Landesebene und einer Phase der Regeneration – in der Natura 2000-Schlacht als Abwehrkämpfer mit alter Wucht zurückgemeldet. Er hat sich dabei mit allen angelegt, die in diesem Bezirk und im Land etwas zu sagen haben, mit der Bezirkshauptmannschaft, mit den Kammern, mit den Osttiroler Landtagsabgeordneten seiner Partei, mit Bürgermeisterkollegen, Landesräten und dem Landeshauptmann – um nur einige zu nennen. Alles deutet darauf hin, dass Kölls Parteigenossen die Hutschnur geplatzt ist. Was bisher unter der Decke blieb, wird jetzt „aufgedeckt“. Die Leichen im Keller werden ausgegraben. Manches stinkt dabei zum Himmel. Doch wo gehobelt wird, fallen bekanntlich Späne. Die jüngste Attacke auf den Abwasserverband hat Köll zum Ziel, doch die Querschläger pfeifen auch um die Köpfe von Dietmar Ruggenthaler und Franz Hopfgartner. Liftkaiser Heinz Schultz ging es nicht viel anders, als er vor einigen Wochen plötzlich auf allerhand unangenehme Reporterfragen antworten musste. Wer mit Andreas Köll in einem Boot sitzt oder saß, muss in diesen Tagen damit rechnen, dass manche gemeinsame Bootsfahrt öffentlich wird. Einige Iseltaler Gemeindefunktionäre sind ein paar Tage nach Oslo gefahren, zum Teil „auf Kosten des Hauses“. Doch auch Gemeinderäte, Landespolitiker, Interessenvertreter, Vertreter von Bünden, Verbänden und anderen politiknahen Organisationen sind ein Stück weit mit dem Multifunktionär aus Matrei gerudert. Sie sollten sich nicht wundern, wenn demnächst ein gut informierter Reporter anruft.
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

7 Postings

Stick
vor 9 Jahren

@ MelissaM: Habe noch nie gehört, daß der Matreier Bürgermeister seine Gemeindemitarbeiter schlecht behandeln würde oder die ein Problem damit hätten, eine andere Meinung zu vertreten. Und im Krankenhaus weiß ich es von mehreren Seiten, daß man dort sogar froh darüber ist, wenn er als Chef manchmal eingreift, wenn es zu Meinungsverschiedenheiten im Führungskollegium kommt oder das Personal manchmal schlecht behandelt wird. Im Zweifel entscheidet er meistens für die Mitarbeiter. Man kann ihm natürlich, so wie anderen Menschen auch, einige Fehler nachsagen. Entscheidungsschwäche, Inkompetenz oder die Vermeidung von Klartext, sodaß jemand etwa nicht wüßte, wie er dran ist, gehören jedenfalls nicht dazu! Ist auch gar nicht so einfach, in einem Betrieb mit hunderten Mitarbeitern. Ob er gerade aus dieser Diskussion, liebe MelissaM, noch etwas fürs Leben dazulernt, wage ich zu bezweifeln, da er alle Ausdrucksformen von Politik sicher kennt. Aber derbarmen braucht er uns auch nicht: Der derwehrt sich schon!

 
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Matreier
vor 9 Jahren

„Sperrfeuer der Medien“? Kann da nichts erkennen, außer ein paar „organisierte Berichterstattungen“, unter Verletzung der Amtsverschwiegenheit und an der Grenze zum Amtsmißbrauch in einem Nordtiroler Printmedium, dessen Naheverhältnis zu führenden Mitgliedern der Tiroler Landesregierung Gerhard Pirkner ganz gut analysiert hat.

„Kopfwäsche für die Matreier Gemeindeführung bei Bezirkshauptfrau Olga Reisner“? Wir werden noch sehen, wer in dieser Angelegenheit eine juristische Kopfwäsche bekommt und wer nicht. Was ist denn geblieben von den ganzen Vorwürfen, warum hört man nichts mehr, z.B. von der Sache mit dem „ach so armen Liftkaiser Schulz“, war doch auch alles nur „getürkt“, wie so vieles andere. Wo sind denn die „grenzwertigen Malversationen“, wo äußert sich die „problematische Doppelfunktion“ denn wirklich, was kann man A.K. dort nachsagen? Wo sind denn „die Leichen im Keller“, was wurde „aufgedeckt“ und was „stinkt zum Himmel“, bitte Konkretes? Was sind die „belegbaren Hiobsbotschaften“ von „ganz oben“, etwa, dass innerhalb der nächsten Monate fast 5 Millionen Euro an „frischem Geld“ in die Matreier Gemeindekasse hereinkommen werden? Was ist an „der Schuldenauslagerung fragwürdig“, wenn diese eigentlich gar keine ist, sondern eine, vom Wiener Rechnungshof sogar gelobte, „zweckmäßige Form an interkommunaler Zusammenarbeit“ in einem Gemeindeverband, von allem Anfang an. Da geht es nicht um „Auslagerung“ von Schulden in eine nicht mehr prüfbare Kommunal AG oder GmbH, sondern um Ortskanäle, Einzelkläranlagen, Regionalkanäle und Regionalklärwerk „in einer Hand“, da sich das ja alles auf demselben Gemeindegebiet abspielt. Es werden eben nicht nur damit verbundene Förderdarlehen, sondern auch Eigentum und Betrieb aller Abwasseranlagen ohne Doppelstrukturen verwaltet.

Wo ist da die Demontage, wo der Showdown, Herr Pirkner?

Ich beobachte und höre nämlich - seit dem Kampf von A.K. gegen ungerechte Natura 2000-Ausweisungen dort, wo es überhaupt keine Tamarisken gibt - in ganz Osttirol nur höchsten Respekt dafür, dass sich jemand so für Osttirol, manchmal auch gegen die Linie der eigenen Partei, so ohne Rücksicht auf eigene Vorteile einsetzt! Meiner Einschätzung nach liegt A.K. in der Bevölkerung damit so stark wie noch nie, und genau das wird das Problem für all jene sein, die ihn so vehement bekämpfen.

 
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beobachter52
vor 9 Jahren

Liebe MelissaM, mir geht es gar nicht um eine bestimmte Person und ob er/sie dieses verdient hätte (Gleiches mit Gleichem vergelten?) - mir geht es prinzipiell um die Gesinnung und Vorgangsweise in der (Tiroler) ÖVP, die sich halt nun einmal derzeit an Bgm. Köll, der Gemeinde Matrei, den "Natura2000-Skeptikern" .... zeigt!

 
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Gorilla im Nebel
vor 9 Jahren

Lieber Beobachter52, wer je (offen) anderer Meinung als Andreas Köll war (in der Gemeinde, im Bezirk, im Krankenhaus...) und seinen Umgang mit Andersdenkenden erlebt hat, wird wenig Mitleid mit ihm empfinden. Das ist so als würden sich die Schafe Sorgen um den Wolf machen. Wie man in den Wald ruft, so hallt es heraus. Höchste Zeit, dass auch Köll einmal diese Erfahrung macht. Vielleicht lernt er etwas für sein Leben.

 
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beobachter52
vor 9 Jahren

Den beiden Kommentatoren kann man nur zustimmen!

Für mich ist es außerdem rechtlich bedenklich oder schon über dem Rande der Legalität, wenn Landesräte (oder deren Mitarbeiter - zumindest mit deren Wissen) Akten, Prüfberichte .... an die Medien weitergeben! Die "Betroffenen" (Bürgermeister, Verbandsobmänner, ...) müssten zumindest die Gelegenheit haben, ihre Stellungnahmen dazu abzugeben! Viele Punkte stellen sich nämlich dann als falsch, zumindest (bewusst) halbwahr heraus! Aber die mediale Verurteilung ist schon passiert ... Menschlich ist für mich dieser Umgang der ÖVP, die ja eine christlich- soziale Partei sein möchte, mit kritischen, sich nicht auf Parteilinie befindlichen ... Personen, unakzeptabel und verwerflich! Die Steigerungsformel Feind, Todfeind, Parteifreund bewahrheitet sich wieder einmal! Wenn ich nicht schon vor einigen Jahren aus der Partei ausgetreten wäre, ich müsste es heute tun!

 
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stadtbewohner
vor 9 Jahren

Er ist einer der wenigen, der sich bei Natura 2000 etwas zu sagen getraut und auch nicht die Parteilinie seiner eigenen Partei blind befolgt - im Gegensatz zu unseren Bezirks-ÖVP-Landtagsabgeordneten. Wenn die Parteilinie nicht mitgetragen wird, führt dies unwillkürlich zur politischen Demontage. An Andreas Köll werden sich viele aber die Zähne ausbeißen! Und viele wissen es nicht: ohne ihn (und der Lienzer Bürgermeisterin) hätten wir auch keine Bezirksrettungsleitstelle mehr. Auch die Felbertauern-Ersatzstraße basiert auf seiner Idee und seinem Einsatz (Verhandlungen mit Grundbesitzern, zügige Bauverhandlungen und Bewilligungen, etc). Also alles ist nicht so schlecht, was er macht - auch wenn er unbestritten ein Machtpolitiker ist.

 
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MfG
vor 9 Jahren

....Er hat sich dabei mit allen angelegt, die in diesem Bezirk und im Land etwas zu sagen haben, mit der Bezirkshauptmannschaft, mit den Kammern, mit den Osttiroler Landtagsabgeordneten seiner Partei, mit Bürgermeisterkollegen, Landesräten und dem Landeshauptmann – um nur einige zu nennen..................naja, er traut sich wenigstens!!!

 
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