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BPW Osttirol: Frauen vernetzen sich

Frau und Karriere sind längst kein Widerspruch mehr...

...der Kampf um gleiches Geld für gleiche Arbeit ist jedoch noch lange nicht abgeschlossen. Seit 80 Jahren unterstützen sich weltweit engagierte, berufstätige Frauen im Netzwerk „Business & Professional Women“. Anlässlich der unmittelbar bevorstehenden Gründungsveranstaltung von „BPW Osttirol“ stand uns die Österreich-Präsidentin Michaela Muschitz Rede und Antwort.

Frau Muschitz, Frauen müssen nach wie vor durchschnittlich um  70 Tage länger arbeiten, um auf das gleiche Jahresgehalt wie Männer zu kommen. Ist die vieldiskutierte Lohntransparenz Ihrer Ansicht nach eine geeignete Basis für faire Gehaltsverhandlungen?

Michaela Muschitz, Präsidentin BPW Austria

Wir haben uns sehr für die Lohntransparenz eingesetzt, da wir in den Gesprächen mit Frauen bemerkt haben, dass viele nicht wissen, was sie überhaupt verlangen können. Die Lohntransparenz gibt den Frauen Orientierung in welcher Position welches Gehalt gezahlt wird – somit fällt in Zukunft schon einmal ein wichtiges Kriterium, warum Frauen weniger verdienen weg.

Wissen Frauen zu wenig über gängige Gehaltsspannen Bescheid, oder geben sie sich mit weniger zufrieden als ihre männlichen Kollegen?

Leider beides – einerseits wissen Frauen tatsächlich nicht genau welche Gehaltsspanne für eine bestimmte Position üblich ist. Aber andererseits sind Frauen Kriterien wie gutes Arbeitsklima oder flexible Zeiteinteilung wichtig und dafür auch bereit, sich mit weniger Gehalt zufrieden zu geben.

In typischen Frauenberufen wird vielfach schlecht bezahlt.  Müssten die Kriterien für die Bewertung von Arbeit nicht neu überdacht und definiert werden?

Auf jeden Fall – diese Kriterien sind Jahrzehnte alt und es wurden dabei männliche Kriterien für die Bewertung der Arbeit herangezogen. Sibylle Hamann hat das in Ihrem Buch „Weißbuch Frauen, Schwarzbuch Männer“ deutlich aufgezeigt.

Wieso wird der Beruf des KFZ-Mechanikers als schwerer eingestuft als jener der Krankenschwester? Ist die Sorge um und die Arbeit am Menschen weniger wert als an Maschinen?

Hier muss auf alle Fälle umgedacht werden. Vor allem, da die körperlich schwere Arbeit an Maschinen rückläufig ist, während ein großer Bedarf an Pflegeberufen vorhanden ist. Solange diese aber so schlecht bezahlt sind und deren Ansehen in der Gesellschaft weiter so gering ist, wird die Kluft immer weiter auseinander gehen.

Nach wie vor ist die Anzahl von Frauen in Führungspositionen überaus gering. Hat das auch mit falschem oder ungenügendem Networking zu tun?

Auch – leider erlebe ich immer wieder Frauen, die auf dem Weg nach oben zu Einzelkämpferinnen werden, statt sich gegenseitig zu unterstützen. Frauen haben noch zu wenig gelernt, sich im Wettbewerb zu verbünden. Ich erlebe es immer wieder, dass Frauen sich nicht vernetzen, weil Ihnen eine bestimmte Frau nicht sympathisch ist. Doch darum geht es beim Netzwerken vorrangig nicht – ich muss diese Person ja nicht heiraten. Ich muss eine strategische Entscheidung treffen – kann mir diese Person helfen, mein Ziel zu erreichen bzw. wie kann ich dieser Person helfen, ihr Ziel zu erreichen. Es geht beim Netzwerken nicht um die  Suche nach einer neuen besten Freundin, sondern um ein Gegenüber, mit dem ich mich austausche, das mich stärkt, von dem ich lernen und das mich weiterbringen kann – weil es mir früher oder später wieder zugute kommt.

Was unterscheidet Frauen- von Männernetzwerken?

Männer  verstehen es besser sich gegenseitig zu unterstützen, nach dem Motto „eine Hand wäscht die andere“. Sie achten dabei weniger auf Sympathie als auf Ihren eigenen Vorteil. Frauen unterstützen sich dafür in viel weiteren Bereichen – das beginnt beim Erfahrungsaustausch über eine berufliche Situation und endet mit der Empfehlung eines guten Kinderarztes. Ich erlebe die Bindungen im Frauennetzwerk als inniger – was natürlich ein Vorteil, manchmal aber auch ein Nachteil ist.

In Kürze findet in Lienz die Gründungsveranstaltung von „Business and Professional Women Osttirol“ statt. Wie wichtig ist die internationale Vernetzung von interessanten Frauen?

Über den eigenen Tellerrand zu blicken, sprich mit Frauen außerhalb der eigenen Branche oder des eigenen Landes oder gar Kulturkreises sich auszutauschen, ist ungemein bereichernd und erweitert den Horizont. Ich selbst habe bei meinen Dienstreisen ins Ausland immer wieder die Kontakte zu den anderen BPW Clubs genutzt und es hat mir in vielen Situationen weitergeholfen. Angefangen von Kleinigkeiten wie in einer fremden Stadt den Abend nicht alleine verbringen zu müssen, sondern mit einer ortsansässigen Frau in einem Lokal essen zu gehen, wo man allein nicht hingehen würde, da man es nicht findet. Bis hin zu beruflichen Hilfestellungen – so z.B. als ich einen Notar in einer deutschen Stadt suchte und nicht einfach jemanden aus dem Telefonbuch suchen wollte. Frauen fühlen sich gestärkt, wenn sie einmal bei einem internationalen BPW Treffen andere engagierte und erfolgreiche Frauen kennen gelernt haben. Dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit ist unglaublich und man fühlt sich dann mit den eigenen Problemen nicht mehr so allein, weil man sieht, es geht anderen auch so und man bekommt oft sogar eine wichtige Anregung, wie man das Problem lösen kann.

Was ist Ihrer Ansicht nach die Basis eines gut funktionierenden Netzwerkes?

Ein Gleichgewicht an Geben und Nehmen. Der Netzwerkforscher Harald Katzmair hat einmal ein Netzwerk mit einen Bankkonto verglichen. Ich kann von einem Konto nicht nur abheben, ich muss auch etwas einzahlen, damit ich wieder etwas bekomme. Und so ist es auch beim Netzwerken – ich kann nicht nur nehmen, ich muss auch bereit sein, in das Netzwerk zu investieren. Und Netzwerken ist keine kurzfristige Angelegenheit. Dessen müssen sich die Mitglieder bewusst sein – das Geben und Nehmen braucht Zeit und ist ein immer wieder kehrender Zyklus. Und eine weitere wichtige Basis für ein Netzwerk ist ein klares gemeinsames Ziel, eine gemeinsame Vision. Ist diese unklar, entsteht schnell Unzufriedenheit – da keiner weiß, in welche Richtung es geht und wofür man sich überhaupt engagiert.

Danke für das Interview!

Ein Posting

Riki
vor 14 Jahren

Sehr interessantes Interview! Es zeigt, wie unterschiedlich Frauen und Männer im Beruf ticken und wie wichtig Netzwerke sind.

 
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