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Tischler Forcher pachtet Rauchkofeljagd

Vergabediskussion im Lienzer Gemeinderat. Bestbieter bot mehr als das Doppelte.

Hat der Lienzer Gemeinderat bei der Verpachtung der Rauchkofeljagd einen Bock geschossen? Darüber wurde heftigst diskutiert. Foto: Brunner Images
308 Hektar groß ist die Rauchkofeljagd, eines von drei Jagdgebieten in städtischem Besitz. Sie wurde vom Ausschuss für Umwelt, Land- und Forstwirtschaft für zehn Jahre zur Pacht ausgeschrieben mit der Auflage, dass der künftige Pächter seinen Wohnsitz in Osttirol haben muss. Den Zuschlag erhielt der Lienzer Tischler Gerhard Forcher, der 5000 Euro brutto als Jahrespacht anbot. Die Vergabe führte am 10. April zu intensiven Diskussionen im Gemeinderat, weil Ralf Jonas – Pensionist aus Deutschland mit Osttiroler Wohnsitz – mit 10.000 Euro netto pro Pachtjahr mehr als das Doppelte geboten hatte. Ausschussvorsitzender Andreas Hofer (SP) warf der ÖVP Klientelpolitik vor. Er hatte im Ausschuss gegen die Entscheidung gestimmt. Für Forcher votierten die VP-Ausschussmitglieder Alois Lugger, Kurt Steiner und Andreas Tiefenbacher, aber auch der ebenfalls mit der Vergabe befasste Stadtrat inklusive Elisabeth Blanik. Die Bürgermeisterin erklärte sich vor der finalen Beschlussfassung im Gemeinderat allerdings für befangen. Ihr Sohn sei mit einem Sohn des künftigen Pächters befreundet. Das wollte wiederum die ÖVP nicht gelten lassen. Blanik verließ zunächst demonstrativ den Saal, kehrte dann aber wieder zurück und enthielt sich der Stimme. "Forcher zahlt 50.000 Euro Kommunalsteuer und beschäftigt 80 Mitarbeiter, das hat einen lokalen Wert", argumentierte VP-Vizebürgermeister Meinhard Pargger zugunsten des künftigen Pächters, der die Jagd auch für Geschäftskunden brauche. "Auch ohne Anfüttern von Kunden wird Tischler Forcher überleben", konterte Uwe Ladstätter (LSL) und Andreas Hofer schlug vor: "Schenken wir die Jagd doch gleich dem Liebherr". Für den einzigen Jäger im Gremium, VP-Mandatar Kurt Steiner ("Ich bin von Amateuren umgeben"), stellte sich bei der Vergabe zudem die Frage des angemessenen Preises. Forchers Offert liege bereits um 10 bis 15 Euro pro Hektar über dem Durchschnitt, das Angebot von Jonas sei weit über dem tatsächlichen Marktwert angesiedelt. Reinhard Tiefenbacher gab zu bedenken: "Bald werden andere Jagden in Tristach, Amlach, Lavant, Leisach und Lienz neu ausgeschrieben. Bei diesen überhöhten Preisen bleiben die heimischen Jäger auf der Strecke." Neben der Rauchkofeljagd besitzt die Stadt noch die Hochsteinjagd mit 522 Hektar und die Schwarzbodenjagd mit 1581 Hektar, die an acht unterschiedliche Jäger verpachtet wird. 2007 lag der Jahreserlös für alle drei Jagden bei rund 4000 Euro.
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

5 Postings

Sonnenstadtler
vor 12 Jahren

@ Christof: stimmt, auf den Punkt!

 
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Christof
vor 12 Jahren

Ob die getroffene Entscheidung die richtige ist, möge jeder für sich selber entscheiden!

Fakt ist, daß Gerhard Forcher bereits schon das doppelte geboten hat, was die Jagd mit dem Wildbestand und Abschussplan eigentlich wert ist!

Mögen LSL und SPÖ denken wie sie wollen, ich bin mit Kurt Steiner und Reinhard Tiefenbacher einer Meinung ---> so bleibt der wirklich heimische Jäger auf der Strecke, der nicht so viel Kleingeld besitzt, aber vielleicht um einiges mehr an Heimatverbundenheit, Verständnis, Arbeit und Fleiss in das Revie steckt!

Waidmann´s Heil Profitgesellschaft!!!

 
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idealis
vor 12 Jahren

Danke anton2009, super auf den Punkt gebracht -> Bin vollkommen deiner Meinung! Hier zeigt sich die Art der Politik die in den "Alleinherrschaftsjahren" der ÖVP eingebürgert hat. "Freunderlwirtschaft". Meine Frage: Zu welchem Zweck überhaupt ÖFFENTLICHE AUSSCHREIBUNG, wenn das Höchstgebot so eklatant abgewimmelt wird? Diese Art geht jetzt zu weit. Wenn wir uns andere mögliche simplifizierte Beispiele vorstellen. Sollten große Unternehmer, gratis Eintritt im Schwimmbad, vergünstigte Privatbaugründe oder vielleicht einen Urlaub auf Kosten der Stadt finanziert bekommen, nur weil sie alle Kommunalsteuer bezahlen?? Genau diese Dinge, zeigen das momentane Erpressungspotenzial Einzelner gegenüber der Politik. Unter dem Diktat der Wirtschaft steht zweifelsohne die derzeitige Politik. Dieser Lobbyismus ist ja vertretbar aus der Sicht der VP, doch soll sich die Bevölkerung ein Bild machen über die Verluste die damit verbunden sind. f ü n f u n d f ü n z i g t a u s e n d

 
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ManD
vor 12 Jahren

Gratuliere der Stadtführung - endlich schaut mal jemand nicht nur auf das Geld - es ist doch schon schlimm genug, dass viele schöne Baugrundstücke nur mehr an Auswertige gehen weil es sich der Einheimische nicht mehr leisten kann !! Sollte sich mal so mancher Bauer und Großgrundbesitzer zum Vorbild nehmen !!

 
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anton2009
vor 12 Jahren

Als "Nichtjäger" verstehe ich das nicht ganz! Da verzichtet die Stadt auf € 50.000,-- (in Worten: fünfzigtausend) in 10 Jahren. Offensichtlich kann sich die Stadt Lienz das leisten! Weidmanns Heil!

 
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