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Private Vermieter drücken die Schulbank

Fortbildungsreihe soll touristische Kleinbetriebe konkurrenzfähiger machen.

"Eigentlich sollte ich zu Hause sein und Anfragen beantworten." Theresia Rainer (sitzend) vermietet 99% ihrer Zimmer über das Internet. Barbara Nussbaumer und Franz Theurl wundert das nicht.
Mit einer Fortbildungsoffensive wollen das Land, der TVB-Osttirol und der Verband der Privatzimmervermieter touristische Kleinbetriebe für den Wettbewerb um internationale Gäste rüsten. Acht Seminare werden im Rahmen der "Vermieterakademie Osttirol" angeboten, großteils zum Thema Marketing und vorwiegend auf das Internet konzentriert. Zum Auftakt fand im Matreier Kesslerstadel eine Impulsveranstaltung statt. Im Oktober gehen die beiden ersten ganztägigen Kurse in Lienz über die Bühne, "Google richtig nutzen" und "Cleveres Marketing mit kleinen Budgets" sind die Themen. Für insgesamt acht Kurse bis Ende 2014 zahlt der TVB 10.500 Euro, das Land 5.000 Euro und jeder Kursteilnehmer 60 Euro. Bei der Vorstellung des Projekts skizzierten TVB-Obmann Franz Theurl, Barbara Nussbaumer von der Osttirol Werbung und die Obfrau der Osttiroler Privatzimmervermieter Theresia Rainer den Status Quo im Bezirk. 800 Privatzimmervermieter gibt es, ein Viertel davon ist im Verband organisiert. Die privaten Quartiergeber haben maximal zehn Betten und drei Ferienwohnungen und stellen ein Drittel der insgesamt 18.800 Betten des Bezirkes. Sie können mit 25 bis 40 Euro je Nächtigung kalkulieren, kein schlechter Preis verglichen mit Nordtirol. In den tourismusintensiveren Regionen geben die großen Hotels in der Zwischensaison kräftige Rabatte und konkurrenzieren damit die kleinen Privaten. Ihre Zahl sinkt seit Jahrzehnten rapide, nicht nur in Osttirol. Seit dem Jahr 2000 gingen 8000 Privatbetten im Bezirk verloren. Der Rückgang wurde nur zum Teil durch einen Zuwachs an hochwertigen Hotelbetten aufgefangen. "Es ist primär eine Lebensentscheidung", erklärt Franz Theurl. Was in den Siebzigern eine zwar kleine, aber willkommene Einkommensquelle in Hochgebirgsregionen war, entspricht heute nicht mehr den Karrieremustern jüngerer Generationen. Die Aufrüstung auf moderne Standards ist teuer, Räume werden für eigene Zwecke gebraucht, Arbeitsplätze in der Stadt sind attraktiver. Und doch gibt es eine Renaissance der Privatquartiere, davon ist Theresia Rainer überzeugt. Sie ist mit Leib und Seele Gastgeberin und hatte ein AHA-Erlebnis auf einem Fortbildungsseminar der Qualitätsvereinigung alpiner Gastgeber: "Ich dachte, ich weiß eigentlich alles, aber der Kurs hat mir die Augen geöffnet. Wenn sich alle anderen weiterbilden, müssen das auch wir tun." Wer sein Haus an der Straße hat, mag mit einem "Zimmer frei"-Wimpel noch den einen oder anderen Zufallsgast ins Bett holen. Ansonsten regiert aber auch bei Privatzimmervermietern uneingeschränkt das Internet. 99% ihrer Anfragen bekomme sie online, erzählt Rainer: "Eigentlich müsste ich schon wieder zu Hause sein um Anfragen zu beantworten."
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

Ein Posting

hoidanoi
vor 12 Jahren

Es ist primär eine Lebensentscheidung. Räume würden für eigene Zwecke genutzt. Fragte man die Kinder der Vermietergeneration aus den 60er und 70er Jahren, ob sie ihre Kinder für den dringend benötigten Gast, der mit der Familie gemeinsam am Frühstückstisch sitzt und deren Leben en passent mitbucht, aus dem Zimmer ausquartieren würden, so würde diese Frage wohl nur noch in den seltensten Fällen mit Ja beantwortet. Der Schaden, der damals angerichtet wurde, wirkt bis heute noch nach. . Die Professionalisierung der Privatzimmervermieter ist eine gute Sache. Wichtig wäre auch eine Professionalisierung der gewerblichen Vermieter. Das Bild von der interessanten Einnahmensquelle ist interessant, riskiert man einen Blick auf die Angebote auf der TVB-Homepage. Man erkennt, gar so weit sind Hotellerie und Privatzimmervermieter in Teilbereichen voneinander nicht entfernt, leider auch in Sachen Prfessionalität. . Der TVB selbst hat sein Anfragemanagement gut gebaut, scheitert aber wohl auch an der Rückmeldungsquote der Vermieter selbst. Auch hier tut Professionalisierung Not. Interessant wäre zu wissen, wie die letzten Anfragetests bei Häsuern und Vermietern ausgefallen sind. Wie lange die Laufzeiten waren zwischen Anfrage, Antwort. Wie hoch die Qualität der Antwort war. Ob auf die Kundenwünsche eingegangen wurde. Wie geantwortet wurde. Lauter interessante Fragen, die nicht nur für Privatzimmervermieter von hoher Relevanz sind. . Dass Franz gerade wahlwerbend durch die Lande zieht, nimmt nicht wuder. Nun, er hat die Gelegenheit dazu und er nutzt sie. Dass ihm mit Frau Nussbaumer ein attraktiver Counterpart gegeben ist, schadet seiner Sache nicht. Wenn dabei auch noch Qualitätssteigerung erzielt würde, die der Allgemeinheit Nutzen bringt, so wäre dies sehr zu begrüßen. Auch und besonders unter denen, die nicht nur aus Privatvergnügen Vermieter sind. . Frau Rainer hat ihre irrige Ansicht über die eigene All-Wissenheit revidiert und dazu ist sie zu beglückwünschen. Wir wissen alle einen ganzen Haufen nicht, was teilweise daran liegt, dass wir uns nicht informieren, manchmal aber auch daran, dass wir - obwohl wir interessiert sind - nicht informiert werden. Ganz besonders in Tourismussachen ein ewiges Dilemma. Und dabei so leicht zu beheben. . Dafür bräuchte man gar kein Fähnchen in den Wind hängen, könnte bequem die Segnungen des Internets nutzen, Mitgliederinformaiton versenden, Jahresrechnungen publik machen, den Tätigkeitsbericht der OW, deren Gebarung veröffentlichen, Aufklärung über die jetzige Verbandsstruktur geben, Ansprechpartner nennen, Pläne entwerfen und Mitstreiter werben. Die Liste an Interessen ist lang. Das Wissenensdefizit enorm. Die Gegenstrategien einfache, aber vielleicht unangenehm.

 
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