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Bestehendes braucht eine neue Deutung

Vulkanland-Miterfinder Josef Ober erklärte in Lienz, wie man eine Region "in Wert setzt".

Der steirische VP-Abgeordnete Josef Ober erklärt, was eine Region wertvoll macht. Foto: Brunner Images
Der steirische VP-Abgeordnete Josef Ober erklärt, was eine Region wertvoll macht. Foto: Brunner Images
Es klang wie eine Mischung aus Managementseminar und Philosophieunterricht, als der steirische Landtagsabgeordnete Josef Ober auf Einladung der Vordenkerrunde rund um Durst-Chef Richard Piock am 5. September im Saal der Wirtschaftskammer ausführte, wie man eine Region "in Wert setzt". Ober weiß, wovon er spricht. Er zählt zu den Schöpfern des steirischen "Vulkanlandes", einer regionalen Entwicklungsinitiative zur Aufwertung der südoststeirischen Grenzregion, die jahrzehntelang zu den ärmsten Ecken Österreichs zählte. Mit rund 100.000 Menschen in 79 Gemeinden hat die Region um Fürstenfeld etwa doppelt so viele Einwohner wie Osttirol und hatte auch eine Reihe der hierzulande diskutierten Schwächen, allen voran die zunehmende Abwanderung. Doch die Steirer schafften die Trendwende und den Aufbau eines neuen Selbstwertgefühls, das sich für Ober vor allem durch "Inwertsetzung" bestehender Qualitäten aufbaut: "Wir müssen dem Bestehenden durch innovative Deutung eine zeitgemäße Bedeutung geben" erklärte der Steirer einem gut besetzten Auditorium im Saal der Wirtschaftskammer in Lienz und ließ keine Zweifel aufkommen, wer am Ende für die Entwicklung einer Region verantwortlich ist: "Nur wir selbst bestimmen, was Bedeutung hat." Damit ein dynamischer Prozess und letztlich der Aufbau einer Marke und neuer Wirtschaftkraft gelingt, müsse vor allem eines vorhanden sein: eine gemeinsame Vision als Triebfeder für den Fortschritt. Nach Obers These hat sich die Nachkriegsvision vom Wohlstand längst erfüllt und ist einem "Jammern auf höchstem Niveau" gewichen, das nach neuen Leitbildern als Motivation für künftige Veränderung ruft. Wo diese Vision angesiedelt ist, weiß der Politiker auch, nämlich in der Überwindung der "Zuvielisation" und dem Aufbau von immateriellen Mehrwert-Strategien, die auf Lebensqualität und regionale Identität fokussieren, als Befriedigung einer tiefen Sehnsucht in der reizüberfluteten Welt von heute. Im "Vulkanland" werden Kulinarik, Handwerk und Lebenskraft als Schlüsselwerte aus Obers Sicht nicht nur inszeniert, sondern auch gelebt. Ob und wie diese Strategie der "Inwertsetzung" für Osttirol adaptiert werden kann, wird demnächst in neun Vordenker-Arbeitskreisen ein Thema sein. Sie wollen aus unterschiedlichen Perspektiven – von Landwirtschaft über Tourismus bis Energie – ein gemeinsames Leitbild für den Bezirk finden.
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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