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Zahlen Osttiroler bald Maut auf dem Felbertauern?

Zumindest Lkw-Sondertarife wackeln. Dringlichkeitsantrag der FPÖ.

Am Südportal des Felbertauerntunnels ist nicht egal, mit welchem Kennzeichen man den Schlagbaum passiert. Foto: Expa/Groder
Am Südportal des Felbertauerntunnels ist nicht egal, mit welchem Kennzeichen man den Schlagbaum passiert. Foto: Expa/Groder

Weil Pkw mit Osttiroler Kennzeichen auf der Felbertauernstraße mautfrei unterwegs sind, Nordtiroler und Anrainer aus Salzburg vergünstigte Tarife erhalten und auch Lkw-Mauttarife nach Herkunft des Fahrzeugs gestaffelt werden, leitete die EU vor Monaten ein Pilotverfahren gegen die Republik Österreich ein, das jetzt in ein Vertragsverletzungsverfahren mündet.

Damit eskaliert ein alter Streit, in dem der Innsbrucker Anwalt Thaddäus Schäfer eine wiederkehrende Rolle spielt. Er hat bereits mehrfach versucht, die Felbertauernmaut anzufechten und schloss sich auch im aktuellen Verfahren einer Klage an, die von einer deutschen Autolenkerin eingebracht wurde. „Dolomitenstadt“ berichtete bereits  vor zwei Jahren über diese Problematik, die durch die Folgen des Felssturzes vom Mai 2013 in ihren Auswirkungen noch verstärkt wird.

Politisch versucht die Tiroler FPÖ jetzt mit dem Thema zu punkten. Der blaue Landtagsclub – noch mit Gerald Hauser, der demnächst in den Nationalrat übersiedelt – brachte am 16. Oktober einen Dringlichkeitsantrag ein. Die Landesregierung soll aufgefordert werden, sich beim Bund – zu 60% Eigentümer der Felbertauernstraße – für die Beibehaltung der Mautbefreiung bzw. der Vergünstigungen einzusetzen. Die Freiheitlichen dürften offene Türen einrennen, doch das Thema ist heikel und reicht weit über Osttirol hinaus.

Nicht privater Neid einer deutschen Autofahrerin, sondern handfestes wirtschaftliches Lobbying dürfte der wahre Auslöser für den  EU-Vorstoß sein. Es werden auch Lkw aus der Region begünstigt, darunter Fahrzeuge, die für überregionale Speditionen fahren, aber ihren Heimathafen in Lienz haben. Günstigere Lkw-Tarife seien eine Abgeltung von Standort-Nachteilen und kein Wettbwerbsvorteil argumentiert die Wirtschaftskammer. Dennoch gilt als unwahrscheinlich, dass diese Begünstigung das EU-Verfahren „überlebt“. Die Staffelung in Einheimische, Anrainer und Drittländer birgt Zündstoff. Bis andere Regeln eingeführt werden, können allerdings Jahre vergehen. EU-Verfahren sind langwierig.

Bessere Überlebenschancen räumen Experten der Pkw-Freifahrt für Osttiroler über den Felbertauern ein, zumal das Land dafür auch Ersatzleistungen bezahlt. Die Zahl der Freifahrten ist beeindruckend: ca. 260.000 Mal pro Jahr passiert ein Pkw mit LZ-Kennzeichen den Schlagbaum am Felbertauern-Südportal, Tendenz stark steigend. Würde für diese Fahrten der Normaltarif verrechnet werden, müssten die Osttiroler 2,6 Mio Euro Maut pro Jahr bezahlen, das sind im Schnitt 52 Euro pro Einwohner des Bezirkes.

Generell gilt die Klärung der Felbertauern-Mautfrage als wegweisend, weit über den Bezirk hinaus. Abgestufte Tarifregeln aller Art könnten gekippt werden, wenn sie Einheimische bevorzugen, von der Gemeinde-Mautstraße bis zum Skilift. Einheimischentarife sollten nach einem EUGh-Entscheid seit 2006 passé sein, werden aber in vielen Skigebieten noch immer gewährt, allerdings ohne offizielle Ausschilderung.

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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