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Simon von Taistens Meisterwerk im Fokus

Wie gut erhalten sind die Fresken in der Kapelle von Schloss Bruck?

Obwohl in der offiziellen Bewerbung des Lienzer Stadtmuseums Schloss Bruck vor allem Albin Egger im Vordergrund steht, hat die ehemalige Residenz der Görzer Grafen ein kunsthistorisch zumindest ebenbürtiges Werk im architektonischen Repertoir: die zweigeschossige Schlosskapelle. Angelegt wurde sie bereits im späten 13. Jahrhundert, doch erst in der Spätgotik unter der Regie des letzten Görzer Grafen Leonhard und seiner Frau Paola entfaltete ein Pustertaler Meister in diesem Sakralraum seine Kunst, der unvergesslich blieb: Simon von Taisten. Seine Handschrift trägt auch das Innere der Kirche von Obermauern und seiner Prominenz ist zuzuschreiben, dass die Schlosskapelle als Kulturdenkmal europäische Bedeutung hat.
Restaurator Jörg Riedel arbeitet für das Bundesdenkmalamt an einem Konzept zur langfristigen Sanierung der Schlosskapelle. Foto: Dolomitenstadt/Egger
Restaurator Jörg Riedel arbeitet für das Bundesdenkmalamt an einem Konzept zur langfristigen Sanierung der Schlosskapelle. Foto: Dolomitenstadt/Egger
In den vergangenen drei Wochen war die Kapelle eingerüstet, ein Team des Bundesdenkmalamtes unter Federführung von Restaurator Jörg Riedel verschaffte sich einen Überblick über den Zustand der Fresken. Rechtzeitig zu Beginn der Ausstellungssaison wurden am 8. Mai die Gerüste entfernt, nicht ohne zuvor den Medien Gelegenheit zu einer Nahaufnahme der Meisterwerke zu bieten. Sie befinden sich in einem "bravourösen Erhaltungszustand" attestierte Riedel und ortete dennoch Handlungsbedarf. Ein temporärer Wasserschaden hat dem Motiv "Weltgericht" zugesetzt, da bröckelt buchstäblich der Putz, in die wetterexponierte Westwand der Kapelle dringt Feuchtigkeit "progressiv" ein und oft deuten nur winzige Kleinigkeiten auf Veränderungsprozesse in diesem spektakulären Kunstraum hin. Nützlich sind da zum Vergleich alte Aufnahmen, die beispielsweise Albin Eggers Vater Georg Ende des 19. Jahrhunderts aufgenommen hat. Er arbeitete als Fotograf in Lienz.
Magdalena Schindler (rechts) und Katharina Ivanovskis analysieren behutsam den Zustand der "Schutzmantelmadonna". Foto: Stadt Lienz/Lenzer
Magdalena Schindler (rechts) und Katharina Ivanovskis analysieren behutsam den Zustand der "Schutzmantelmadonna". Foto: Stadt Lienz/Lenzer
Neben penibler Kartografierung und fotografischer Dokumentation messen und kontrollieren die Restauratoren die Feuchtigkeit der Wand, analysieren im Labor Pigmente und Salze, begeben sich zugleich aber auch auf kunsthistorische Spurensuche zur Genese des imposanten Bilderzyklus, der über die Jahrhunderte nicht immer sanft "restauriert" wurde. Am Ende dieser akribisch und auch detektivisch angelegten Arbeit soll ein Konzept stehen, das als wissenschaftlicher Leitfaden für die Erhaltungsarbeiten der kommenden Jahre und Jahrzehnte dienen kann. Es kostet 50.000 Euro, die laut Bürgermeisterin Elisabeth Blanik nicht im aktuellen Sanierungsbudget des Schlosses enthalten sind. Schloss Bruck-Abteilungsleiterin Silvia Ebner sah das zwar anders, der Betrag spielt aber angesichts des aktuellen Sanierungsvolumens von 1,3 Millionen Euro ohnehin eine untergeordnete Rolle und scheint mehr als angemessen vor dem Hintergrund, dass Simon von Taistens Fresken historisch und künstlerisch zu den wertvollsten Schätzen der Stadt zählen.
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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