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Fürhapter stoppt Hotelprojekt in Innervillgraten

"Wir gehen einen Schritt zurück und schauen doch nach vorn."

Aus Fehlern wird man bekanntlich klug. Davon kann Martin Fürhapter ein Lied singen. 2010 beschloss der Villgrater Versicherungsmakler gemeinsam mit seiner Frau Irmtraud, so richtig durchzustarten. Nicht irgendwo in der Welt, sondern vor der eigenen Haustüre. "Wir führen die Natur Residenz Villgraten, sind also schon im Tourismus aktiv und waren deshalb voll motiviert, im Ort ein neues Hotel zu bauen." Es sollte keine Bettenburg werden, aber immerhin ein 80-Betten-Haus um fünf Millionen Euro, im Stil passend zum 980-Seelen-Dorf im hinteren Villgratental und platziert mitten im Ort, auf dem 2500 m2 großen Gelände des alten Zollhauses. Fürhapter sicherte sich 2010 eine Option auf den Kauf des Grundstückes, die er im Juli 2011 zog. Er kaufte das Areal von der Gemeinde, die sich ihrerseits ein Vor- und Wiederkaufsrecht sicherte und damit eine Hintertür offen ließ. Fürhapter musste sich verpflichten, bis Ende 2012 sämtliche Unterlagen zur Bewilligung des Projektes vorzulegen und nach der Bewilligung innerhalb von drei Jahren zu bauen. Es folgt eine Chronologie des Scheiterns und zugleich ein Paradebeispiel für das, was Unternehmertum letztlich ausmacht: die Bereitschaft zum Risiko, den Willen zur Gestaltung – und die Fähigkeit, aus Niederlagen zu lernen. Martin Fürhapter reichte seine Pläne bei den Behörden ein – und spürte Gegenwind. "Und zwar kalten Wind, zunächst aus Teilen der örtlichen Wirtschaft. Sportlich fair war das aus meiner Sicht nicht. Es gab keine Chance zur offenen, unvoreingenommenen Erörterung von Sachfragen." Die Raika Villgraten und ein Gastwirt als direkter Nachbar hatten die stärksten Bedenken. Der Nachbar legte Einspruch gegen den Baubescheid ein, das Verfahren wurde bis in die letzte Instanz ausgefochten. Erst heuer wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab. Fürhapter erhielt recht. Zu spät, wie sich herausstellen sollte. Im Villgratental gingen nämlich nicht nur Jahre ins Land, sondern auch die Wogen hoch. Der Widerstand gegen das Hotelprojekt nahm öffentlichen Charakter an, die Medien berichteten, das Vorhaben polarisierte die Bevölkerung, Unterschriften wurden gesammelt, die Zufahrt war plötzlich ein Thema. "Wir wurden viel angefeindet. Auch eine Erfahrung", erzählt der Unternehmer, der im Gemeinderat sitzt, als einer von drei Vertretern der "Liste für Gewerbe, Tourismus und Landwirtschaft", die sich zur ÖVP zählt, ebenso wie die mit sieben von 11 Sitzen regierende Fraktion des Bürgermeisters Josef Lusser. Und dann hatten die Fürhapters auch noch Pech – oder Glück, wie man es nimmt: "Wir haben bei der Ausführungsplanung einen Fehler in der Statik entdeckt, mussten alles stoppen und umplanen. Das Problem war gravierend, eine neuerliche Bauverhandlung unausweichlich." Nicht nur die Proteste im Dorf, auch die jahrelange Beschäftigung mit dem Thema ließen Martin und Irmtraud Fürhapter umdenken: "Wir haben dazugelernt und wir wollten etwas machen, womit sich alle identifizieren können, ein Projekt, das ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist", erzählen die beiden.
"Wir wollten etwas machen, das ökonomisch und ökologisch sinnvoll ist." Martin Fürhapter ist mit seinem Projekt in Innervillgraten gescheitert. Vorerst, wie er betont. Foto: Dolomitenstadt/Egger
"Wir wollten etwas machen, das ökonomisch und ökologisch sinnvoll ist." Martin Fürhapter ist mit seinem Projekt in Innervillgraten gescheitert. Vorerst, wie er betont. Foto: Dolomitenstadt/Egger
Das ursprüngliche Hotel wurde in der zweiten Planung zum Chaletdorf, mit 60-70 Betten in Appartments und deutlich günstiger, mit einem Bauvolumen von drei Millionen Euro. Doch der 43 Jahre alte Fürhapter machte die Rechnung ohne den Wirt. Sein Chaletdorf wurde nicht bewilligt, "obwohl es alle Seiten als besser gesehen haben als das ursprüngliche Hotel", erklärt der Projektant, der Monate auf einen Bescheid wartete und am Ende mit einem Knalleffekt konfrontiert war: Weil eine neue, mit dem Ursprungsprojekt nicht vergleichbare Planung vorlag, sah die Gemeinde Innervillgraten die ursprüngliche Einreichfrist verstrichen und pochte plötzlich auf ihr Wiederkaufsrecht. "Die Gemeinde hat die erste Frist einseitig zu meinem Nachteil ausgelegt und mir Vertragsbruch vorgeworfen. Für mich ist das politisches Unvermögen. Das und die fehlende Genehmigung des Chaletdorfes waren der Todesstoß für das Projekt." Fürhapter stieg aus und die Gemeinde fasste den Beschluss, das Grundstück von ihm zurückzukaufen. "Und so haben wir eine gültige Baubewilligung für ein 80-Betten-Hotel, das wir nicht mehr bauen wollen, aber keine Chance, das kleinere und aus unserer Sicht besser zum Ort passende Projekt zu verwirklichen", resümiert Fürhapter. Er und seine Frau haben viel Energie verbraucht in den vergangenen Jahren – und doch noch Kraft für eine neue unternehmerische Offensive: "Wir gehen einen Schritt zurück, um einen freien Blick auf neue Ideen und Projekte zu bekommen", erklärt das Ehepaar. Das Hotelprojekt im Ort ist gestorben. Aber einige alternative Standorte haben die beiden schon ins Auge gefasst.
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

2 Postings

Oberland
vor 10 Jahren

Die Story zum Hotelprojekt der Familie Fürhapter gibt die Geschehnisse der letzten Jahre wahrheitsgetreu und sachlich wieder. Schade für Innervillgraten - diese Initiative wäre eine grosse Chance gewesen!

 
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osttirol20
vor 10 Jahren

Lieber Martin,

vorab Gratulation zur ausgezeichneten Selbstinszenierung. Deine Geschichte wurde ja grundsätzlich richtig erzählt, hättest du nicht einige Details einfach weggelassen - so ist sie dann doch etwas einseitig ausgefallen. Lass mich dir doch etwas auf die Sprünge helfen: Als Gemeinderat bzw. Gemeindevorstand solltest du doch darüber im Bilde gewesen sein, dass das von dir gekaufte Grundstück über keine Zufahrt verfügt - "hosche die Augn bam voabeifoan nia aufgmocht, dasse die Maua et gseachn hosch". Es ist somit sicherlich ein gewisser Grad an Eigenverschulden vorhanden, wenn du dir ein Grundstück kaufst, welches blöderweise nicht zu erreichen ist. Deshalb ist es von dir auch nicht fair, jetzt dem Bürgermeister dafür die Schuld zu geben. Auch hättest du etwas früher mit allen Beteiligten, sprich Anrainern, reden sollen. Auch hätte für dich der gleiche Quadratmeterpreis gelten müssen, mit dem das Grundstück früheren Interessenten angeboten wurde (macht natürlich auch keine Freunde). Und natürlich der Punkt, dass die Lage des Projekts direkt im Ortszentrum auf großen Widerstand in der Bevölkerung gestoßen ist, was durch die Unterschriftensammlung gegen den Bau zu belegen ist. Letztlich noch eine Anmerkung zu deinem Argument einer Bettenburg: Freilich wäre dein Projekt mit 80 Betten immer noch ein kleiner Fisch im "Touristischen Haibecken". Dennoch hat sich dein politischer und touristischer Weggefährte Sepp Schett und auch du früher immer gegen Beherbergungsbetriebe mit mehr als 50 Betten im Villgratental gewehrt.

Ich wünsche dir für dein nächstes Projekt viel Erfolg und rate dir, schon im Vorfeld mit deinen zukünftigen Nachbarn und dem Bürgermeister zu sprechen, um Schwierigkeiten von vornherein zu bereinigen um nicht später die Schuld wieder auf andere zu schieben.

 
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