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Innozenz Ploner – Aguntums vergessener Ausgräber

Ein Pater begründete die archäologische Erforschung der Römersiedlung.

Wir schreiben das Jahr 1912. Im Lienzer Franziskanerkloster erkrankten zahlreiche Ordensbrüder und ein Südtiroler Mitbruder traf ein, um seelsorgerisch auszuhelfen: Innozenz Ploner. Er war damals knapp 50 Jahre alt, stammte aus Villanders, hatte das Augustinergymnasium in Brixen besucht und war schon als 17-Jähriger in den Franziskanerorden eingetreten. Ploner studierte in Innsbruck Naturwissenschaften und unterrichtete am Franziskanergymnasium in Bozen, bevor er 1903/1904 für ein Jahr ins Heilige Land reiste. Es war eine prägende Reise. In seinem Tagebuch berichtete Innozenz Ploner über das Leben in Jerusalem, die Betreuung von Pilgern, aber auch vom Besuch zahlreicher historischer Stätten. Ploners Interesse für Archäologie war geweckt und fand in Osttirol ein ideale Betätigungsstätte: Aguntum.
Innozenz Ploner war der erste, der umfangreiche archäologische Ausgrabungen in Aguntum durchführte. Fotos: Universität Innsbruck
Innozenz Ploner war der erste, der umfangreiche archäologische Ausgrabungen in Aguntum durchführte. Fotos: Universität Innsbruck
„Wir sind in einer Zeit, in der viele archäologische Aktivitäten auf Initiative von Privaten und engagierten Laienforschern zurückgehen,“ erklärt Ass.-Prof. Florian Müller. Er leitet ein Forschungsprojekt der Universität Innsbruck, das sich auf die Spur dieses vergessenen Aguntum-Forschers begibt. In Lienz hatte sich Anfang des 20. Jahrhunderts gerade der „Museumsverein für Lienz und Umgebung“ gegründet, der mit prominenten Bürgern der Bezirkshauptstadt besetzt war und auch archäologische Ausgrabungen in Aguntum anregte. Ploner stand in Kontakt mit dem Verein. Er arbeitete im Frühjahr und Sommer 1912 an unterschiedlichen Plätzen in Aguntum, aber auch in Nußdorf-Debant. Er entdeckte dabei die Überreste einer römischen Villa mit Fußbodenheizung und ausgedehnten Mosaiken und forschte in einem Bereich, der nach heutigem Kenntnisstand zur Therme von Aguntum gehörte. Sein bedeutendster Fund ist jedoch die Stadtmauer von Aguntum, der er von da an auch in seiner zweiten Grabungskampagne 1913 sein Hauptaugenmerk widmete.
Ploners bedeutendster Fund war die Stadtmauer der Römersiedlung östlich von Lienz.
Ploners bedeutendster Fund war die Stadtmauer der Römersiedlung östlich von Lienz.
Ploners Funde gingen unentgeltlich an den Lienzer Museumsverein und bildeten so den Grundstock der römischen Sammlung Aguntiner Funde in Osttirol. „Spannend ist die Auseinandersetzung mit der damaligen Fachwelt, die von Ploners Aktivitäten zunächst völlig überrascht wurde“, berichtet Projektleiter Müller. „Hunderte Seiten von Akten, Briefen und Notizen fanden sich in verschiedenen Archiven in Innsbruck, Wien, Lienz und Hall i.T., die derzeit ausgewertet werden und die frühen Ausgrabungen 1912/13 in neuem Licht erscheinen lassen.“ Was blieb von Innozenz Ploner? 1914 erkrankte der Pater plötzlich an einem Herzleiden und starb. Seitdem ist Ploner nur eine Fußnote in der Forschungsgeschichte von Aguntum. Zu Unrecht, wie sich jetzt herausstellt. Innozenz Ploner war der Erste, der umfangreiche archäologische Ausgrabungen in Aguntum durchführte und dem es gelang, selbständig hohe finanzielle Mittel für diese Arbeiten einzuwerben. Ihm ist es zudem zu verdanken, dass nach Jahrhunderten kleinerer Schatzgrabungen und privater Unternehmungen auch durch ein österreichweit großes Medienecho die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf diesen Platz gelenkt wurde. Sein früher Tod und der im selben Jahr beginnende 1. Weltkrieg machten alle weiteren Bemühungen jedoch zunichte.
Ohne seine Arbeit wäre Osttirol vielleicht um eine wichtige Attraktion ärmer – Pater Innozenz Ploner, 1865-1914.
Ohne seine Arbeit wäre Osttirol vielleicht um eine wichtige Attraktion ärmer – Pater Innozenz Ploner, 1865-1914.
Erst knapp 20 Jahre später wurde wieder begonnen in Aguntum zu forschen. Ploner geriet jedoch in Vergessenheit. Das Forschungsprojekt des Instituts für Archäologien der Universität Innsbruck versucht nun, diesem Forscher, seinem wechselvollen Leben und Wirken sowie seinen archäologischen Arbeiten und Erfolgen nachzuspüren.
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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