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Lienzer Wasserwerk wird Internet-Provider

„Passive Infrastruktur“ soll schon bald Erträge abwerfen.

Ein Wasserwerk als Internet-Provider? Lienz hat es. Auf Hochdruck wird bereits seit einiger Zeit am Ausbau der sogenannten FTTH-Infrastruktur der Dolomitenstadt gearbeitet. „Fibre to the Home“ heißt das abgekürzt. In anderen Worten, leistungsfähige Glasfaserkabel werden nicht nur bis zu Verteilerknoten, sondern direkt in die Wohnungen und Firmen verlegt, wo das schnelle Netz gewünscht oder gebraucht wird.

Für die Verlegung und Wartung dieses ca. 75 Kilometer langen Netzes, das nicht an den Stadtgrenzen endet, sondern alle 15 Talbodengemeinden des Planungsverbandes 36 umfasst, ist das Lienzer Wasserwerk zuständig. Rund 3,2 Millionen Euro werden in den nächsten Jahren in den Breitbandausbau im Talboden investiert. Mehr als 600.000 Euro davon sind als Budgetposten für 2016 im Wirtschaftsplan des Städtischen Wasserwerkes notiert, das neben der Wasserversorgung jetzt einen neuen „Betriebszweig Breitband“ hat. 55 Prozent aller Investitionen sind durch Förderungen – vor allem des Bundes – abgedeckt. Von 44 Gemeinden, die derzeit von der "Breitband-Milliarde" profitieren, stammen acht aus dem Lienzer Becken.

Karl Schupfer führt das städtische Wasserwerk und wird bald neben Wasser- auch Datenleitungen zu überwachen haben. Foto: Martin Lugger
Karl Schupfer führt das Städtische Wasserwerk und wird bald neben Wasser- auch Datenleitungen zu überwachen haben. Foto: Martin Lugger

Die Ausweitung der klassischen städtischen Versorgungsleistungen auf die Bereitstellung von Internet-Infrastruktur war nicht unumstritten, der Markt ist umkämpft und man steigt hier mit internationalen Großkonzernen in den Ring. Dennoch entschied sich die Stadt für das Modell, beraten von einer ganzen Reihe von Experten, zu denen auch Ernst-Olav Ruhle von SBR-NET Consulting AG zählt, der am 11. Februar im Gemeiderat die kommerziellen Überlegungen hinter dieser Strategie erläuterte.

Ruhle war damit beauftragt, geeignete Unternehmen zu finden, die Internet-Dienstleistungen – etwa Telefonie, klassische Internetservices oder auch TV – über die neue Netz-Infrastruktur der Stadt anbieten. Sieben Interessenten meldeten sich, fünf gaben ein Angebot ab und mit zwei Firmen liegen jetzt unterschriftsreife Verträge vor. An Bord sind die in Landeck ansässige Tirolnet GmbH und die UPC-Austria, Tochter des weltweit agierenden Konzerns Liberty Global. Beide Anbieter haben lokale Vertriebspartner, die wohl bald beginnen werden, den Firmen und Haushalten im Lienzer Becken Breitband-Internetpakete schmackhaft zu machen und zu verkaufen.

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Ernst-Olav Ruhle erläutert das Geschäftsmodell, das der Stadt durch die Vermietung von Netz-Infrastruktur Erträge bringen soll.

30 Prozent der Erlöse erhält die Stadt – sprich das Wasserwerk – als Gegenleistung für die Bereitstellung der Leitungen, oder der „passiven Infrastruktur“, wie Ruhle es nennt. Dazu zählen auch Hochleistungsserver, die in einem Serverraum in der Schulstraße stehen werden. Am Ende des Tages sollte sich die neue Providerrolle für die Gemeinde auch rechnen.

Mit der A1 wurde ebenfalls verhandelt, doch der halbstaatliche Telekom-Riese war nicht bereit, sich auf die 30 Prozent-Regelung einzulassen. Somit ist A1 künftig ein direkter Mitbewerber für das Lienzer Netz. Man kann von einem Wettlauf um Breitband-Kunden ausgehen, der am Ende eigentlich zu günstigen Preisen führen sollte.

Nicht von Erfolg gekrönt war die Suche des Planungsverbandes 36 nach einem geeigneten Koordinator, der den gesamten technischen Ausbau der sogenannten Backbones managen kann. Weil kein Bewerber den Vorstellungen des Planungsverbandes entsprach, wird diese Leistung an die ebenfalls in Landeck beheimatete Firma LWL Lichtwellenleiter Competence Center ausgelagert. Sie erhält rund 50.000 Euro Honorar für die Koordination, Planung und Kontrolle von fünf Baulosen für die Backbone-Leitungen, die vom Serverraum in der Schulstraße ausgehend ins Pustertal, ins Iseltal, nach Nußdorf-Debant, nach Thurn und in das Drautal führen. Bis Jahresende 2016 sollen die Backbones fertig sein.

Auch das Wasserwerk wird personell aufstocken, um für die neuen Aufgaben gewappnet zu sein.

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

Ein Posting

Nikolaus F. Pedarnig
vor 8 Jahren

Eine richtige und wichtige Entscheidung, allerdings kein Rundum-Sorglos-Paket.

Breitbandnetze sind zentrale Lebensadern für alle Unternehmen, sei es in der Land- und Forstwirtschaft, beim Handel, im Gewerbe oder im Dienstleistungssektor. Sie sind gleichzusetzen mit Energienetzwerken, Verkehrsnetzen oder ideelen Netzen.

Next steps: Unternehmensansiedlungen forcieren, Kooperationen anstreben, Solidarität leben.

Los gehts!

 
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