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Roland Düringers Vortrag in Matrei war sehr unterhaltsam. Kabarett ist es allerdings nicht mehr. Fotos: Dolomitenstadt/Anja Kofler

Roland Düringers Vortrag in Matrei war sehr unterhaltsam. Kabarett ist es allerdings nicht mehr. Fotos: Dolomitenstadt/Anja Kofler

Roland Düringer: „Mein erstes Gemüsebeet hat mich geerdet“

Ein Gespräch über Kabarett, Gurken und das Leben zwischen Bühne und Wohnwagen.

Ich war ein wenig aufgeregt. Muss man Roland Düringer Siezen? Fände ich irgendwie komisch, aber wer weiß? Wird er sehr abgehoben sein oder sehr merkwürdig, vielleicht irgendwie herablassend? Nein gar nicht, nichts von alledem. Er kommt direkt auf mich zu, mit einem „Grüß dich, komm lass uns essen gehen!“
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"Komm, lass uns essen gehen". Roland Düringer gab in Matrei eine Vorstellung und ein Interview. Foto: Dolomitenstadt/Anja Kofler
Okay, alles klar. Was dann folgt ist weniger ein Interview als eine gemütliche Plauderei. Düringer hält etwa 110 Vorträge im Jahr, Lieblingsbundesland hat er keines, weil überall gibt’s schöne Flecken und „schiache“.

Kommt es nicht ein wenig darauf an, wen man dort trifft, ob man einen Ort als schön oder nicht einstuft? (meine erste richtige Frage)

Nein, weisst du, es ist so, dass wenn ein Ort schiach ist, dann wissen das die Leute dort und es hängen ihnen die Mundwinkel runter. Eine schöne Umgebung tut der Menschenseele gut. Wenn allerdings das dörfliche Leben wegbricht, die Wirte zusperren, alle wegen der Arbeit wegziehen, dann sterben auch die schönsten Orte, egal ob es sich dort für dich als Heimat anfühlt.

(Na bumm. Das sitzt schon mal. Ich merke, dass ich hier nicht einem lockeren Kabarett-Kasperl gegenübersitze, sondern einem Menschen, der sich was denkt in seiner Welt und das auch gerne mitteilt.)

Zweite Frage: Ich war ziemlich lange im Ausland, als ich weg ging, so Anfang der 2000er Jahre, warst du noch Benzinbruder. Zehn Jahre später komme ich zurück und du bist quasi Biobauer und lebst ohne Strom, Smartphone, Kreditkarte usw. im Wohnwagen vor deinem Haus. Warum ist alles anders? (Er lächelt, wahrscheinlich eine Frage, die er schon tausendmal gehört hat und die er gut umschiffen kann.)

Es ist nicht alles anders, wie ich mich präsentiere auf der Bühne, wie ich spreche, artikuliere – alles gleich. Der Inhalt ist ein Anderer, aber auch die Themen die die Menschen momentan bewegen sind andere. Als ich Benzinbrüder gemacht habe hat noch niemand daran gedacht, dass es eine Krise geben könnte, dass man in Mitteleuropa Hunger leiden könnte. Es hat sich sehr viel verändert, da ist es meine Pflicht als jemand, der auf der Bühne steht, Verhaltensmuster beobachtet, kritisch beleuchtet und auch darstellt, das aufzugreifen. Ich hätte auch weiterhin über alle und jeden lästern und herziehen können. Aber das war nicht in Ordnung für mich, was ich jetzt mache aber schon.

Erwartet das Publikum nicht von Düringer, dass er immer einen Schmäh erzählt? Alles lustig, alles toll?

Lustig ist es noch immer, toll auch. Der Schmäh ist halt anders vielleicht. Ich lege halt jetzt mehr Priorität auf die Inhalte. Früher war es egal, was ich erzählt habe, die Menschen fanden das immer lustig, wichtig war nur wie ich es erzählt habe. Jetzt glaube ich eher, ich muss meiner Verpflichtung nachkommen, den Menschen was zu erzählen, was für sie wichtig werden könnte. Ich spreche darüber, rauszufinden, was für einen selbst ein richtiger Weg ist, ein guter, der jeden persönlich selbst glücklich macht. Die Antwort zu finden auf: Was tut mir wirklich gut.

Und was macht den Roland Düringer glücklich? (jetzt überlegt er aber erstmal ...)

Ich mache mich selbst glücklich. (Ach …) Ja, nur ich selbst kann mich glücklich machen. Jemand oder etwas ist dazu nicht in der Lage.

Und was macht den Roland Düringer dann zufrieden? Ein weiches Bett, ein schöner Salat ohne Gurken, (er mag offensichtlich keine …), oder eine schöne Reise?

Ja, alles das. Aber leichter ist zu sagen, was mich unzufrieden macht. Etwa wenn ich einen Salat ohne Gurken bestelle, aber einen mit Gurken bekomme. Das macht mich unzufrieden aber nicht unglücklich.

Du machst Kabarett seit 1985, ein fließender Einstieg, du warst ja als Kind schon immer mit deinem Papa im Theater.

Ja, das war aber nicht ausschlaggebend. Ich hab einfach irgendwann mein Talent entdeckt, vor vielen Menschen zu sprechen. Dann hab ich Schauspielkurse besucht, dort den Fredl Dorfer getroffen – zwei Jahre später haben wir schon das erste Programm gemeinsam gespielt. Ohne jemals zu wissen, wo das alles hinführt.

Aber einen Beruf in einem anderen Bereich gab es nie? Ich weiß, du hast ja eine HTL für Maschinenbau besucht.

Ja, aber das habe ich nie beruflich gemacht. Allerdings bin ich immer noch gerne Maschinenbauer. Ich schraube jedes Jahr im Winter ein Motorrad zusammen daheim.

Gab es je Momente, in denen du es als mühsam empfunden hast, wenn immer alle von dir erwarten, dass du einen Schmäh auf Lager hast, einen Witz erzählst?

Nein, das erwarten die Menschen nicht. Was aber schon manchmal ein bisschen mühsam ist, ist dass einen jeder kennt und immer jeder meint, er müsste mir eine Geschichte erzählen oder Kontakt mit mir aufnehmen. Also nicht alle, aber viele. Das empfinde ich als Energieraub. Vor allem für meine Frau ist das blöd, sie leidet oft sehr darunter. Es dreht sich nämlich dann irgendwann immer alles um mich, obwohl ich das gar nicht forciere. Aber auch wenn man zu dritt oder zu viert wo rein geht, ist das so … Aber man könnte alles zum Problem machen, früher war´s schlimmer.

(In der Vorbereitung habe ich meinen Freunden die Frage gestellt, was ich Roland Düringer im Interview fragen soll. Da kam zB, welches war sein Lieblingsbuch in der Kindheit: Lederstrumpf von Donauland. Seine Mama war Mitglied. Oder auch: Was sagt er zur Bundespräsidentenwahl? Ich vermute ein bisschen, er wählt die Frau Griss, weil er parteilos wählen gut findet und – nur für den Fall, der Bundespräsident hat zukünftig eine wichtige Entscheidung zu treffen – möchte er lieber, dass die Frau Griss entscheidet als der Herr Lugner. Alles Dinge, die ich nicht so sehr spannend finde. Aber jetzt kommt meine Finalfrage, die eine, alles entscheidende – und ich kann sagen, die Antwort war etwas weniger spektakulär als erhofft.)

Roland, dieser Wandel, dieses philosophische Finden, diese Metamorphose – hat das mit der Geburt deiner Tochter 2001 begonnen? (HA! Er schluckt, sein Begleiter grinst… ich hab ihn!)

Na. Eher mit dem Anlegen des ersten Gemüsebeetes. Da hat mein Umdenken angefangen. Vorher war Garten nie ein Thema für mich, aber wir sind auf´s Land gezogen und ich habe mir ein Gartenbuch gekauft, ein Hügelbeet angelegt und einen Samen gepflanzt. Dann hab ich gestaunt, was für ein Wunder da geschieht. Das hat mich geerdet, im wahrsten Sinne des Wortes.

Begonnen hat also alles mit einem Hügelbeet? Das ist die Quintessenz ???

Ja, manchmal braucht es nur was ganz Banales. Einen kleinen Funken.

(Ich bin fassungslos ...) Viele Menschen haben ein Beet, ich auch. Aber deshalb wohne ich nicht in einem Wohnwagen vor meinem Haus. Es muss doch etwas dazwischen geben, zwischen dem Wunder Hügelbeet und dem „ich steige jetzt aus allem aus…“

(Roland Düringer lächelt milde.) Ja, vielleicht ist mein Zugang einfach ein anderer. Mein Einstieg war vielleicht einfach anders als bei dir. Ich hab mit einem Gartenbuch angefangen, alles war neu für mich. (Ach ja, er kommt aus Wien Favoriten….). Es war das Buch 'Der Kosmos im Garten' von Wolf-Dieter Storl. Das hat mein Leben und Denken verändert. Ich bin übrigens nicht ausgestiegen, sondern wieder zurück eingestiegen in ein normales, natürliches Leben.

Und wie geht es dir damit? Fehlt dir etwas?

Gut. Mir fehlt nichts, ich habe ja keine strikte Ideologie. Wenn mir etwas fehlt, habe ich es. Ich fahre auch manchmal wieder Auto, habe ein Handy. Ganz so streng ist es nicht mehr, wie noch zu „Schlaraffenland“-Zeiten.

Dankeschön Roland Düringer. Was möchtest du gerne, dass ich am Ende schreibe, was soll ich meinen Lesern mitteilen, was soll ich ihnen von dir schreiben?

NIX IST WICHTIG!

Ja, er ist immer noch lustig. Sein Vortrag anschließend war sehr unterhaltsam. Kabarett ist es allerdings nicht mehr. Obwohl er mit dem Satz einsteigt: "Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mir Sie den Rest des Abends nackt vorstelle?" Er mag keine Gurken, schraubt jeden Winter ein Motorrad zusammen, er lehrt mehr, als dass er unterhält. Aber unterhalten kann man sich mit ihm sehr gut. Manchmal war ich etwas ratlos, nix ist wichtig … aber mit Sicherheit ist sein Zugang zum Thema einfach ein anderer.

Anja Kofler leitet die Lienzer Stadtbücherei und arbeitet als freie Journalistin für dolomitenstadt.at. Zu unserem Podcast steuert sie regelmäßig unterhaltsame Interviews und Audiobeiträge über die Abenteuerlust und das Lesen bei.

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