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Das Podium der 74. Generalversammlung der RGO. Von links: Prokurist Manfred Bernsteiner, Obmann-Stellvertreter Josef Lusser, Direktor Arnulf Perkounigg (Raiffeisenverband Tirol), Aufsichtsratsvorsitzender Sepp Lugger, Obmann Franz Ganeider und Geschäftsführer Thomas Diemling. Foto: Dolomitenstadt/Pirkner

Das Podium der 74. Generalversammlung der RGO. Von links: Prokurist Manfred Bernsteiner, Obmann-Stellvertreter Josef Lusser, Direktor Arnulf Perkounigg (Raiffeisenverband Tirol), Aufsichtsratsvorsitzender Sepp Lugger, Obmann Franz Ganeider und Geschäftsführer Thomas Diemling. Foto: Dolomitenstadt/Pirkner

RGO: „Es ist schön und gut, teure Reserven zu haben“

Konzern investiert Millionen und bleibt in Grundstücksfragen „situationselastisch“.

Es gibt Veranstaltungen, deren Choreografie etwas Zwingendes hat. Die Generalversammlungen der RGO, der Raiffeisengenossenschaft Osttirol, zählen zu diesen Events. Wer die alljährliche Bilanz der Bauernorganisation über einen längeren Zeitraum verfolgt, der weiß nicht nur, wo in Osttirol der gesellschaftspolitische Hammer hängt, sondern auch, was Kontinuität bedeutet. So sicher wie die flotte Blasmusik zu Beginn und das üppige Abendessen am späten Ende einer RGO-Versammlung sind nämlich auch die Abstimmungsergebnisse: „Wer ist dafür? Gegenstimmen? Enthaltungen? Einstimmig!“

Auch bei der Generalversammlung am 8. April in der Landwirtschaftlichen Lehranstalt war nichts anderes zu hören. Kein Wunder, bei der Bilanz, die von den anwesenden Delegierten abgesegnet wurde. Bei 52 Millionen Euro Jahresumsatz – mehr als das Budget der Stadt Lienz – erwirtschaftete der RGO-Gesamtkonzern über 800.000 Euro Gewinn, etwas weniger als in den Vorjahren. Aber: Obmann Franz Ganeider und Geschäftsführer Thomas Diemling hatten zwei Frohbotschaften im Talon: fast 59 Prozent Eigenkapitalquote und mit 5,2 Millionen Euro den niedrigsten Schuldenstand seit sehr langer Zeit. 2,7 Millionen Euro Schulden hat die RGO allein im Jahr 2015 abgezahlt.

Kein Wunder, dass Langzeit-Obmann Franz Ganeider in seiner gewohnt plakativen Festrede nicht mit starken Sprüchen sparte: „Es ist schön und gut, teure Reserven zu haben“, erklärte er mit Blickrichtung auf das brachliegende Areal rund um die alte Versteigerungshalle. Nach wie vor gebe es für diese Gründe keine konkreten Anfragen der Stadt. Aber die alte Halle sei „tadellos vermietet“ und auch die anderen Gebäude am Ort werde man „geordnet adaptieren, in Eigenbesitz behalten und zweckentsprechend vermieten“.

Ganeider meint den Gebäudekomplex, in dem sich derzeit der Lagerhaus-Fachmarkt befindet. Er wird bald leer sein, weil die Genossen schon die nächste Millioneninvestition auf ihrem schnell wachsenden Firmenstandort an der B100 in der Peggetz planen. Ein neuer Fachmarkt und wohl auch eine Markthalle für Osttiroler Produkte werden dort ab Herbst 2016 entstehen und neben der RGO-Arena, den Werkstätten, Tankstelle, Café, Maschinenring und Stallungen ein Gesamtensemble auf fast 60.000 m2 Fläche bilden. Ausgedehnt sind auch die Geschäfte der RGO, die längst mehr ist, als eine rein agrarisch orientierte bäuerliche Zweckgemeinschaft.

Die Diversifizierung gleicht Schwankungen der einzelnen Sparten aus, die es 2015 durchaus gab. Nicht alles im Konzern war eitel Wonne. Der Umsatz des HG-Marktes ging unter anderem durch die Abverkäufe rund um den Baumax-Konkurs zurück und auch die Techniksparte hatte zu kämpfen. Der Markt für Traktoren und Transporter brach in Österreich insgesamt bis zu 40 Prozent ein und auch die Bausparte litt unter schwacher Konjunktur. Zur RGO gehören die Firmen Akit, Drexel, Planegger und die Malerei Sumerauer.

Dafür boomt das Mischfutterwerk der RGO, das im Dreischichtbetrieb voll ausgelastet ist und 44.000 Tonnen (!) Futtermittel produzierte. Ein wachsender Absatzmarkt für dieses Hochleistungsfutter ist Italien. Wenig bekannt: die RGO produziert im Lohnverfahren auch Dünger für Sandoz in Kundl.

Delegiertenversammlung der Raiffeisen Genossenschaft Osttirol (RGO) am 8. April im Saal der landwirtschaftlichen Lehranstalt Lienz. Foto: Brunner Images
Delegiertenversammlung der Raiffeisen Genossenschaft Osttirol (RGO) am 8. April im Saal der landwirtschaftlichen Lehranstalt Lienz. Foto: Brunner Images

Bei aller Diversifizierung bleibt die Genossenschaft aber vor allem der zentrale Vermarkter landwirtschaftlicher Produkte im Bezirk. 1.500 Bauern sind Mitglieder und damit Eigentümer der Genossenschaft, die mit einem Einkaufswert von zehn Millionen Euro Osttirols größter Aufkäufer landwirtschaftlicher Produkte ist. Rund 8.000 Rinder und Kälber, 13.000 Schafe und Lämmer, 1.500 Ferkel und 2000 Tonnen Kartoffeln wurden 2015 von der RGO vermarktet.

All das und noch viele, viele weitere Kennziffern prasselten auf die 80 im Saal der LLA anwesenden Delegierten ein, die nicht nur einstimmig ihre Funktionäre entlasteten, sondern auch bei der Neuwahl des Vorstandes ihren Gewohnheiten treu blieben. Franz Ganeider erhielt 79 der 80 Stimmen, (vermutlich) nur sein eigener Stimmzettel blieb weiß. Mehr als 70 Stimmen erhielten auch alle anderen Kandidaten des siebenköpfigen Gremiums. Detail am Rande: Es stimmten nur Männer ab und es wurden nur Männer gewählt.

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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