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Markgraf Alfred von Pallavicini und Martin Gratz auf seinen Spuren.

Markgraf Alfred von Pallavicini und Martin Gratz auf seinen Spuren.

Martin Gratz inszeniert den „Mythos Großglockner“

Mit Livemusik zu Filmsequenzen wird ein großer Alpinist gewürdigt: Alfred Pallavicini.

Martin Gratz, Kalser Musiker, Bergsteiger, Tourismusberater und kreativer Grenzgänger ist bekannt für seine sehr speziellen multimedialen Gesamtkunstwerke, die in kein gängiges Genre einzuordnen sind. Auch in seinem jüngsten Epos agiert Gratz als Schauspieler, Drehbuchautor, Regisseur und Filmemacher, zugleich aber auch als Komponist und Livemusiker in einem Gesamtkunstwerk, das seinem kreativen Lieblingsthema gewidmet ist: dem "Mythos Großglockner". Dieser Berg ist identitätsstiftend für Kals und seine Bevölkerung, eine alpine Ikone, um die sich im Ort viele Geschichten ranken, darunter einige, die über die Grenzen hinaus bekannt wurden. Die Geschichte des Markgrafen Alfred von Pallavicini ist so ein Mythos, den nicht nur Bergsteiger gerne erzählen. Pallavicini, der 1848 in Sopron geboren wurde, trug sich am 18. August 1876 in die Geschichtsbücher des Alpinismus ein.
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Sequenz aus dem Film "Mythos Großglockner" von Martin Gratz.
Pallavicini durchstieg mit den drei aus Heiligenblut stammenden Bergführern Josef Kramser, Georg Bäuerle und Johann Tribusser erstmals eine 60 Grad steile, 600 Meter hohe Rinne an der Nordseite des Großglockners. Sie wurde nach ihm benannt und blieb auch für Bergsteigergenerationen nach ihm eine Herausforderung: die Pallavicini-Rinne. Nicht nur die schwierige Erstbegehung inszeniert Martin Gratz filmisch und musikalisch in seinem neuen Werk, sondern auch ein Ereignis, das sich zehn Jahre später ereignete. Pallavicini, der aus einer italienisch-ungarisch-österreichischen Adelsfamilie stammte, war Offizier der Kaiserjäger und ein schillernder Charakter. Er hob als erster Sportler im Gewichtheben 100 Kilo und war ein leidenschaftlicher Alpinist. Am 26. Juni 1886, zwei Tage nach Fronleichnam, wurde ihm diese Leidenschaft zum Verhängnis. Pallavicini machte sich an diesem Tag um 6.00 Uhr mit Hermann Crommelin und den Kalser Bergführern Christian Ranggetiner und Engelbert Rubisoir von der Stüdlhütte auf den Weg, um die erste Überquerung der Glocknerwand bis zum Gipfel des Großglockners vorzubereiten.
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Die Unglücksstelle, an der Pallavicini im Juni 1886 mit drei Kameraden in den Tod stürzte und die Stelle, an der er viele Tage später gefunden wurde.
Die Männer wollten nur Stufen hacken für den nächsten Tag, an dem die Überschreitung des gesamten Grates geplant war. Nach mühevoller Stufenarbeit in der abschüssigen Eisflanke stieg Ranggetiner zu einem breiten Schneerücken auf, als die Wechte an der Kante brach und die vier Männer 400 Meter in die Tiefe riss. Pallavicini war der einzige, der noch einmal aus der Bewusstlosigkeit erwachte. Er tastete sich am Seil entlang, grub mit bloßen Händen die Körper seiner Kameraden aus, selbst schwerst verletzt am Kopf und an den Beinen. Erst am 8. Juli wurden, nach tagelanger Suche, zunächst Pallavicinis Begleiter gefunden und einige Tage später der Leichnam des Markgrafen, sitzend an einem Spaltenrand. Wenig später hätte ihn eine Gletscherspalte für immer verschluckt. Das ist der Stoff, den Martin Gratz in schwarzweißen Filmbildern mit musikalischen Untertönen inszeniert. Die Filmmusik wird bei den Aufführungen live gespielt, was die Dramaturgie authentisch macht. Bemerkenswert an der szenischen Umsetzung ist die im Low-Budget-Modus von Laiendarstellern erzielte Qualität. Neben Gratz, der Pallavicini spielt, standen Michael Amraser, Obmann des Kalser Berg‐und Schiführervereins und Toni Sauper, Bergführer aus Heiligenblut, vor der Kamera. Die zwei Bergführer Christian Riepler und Martin Glantschnig filmten die Szenen an den zum Teil sehr exponierten Stellen in der Wand, während weitere Bergführer aus Kals und Heiligenblut die Akteure und Kameramänner sicherten.
In Standardbesetzung spielt Martin Gratz die Musik zum Film mit dem Danubia Saxophon Quartett aus Wien, es gibt aber eine ähnliche Performance, die im Vorjahr mit dem Iseltaler Blechbläserensemble aufgeführt wurde. Premiere der Liveperformance „Mythos Großglockner“ war am 06. Mai im tschechischen Liberec bei einem "Osttirol Tag“, an dem auch eine Johann-Stüdl-Ausstellung eröffnet wurde. Liberec, früher Reichenberg, ist Mittelpunkt einer ehemals wohlhabenden Region, deren Protagonisten im 19. Jahrhundert mehr als 40 Hütten in den Alpen finanzierten und erbauten.
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Martin Gratz auf der Leinwand und an der Trompete (ganz links) auch davor, gemeinsam mit dem Danubia Saxophon Quartett bei der Premiere in Liberec.
Am 09. September wird „Mythos Großglockner“ in Schlägel (OÖ) aufgeführt und am Samstag, 10. September in Nikolsdorf.
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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