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„Wir alle leiden unter dem Stillstand in der Politik“

Politologin Stainer-Hämmerle machte in Lienz Vorschläge für mehr Bürgerbeteiligung.

Die Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle referierte auf Einladung der Stadt Lienz und der "Vordenker für Osttirol" am Dienstagabend, 20. September, über Kommunalpolitik im Wandel und attestierte auch auf kommunaler Ebene einen Vertrauensverlust der Bürgerinnen und Bürger in die Lösungskompetenz der Politik. Zudem seien durch die Bürgermeisterdirektwahl viele Bürgermeister damit konfrontiert, gegen eine absolute Mehrheit zu regieren, was neue Verhandlungsstrategien erfordere.
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Kathrin Stainer-Hämmerle schlägt "Bürgerräte" und Bürgergutachten vor, wie es sie bereits in ihrer Heimat Vorarlberg gibt. Foto: Brunner Images
"Wir alle leiden unter dem Stillstand in der Politik", so die gebürtige Vorarlbergerin. Die Politikverdrossenheit ziehe Folgewirkungen nach sich: Mangelnde Legitimation und Imageverlust der Politik, die Wahrnehmung politischer Eliten als "Kaste" sowie sinkende Qualität politischer Leistungen und schwindende Handlungsspielräume. Wie kann es gelingen, den Wandel unserer Zeit zu bewältigen? Das ist für die Politologin die entscheidende Frage und ein Schlüssel liegt für Stainer-Hämmerle in einem Paradigmenwechsel: Weg von einer Politik der Gefühle, hin zu mehr Bürgerbeteiligung und Eigenverantwortung auch jenseits von reinem Protest oder Eigeninteressen: "Politik muss ihre Aufgabe im Herstellen von Gemeinwohl, nicht in der Vertretung von einzelnen Interessen begreifen.“ Durch Ehrenamt, Familie und traditionelle Vorstellungen von Sitte und Moral habe die Demokratie in Österreich sehr lange gut funktioniert, weshalb auch kein Grund zur Veränderung bestand. Dieses Modell läuft aus. Das einzelne Individuum steht nach Meinung von Kathrin Stainer-Hämmerle jetzt im Fokus politischer Prozesse: "Besonders in den Kommunen müssen Menschen dazu befähigt werden, Probleme selbst zu lösen. Man darf nicht immer nur nach oben delegieren." Die Wissenschaftlerin plädiert für das in ihrer Vorarlberger Heimat bereits in der Landesverfassung verankerte Modell der Bürgerräte. Dabei wird – ausgehend von einer bestimmten politischen Fragestellung – eine Gruppe von Gemeindebürgerinnen und -bürgern per Zufallsprinzip ausgelost. Diese Gruppe hat eineinhalb Tage Zeit, zu diskutieren, sich mit Experten zu beraten und einen Lösungsvorschlag zu erarbeiten. Es folgen die Abfassung eines gemeinsamen Gutachtens, das dem Gemeinderat vorgelegt wird, eine öffentliche Präsentation sowie das Herantragen an die zuständigen politischen Entscheidungsgremien. Das sei vielerorts noch eine Schwachstelle. "Aber das Bürgergutachten ist eine Mindestmesslatte, die die Politik nicht unterwandern kann", so die Politikwissenschaftlerin. Die positive Resonanz aus Bürgerbeteiligungsprozessen teilte an diesem Abend auch die Lienzer Bürgermeisterin, Elisabeth Blanik: "Die Gestaltung der Lienzer Einkaufsstraßen sowie der Stadtwärme Lienz sind wunderbare Beispiele, wie Projekte gelingen, wenn sie von der breiten Bevölkerung mitgestaltet und mitgetragen werden." Im Rahmen des Vordenker-Prozesses sind über den Zeitraum von drei Jahren insgesamt 18 Impulsreferate geplant.

Ein Posting

Franz Brugger
vor 8 Jahren

Als Anmerkung vzu der zitierten Aussage von Frau Bürgermeisterin Blanik:

Wenn Frau Stainer-Hämmerle das Wesen der Bürgerbeteiligung und einen wesentlichen Unterschied zur Experten- und Parteipolitik ausmacht ( “Politik muss ihre Aufgabe im Herstellen von Gemeinwohl, nicht in der Vertretung von einzelnen Interessen begreifen.“) dann hoffe ich doch auf ein baldiges Erstprojekt von Bürgerbeteiligung in Lienz.

Folgende Bemerkung zu den "Vorzeigeprojekten": DIe Gestaltung der Lienzer Einkaufsstraßen war ein Projekt wo kooperiert wurde, wo es dann auch ein erfreuliches Resultat gab, bestimmt aber doch von den Eigeninteressen der Geschäftsleute dieser Strassen.

Stadtwärme LIENZ - da ist das Ergebnis Luftverbesserung sicher positiv, die Rückerinnerung über die Entsteheung greift aber etwas kurz oder wird ausgeblendet - http://www.rechnungshof.gv.at/fileadmin/downloads/2006/berichte/teilberichte/tirol/Tirol_2006_02/Tirol_2006_02_2.pdf . Die fragwürdige Beteiligung der Stadt mit 4% diente wohl vor allem dazu, die notwendigen Grabungsarbeiten vorrangig passieren zu lassn. Nun hält die TIWAG 100% und der Strompreis ist auch hoch genug, Unterschied zu Durchschnittspreis von Fernwäremgenossenschaften (http://www.energie-planung.at/fileadmin/files/1_kWh_Kostenvergleich.pdf) ca. 20%. Fernwärme Lienz Cent 7,387 per kWh - Durchschnitt Cent 6,36 per kWh.

 
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