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EOOS auf Schloss Bruck: Design als zeitloses Prinzip

Eine Schau nicht nur für Design-Liebhaber, die zum Staunen, Lernen und Mitmachen einlädt.

Martin Bergmann, in Lienz aufgewachsen, ist gemeinsam mit seinen Partnern Harald Gruendl und Gernot Bohmann das Führungstrio von EOOS, einem Designbüro mit Sitz in Wien, das in Europa zu den führenden Adressen zählt, vor allem im Möbeldesign. EOOS arbeitet für Marken wie Alessi, Bulthaup, Bene, Walter Knoll, Matteo Grassi und Zumtobel, aber auch für Adidas, Armani und andere Hersteller schöner Dinge. EOOS war bei der Architekturbiennale 2016 in Venedig vertreten und hat Erfahrung im Ausstellungsdesign. 2014 erhielten Bergmann & Co. den Auftrag, die berühmte Sammlung des MAK (Museum für angewandte Kunst) in Wien neu zu konzipieren. Unter dem Titel MAK Design Labor entstand eine komplette Neuordnung des Sammlungskonzeptes. Wir haben berichtet. Jetzt kehrt Bergmann gestalterisch in seine Heimatstadt zurück und bringt für den Ausstellungssommer auf Schloss Bruck nicht nur einige der markantesten EOOS-Designstücke mit, sondern gleich ein ganzes Ausstellungskonzept, das in seiner kreativen Genialität mehrere Fliegen mit einer Klappe schlägt, zumal sich der Aufwand in Grenzen hält, während die Aufmerksamkeit sicher auch überregional nicht ausbleiben wird.
Schlossherrin Silvia Ebner, Designer Martin Bergmann und Bürgermeisterin Elisabeth Blanik bei der Vorstellung des spannenden Ausstellungsprojekts, bei dem jeder Besucher ein persönliches Arbeitsbuch bekommt! Foto: Dolomitenstadt/Pirkner
Hinter dem eher trockenen Titel „Archaik – Hightech“ verbirgt sich eine unterhaltsame und lehrreiche Gegenüberstellung von (ur)alten Fundstücken aus dem Speicher des Museums und EOOS-Objekten mit ähnlicher Funktion. Da wären etwa der Melkschemel aus dem 15. Jahrhundert und ein dreibeiniger Hocker aus der zeitgeistigen Designschmiede von heute. Auf 11 „Werktischen“ wird man solche scheinbaren Gegensatzpaare bewundern können. Scheinbar deshalb, weil EOOS eine Kernidee vermittelt: „Das Prinzip Design ist zeitlos“. Der Mensch ist seit Urzeiten auch Gestalter. Er habe als 25-Jähriger noch gar nicht gewusst, dass es den Beruf des Designers überhaupt gibt, erzählt Bergmann, den wir auf Dolomitenstadt bereits ausführlich porträtiert haben. Auch deshalb will er vor allem Jugendliche in die Ausstellung locken und hat sich mit seinen Kollegen eine charmante Interaktion mit dem Publikum einfallen lassen. Jeder Besucher erhält ein grafisch und didaktisch sehr gelungenes „Arbeitsbuch“, das die Exponate nicht nur erklärt, sondern auch dazu einlädt, selbst beispielsweise ein Sitzmöbel zu entwerfen. So begibt man sich einerseits auf eine Zeitreise, andererseits in ein Gedankenexperiment. Design wird nicht nur gezeigt, sondern erlebt und im Idealfall sogar ausgelöst.
Der Leibstuhl von einst und eine für Schwellenländer entwickelte Hightech-Toilette von EOOS. Fotos: Schloss Bruck
Zum historischen, handwerklichen und geschmacklichen Kontext des Designs vermittelt EOOS bewusst auch soziale Bezüge. Der Besucher soll erkennen, dass Design kein Selbstzweck ist und in einem gesellschaftlichen Rahmen steht. Sehr schön sieht man das an der Gegenüberstellung eines historischen Leibstuhls aus der Sammlung Schloss Bruck und einer Hightech-Toilette, die EOOS gemeinsam mit einer Schweizer Universität im Auftrag der Gates-Stiftung entwarf. Das Designerklo ist ein geschlossenes System, das Urin und Fäkalien in Dünger und Energie verwandelt. Es soll Millionen Menschen zu mehr Hygiene und besseren Lebensbedingungen verhelfen. „Das funktioniert in Afrika, aber zum Beispiel auch auf Almhütten in unseren Breiten“, erklärt der Designer. Das Staunen der Besucher ist ihm und seinen Kollegen gewiss. "Archaik <–> Hightech. EOOS und die Sammlung Schloss Bruck" 2. Juni bis 26. Oktober 2017
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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