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Die fruchtbaren Äcker im Lienzer Becken werden weniger. Sie sollen geschützt werden, da sind sich alle einig. Ein Verordnungsentwurf erregt dennoch die Gemüter. Foto: Fred Unterluggauer

Die fruchtbaren Äcker im Lienzer Becken werden weniger. Sie sollen geschützt werden, da sind sich alle einig. Ein Verordnungsentwurf erregt dennoch die Gemüter. Foto: Fred Unterluggauer

Gerangel im Talboden um Vorsorgeflächen für Ackerbau

Ein Verordnungsentwurf des Landes erregt die Gemüter. Krisensitzung bei Johannes Tratter. 

Die Tristacher Bäuerin Brigitte Amort vom Wutzerhof ist irritiert. „Wir sind für die Erhaltung von landwirtschaftlichen Nutzflächen und haben uns auch gegen die Ausweitung des Golfplatzes auf unseren Acker ausgesprochen, aber bei der jüngsten Entwicklung fehlt uns einfach die konkrete Information.“ Amort redet über den Entwurf einer Verordnung zur Ausweisung von sogenannten „landwirtschaftlichen Vorsorgeflächen“. Eigentlich, da ist sie überzeugt, eine gute Sache. Allerdings ende die Einspruchsfrist für Gemeinden und direkt betroffene Grundbesitzer am 2. Juni, also in wenigen Tagen. Und niemand habe beispielsweise in Tristach die betroffenen Landwirte aktiv aufgeklärt, was es mit dieser Verordnung auf sich habe. Es gibt zwar seit Anfang April öffentliche Kundmachungen auf den schwarzen Brettern und den Websites der betroffenen 15 Gemeinden im Planungsverband Lienzer Talboden, aber wer schaut schon regelmäßig nach, welcher Gesetzesentwurf gerade aushängt, ganz zu schweigen von der Interpretation des Textes. Welche Auswirkungen hat diese Verordnung, wenn sie rechtsverbindlich wird?
VP-Landtagsabgeordneter Martin Mayerl sieht in der Verordnung ein brauchbares Instrument, um Ackerflächen vor Verbauung zu schützen. Foto: Expa/Groder
Martin Mayerl, VP-Landtagsabgeordneter und selbst Bauer, versucht zu beruhigen: „Bisher ist es so, dass es ein Forstgesetz gibt, das den Wald schützt und ein Naturschutzgesetz, das die naturbelassenen Räume schützt. Auch deshalb war es zum Beispiel bei anstehenden Bauvorhaben oft am einfachsten, Ackerland umzuwidmen. Das ist nämlich bislang nicht als wertvoll definiert. Jetzt soll es ein Verfahren geben, das diesen Wert berücksichtigt.“ Bauen im Freiland brauche schon bisher eine Genehmigung und die Verordnung greife in die aktuellen Raumordnungskonzepte der Gemeinden nicht ein. Für die Fortschreibung dieser Konzepte sei aber eine Bodenbewertung unabdingbar, „wenn wir das Thema Raumordnung ernst nehmen.“
Die Lienzer Bürgermeisterin Elisabeth Blanik geht zum Angriff über: "Unsere Anregungen wurden nicht berücksichtigt". Foto: Brunner Images
Das sieht die Lienzer Bürgermeisterin Elisabeth Blanik anders. „Das greift nicht in die Raumordnung ein? Das genaue Gegenteil ist der Fall. Wir sind in Lienz in der Zielgeraden für unser Raumordnungskonzept und haben der zuständigen Landesbeamtin auch alle unsere Bedenken im Detail geschildert. Dann wurden die Vorsorgeflächen so ausgewiesen, als ob es diese Gespräche nie gegeben hätte.“ Blanik bringt als Beispiel die Agrarflächen rund um die Tennishalle im Süden der Stadt. „Da geht die Vorsorgefläche praktisch bis an die Hauskante. Eine Erweiterung der Sportflächen, zum Beispiel für einen Eislaufplatz, wäre so nicht mehr möglich.“  
Auch der Debanter Bürgermeister Andreas Pfurner ist nicht glücklich mit Vorsorgeflächen, die "knallhart bis an die Siedlungsgrenze" reichen. Foto: Expa/Groder
Ins selbe Horn bläst der Debanter Bürgermeister Andreas Pfurner: „Wir haben ein Raumordnungskonzept, das minutiös die Flächennutzungen festlegt und noch für die nächsten acht Jahre gilt. Da sind auch die landwirtschaftlichen Flächen berücksichtigt. Jetzt wird ein zusätzliches normatives Konzept eingeführt.“ Auch Pfurner fühlt sich überrumpelt: „Erst wurden wir überrascht, dann gab es Gespräche, in denen wir unsere Bedenken äußerten.“ Bewirkt habe das nichts, der vorliegende Entwurf berücksichtige die Einwände der Gemeinde nicht und gehe „knallhart an die Grenzen zum Siedlungsgebiet.“ Weil es an allen Ecken und Enden des Talbodens gärt, ist am Mittwoch, 31. Mai, eine Krisensitzung der Bürgermeister des Planungsverbandes mit dem zuständigen Landesrat Johannes Tratter in Innsbruck angesetzt. Nicht alle von dolomitenstadt.at befragten Ortschefs wollten sich öffentlich äußern. Generell herrscht Einigkeit, dass der Grundgedanke der Verordnung gut sei. Hinter vorgehaltener Hand wird allerdings vermutet, dass die Aktion, die von den ÖVP-Bauern ausging, „komplett entglitten“ sei. Bäuerin Brigitte Amort ist jedenfalls beunruhigt: „Allein unser Hof ist mit zehn Hektar betroffen und am Freitag endet die Frist. Ich habe mit einigen Betroffenen gesprochen, keiner wusste etwas.“ Für alle, die jetzt gerne wissen möchten, ob ihr Grundstück demnächst landwirtschaftliche Vorsorgefläche ist, hier der Link zur Website der Abteilung Raumordnung mit allen Informationen. Scrollt man etwas nach unten, findet man unter dem Punkt „Auflageverfahren gemäß § 64 Tiroler Raumordnungsgesetz und § 6 Tiroler Umweltprüfungsgesetz“ auch die relevanten Karten und Daten für den Planungsverband Lienz und Umgebung. Einige Tage bleibt ja für Stellungnahmen noch Zeit.
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

11 Postings

Der Graukofler
vor 7 Jahren

Für mich ist dies ein wesentlicher Eingriff in das Eigentumsrecht. In der Verordnung der Tiroler Landesregierung steht:

"Im Bereich der landwirtschaftlichen Vorsorgeflächen ist die Widmung von Bauland unzulässig". Damit erreicht man eine Verknappung von Bauland und eine Preistreiberei der Baugründe. Eines muss mir jemand erklären: Derzeit gibt es Föderungen für die Stilllegung landwirtschaftlicher Flächen, warum ist es dann ein so großes Anliegen, Vorsorgeflächen auszuweisen? Ein Schelm wer Böses dabei denkt.

 
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bb
vor 7 Jahren

Es wird beklagt, dass diese Vorsorgeflächen knallhart bis an das Siedlungsgebiet reichen. Wenn sie das jetzt nicht täten würde sich die Besiedlung sicher innerhalb weniger Jahre bis knallhart an die Grenze entwickeln... so what?

 
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Hapo
vor 7 Jahren

Gelten für VP Abgeordneten Mayerl zweierlei Maße? - Den anderen vorschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben, aber die RGO baut mitten im Ackerland wieder einen neuen Markt, obwohl sie in der Stadt leerstehende Gebäude bzw. Grund und Boden hat. Mir scheint diese Vorgangsweise nicht glaubwürdig zu sein!

 
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bergfex
vor 7 Jahren

Sie sollen geschützt werden, da sind sich alle einig. Warum wird die LLA, meines Wissenstandes, ausgenommen?????? Ein Schelm, der Böses denkt.

 
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Unholder0815
vor 7 Jahren

Grundsätzlich haben Wiesen und Äcker in Tirol einen Eigentümer der für sein Eigentum jedes Jahr Grundsteuern an die Gemeinde zahlt. Und dazu noch die Bauernkrankenkasse oder Unfallversicherung je nach Fläche. Und dann kommt der Gesetzgeber macht ein neues Gesetz was die Nutzung dieser meist Privatflächen einschränkt. Gehts noch??? Wir reden von Eigentum , nicht von Öffentlichen Flächen! Das sind DDR Methoden. Das hat mit einer Demokratie nichts zutun. Es soll dem Eigentümer freistehen was er mit seinem Grund und Boden tut. Und NIEMAND sonst .

 
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    Stiller Gedanke
    vor 7 Jahren

    Der Eigentümer kann nur noch in sehr wenigen Fällen frei entscheiden was er mit oder auf seiner Fläche macht. Das war auch schon vorher so.

    Für alles gibt es eine Richtlinie oder Behörde die jede Entscheidung des Grundeigentümers aufheben oder verhindern kann. In manchen Fällen sicher nicht schlecht, jedoch schießt man mit gewissen Vorschriften weit über das Ziel hinaus.

    Außerdem kommt es mir so vor, das manche Bauern ihren Lebensunterhalt damit verdienen, indem sie alle Jahre einen Baugrund verkaufen. Und das ist wohl auch nicht Sinn und Zweck von Grundeigentum.

    In die Bauernkrankenkasse zahlt meines Wissens der Bewirtschafter und nicht der Besitzer, somit steht es jedem frei seine Felder zu verpachten.

    DDR-Methoden wäre Enteignung, weil die DDR ein kommunistisches Land war und somit jeglicher Privatgrund in eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft eingegliedert wurde (endschädigungslos).

     
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      Unholder0815
      vor 7 Jahren

      Stiller Gedanke, du möchtest ein ganz kluges Köpfchen sein oder möchtest das zumindest den Lesern hier vermitteln. Nur zu deiner Information , in der DDR gab es drei Arten von Eigentum . Vieleicht hast du mal die Zeit und liest, DDR Mythos und Wirklichkeit. Aber sicher erzähle ich dir nichts neues. Und du hast sicher wichtigeres zu tun.

       
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      Stiller Gedanke
      vor 7 Jahren

      Unholder0815

      Eigentlich ging es mir vorallem darum das der Eigentümer schon lange nicht mehr das sagen auf seinem Grund und Boden hat. Außerdem halt ich gewisse Reglementierungen für sinnvoll und notwendig.

      Zum Thema DDR weiß ich das ca. 85% der landwirtschaftlichen Nutzfläche von sogenannten LPG bewitschaftet wurden. Auf was sich die drei Arten von Eigentum beziehen weiß ich nicht. (Ich hoffe du klärst mich auf, denn es würde mich sehr interessieren und Zeit hätte ich auch.)

       
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...symbolic...
vor 7 Jahren

Ist wohl höchste Zeit, dass man endlich mal darüber nachdenkt, dass unsere Wiesen und Äcker nicht unendlich vorhanden sind. Ginge es nach Blanik und Co., würden sie alles verbauen, bestes Bsp. ist der Mienekugel-Unsinn oder der Bauwahn in Lienz-Süd. Überall entstehen Retortensiedlungen, aber nicht nur in LZ, wohl auch in sämtl. Umgebungsgemeinden, vorallem Amlach, Nußdorf oder Tristach. Es ist bei dieser Ausweisung aber schon interessant, dass z.B. die LLA-Gründe des Landes Tirol davon unberührt bleiben sollen, jedoch das Iselhof Areal zw. Schloßgasse und Isel schon mit dabei ist. Richtet man sichs da einwenig fürs Land?

Nun denn, sehr gute Idee, endlich mal dieser Zubetoniererei Einhalt zu gebieten. Vielleicht fängt man dann tatsächlich mal an, über den vorhandenen Leerbestand nachzudenken. Es wäre wirklich interessant zu wissen, wieviele Wohnungen und Häuser ungenutzt sind.

Die Natur hat schon begonnen, sich zu wehren. Es muss der Mensch mit Umdenken anfangen, denn so kann es auf keinen Fall weitergehen...

 
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    senf
    vor 7 Jahren

    symbolic@ innteressant, dass sie blanik nennen, warum auch nicht die bürgermeister der "Umgebungsgemeinden". in ihrer motivation zu posten sehe ich daher im politischen zweck, und nicht im sachlichen. die konsenswerber für die umwidmungen - vor allem am stadtrand sind ja die bauern selbst, gute beispiele dafür sind die RGO, der maschinenring, oder auch die die bauernkammer, während genau diese die vorhandenen gebäude in der stadt vergammeln lassen. das geschäft blüht! ein RGO verantwortlicher hat ja erst kürzlich gemeint, "es ist schön und gut, teure Reserven zu haben, aber nach wie vor gebe es für diese Gründe keine konkreten Anfragen der Stadt". man spekuliert also. übrigens: die intensive ausweitung des stadrandes für gewerbe und wohnbau und industrie hat längst vor blanik unter den machenschaften damaligen mehrheitsparte begonnen, oder wächst die stadt deiner meinung nach wirklich erst seit der amtsübernahme der roten?

     
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Stiller Gedanke
vor 7 Jahren

Ich bin grundsätzlich auch für die Erhaltung der landwirtschaftlichen Nutzfläche und finde die Idee der Vorsorgeflächen nicht schlecht. Aber als ich mir die Unterlagen für meine Heimatgemeinde Schlaiten angesehen habe wusste ich sofort dass diese Flächen willkürlich über Orthofoto oder Satelliet ausgewählt wurden. Denn aufgrund des Ertrages der Lage und der Bewirtschaftbarkeit dürften einige Flächen nicht in diesem Programm enthalten sein und andere fehlen wiederum. Wenn ich jetzt annehme das im restlichen Planungsverband so gehandelt wurde wie in Schlaiten, dann muss ich die Sinnhaftigkeit dieser Vorsorgeflächen in frage stellen.

Zum Schluss kann man wiedereinmal feststellen das unsere Regierenden den Dialog mit dem Bürger garnicht suchen.

 
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