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Gastronomie: Ein Farbfächer für Pommes in Küchen?

EU-Verordnung soll vor Acrylamid schützen. Schnitzelwirtin: "Wenn das kommt, sperr ich zu!"

Der breit diskutierte Plan der EU-Kommission, künftig mittels einer Acrylamidverordnung strengere Rahmenbedingungen für das Rösten, Braten, Backen und Frittieren von besonders stärkehaltigen Lebensmitteln festzulegen, scheidet auch hierzulande die Geister. Vor allem die lang eingesessenen Wirte gehen auf die Barrikaden. Den Anstoß für diese Überlegungen in Brüssel bildeten Tierversuche mit Acrylamid. Dabei wurde ein erhöhtes Krebsrisiko durch die Aufnahme dieses Stoffes nachgewiesen. Die von der EU geplanten Rahmenbedingungen sollen dafür sorgen, dass beim Garen möglichst wenig Acrylamid entsteht. Konkret bedeutet dies die Verwendung von Kartoffelsorten, die wenig Stärke enthalten sowie das Einweichen oder Blanchieren von Pommes frites vor dem Frittieren, um einen Teil der Stärke auszuwaschen. Weiters soll die Hitze beim Garen auf das Nötigste begrenzt werden und die Waren sollen so wenig wie möglich gebräunt werden. Dafür sollen Gastronomen künftig eine „Bräunungstabelle“ heranziehen können, die Aufschluss über die „Gefährdung“ durch verschiedene Bräunestufen geben soll. Gut möglich also, dass in heimischen Wirtshäusern demnächst der Bräunungsgrad von Pommes frites mit einer Tabelle abgeglichen wird. Einen Acrylamid-Grenzwert für den Menschen gibt es jedoch nach wie vor nicht. In Tirol wehrt man sich vehement gegen diese Überlegungen. "Das geht eindeutig zu weit", sagt etwa Josef Hackl, Sprecher der Tiroler Gastronomie, zu den Plänen der EU-Kommission. Hackl fügt in Bezug auf die Allergene-Verordnung an: „Wer die Bürokratie kennt, der weiß, dass hier womöglich wieder das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird und unsinnige Vorgaben aus Brüssel bei uns in Österreich weiter verschärft werden.“ Mario Pulker, Obmann des Fachverbandes Gastronomie sieht die Sachlage ähnlich: „Es sieht so aus, als ob die Einwände der europäischen Gastronomieverbände im Konsultationsverfahren nicht berücksichtigt wurden. Das bedeutet, dass sich die Betriebe europaweit wieder auf neue gesetzliche Vorgaben einstellen müssen und damit die bereits stark überregulierte Gastronomie weiter belastet wird.“ Tirols Wirtschaftsbundobmann Franz Hörl bezeichnete die Acrylamid-Verordnung jüngst als „praxisfern, unternehmerisch existenzgefährdend und absolut überbordend.“ Auch in Osttirol macht sich unter den Wirten Widerstand breit. Man befürchtet großen Mehraufwand durch die geplanten Auflagen. „Trixi“ Erler von der Lienzer Schnitzelwelt sieht keine Notwendigkeit für neue Richtlinien: „Wir braten unsere Schnitzel eh nur noch mit 160°C, weniger geht einfach nicht. Dann müsste man einen drastischen Qualitätsverlust hinnehmen, was sich wiederum auf die Kundenzufriedenheit auswirken würde.“ Auch sie verweist auf den Mehraufwand, der in ihrem Fall nur schwer zu meistern wäre: „Dann müsste ich zusätzliche Arbeitskräfte einstellen, deren Aufgaben lediglich darin bestünden, Kartoffeln zu blanchieren und anschließend die Speisen mit der EU-Tabelle abzugleichen.“
Trixi ist sich sicher: Wenn die Verordnung kommt, sperrt sie zu. Foto: Dolomitenstadt/Roman Wagner
Bei Trixi ist der Kunde König, deshalb müsse sie sich auch auf dessen Bedürfnisse einstellen. „Wir haben sehr viele Kunden, die zu uns kommen und ein dunkles, knuspriges Schnitzel mit knackigen Pommes frites wollen. Was soll ich denen künftig servieren, wenn diese Verordnung kommt?“ Und wenn die EU diese Verordnung tatsächlich in dieser Form verabschieden würde, dann käme in der Lienzer Schnitzelwelt kein panierter Gaumenschmaus mehr in die Pfanne. „Dann sperr ich zu!“, droht Trixi. „Ich gehe 2019 ohnehin in Pension, wenn die Verordnung kommt, hör ich eben ein Jahr früher auf.“ Weit nachsichtiger zeigt man sich hingegen beim heimischen Branchenprimus, der Fast-Food-Kette McDonald’s. Karl Jurak, Leiter der Restaurants in Lienz und Spittal, verweist auf die Auslöser für die geplante Verordnung: „Ich kenne die Diskussion und denke, man sollte der EU nicht immer den schwarzen Peter zuschieben. Wenn dort eine derartige Verordnung im Gespräch ist, gibt es gewiss Studien und Forschungen, die die EU zum Handeln bewogen haben.“ Für seinen Betrieb würde sich durch diese Richtlinien nur wenig ändern, da man bereits jetzt die Pommes frites möglichst schonend zubereite. „Wir frittieren ohnehin mit möglichst geringem Acrylamid-Gehalt. Die Pommes frites scheinen den Kunden aber dennoch zu schmecken, da wir allein in Lienz ein bis eineinhalb Tonnen Pommes pro Woche verkaufen“, so Jurak, der auch die heimischen Wirte in die Pflicht nimmt: „Als Gastronomiebetrieb hat man ein gewisses Maß an Verantwortung und wenn derartige Bestimmungen mit Studien und Fakten begründet werden, sollte man ernsthaft abwägen, ob man sich wirklich derart dagegen wehrt. Es geht schließlich um die Gesundheit der Kunden.“ Dem drohenden Mehraufwand durch das Blanchieren oder Einweichen von Kartoffeln sieht Jurak gelassen entgegen: „Man hat früher schon in Restaurants die Kartoffeln blanchiert, daher sehe ich hier nicht wirklich ein Problem.“ Er räumt aber auch ein, dass man dennoch bestrebt sein solle, dass Gastronomen den Kunden trotz derartiger Auflagen ein angemessenes Endprodukt servieren können.
Karl Jurak führt zwei McDonald´s Restaurants und sieht die "Pommes-Verordnung" mit Gelassenheit: „Wir frittieren ohnehin mit möglichst geringem Acrylamid-Gehalt." Foto: McDonald´s
Mitte Juli hat der Entwurf der Acrylamid-Verordnung den zuständigen Ausschuss des Komitees für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel passiert. Die Gastronomie blickt nun gespannt nach Brüssel und wartet die nächsten Entwicklungen ab. Strafen für Missachtung der Vorlagen soll es laut Verordnung übrigens keine geben. Lediglich das interne System zur Acrylamidvermeidung sei zu evaluieren, sollten Abweichungen festgestellt werden. "Sollten in weiterer Folge allerdings neue Aufzeichnungspflichten oder sogar Strafen durch das Ministerium eingeführt werden, steigen wir auf die Barrikaden", erklärt Pulker. Rückendeckung erhält er von Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter: "Diese Verordnung ist das beste Beispiel dafür, dass sich die EU zu sehr in Details einmischt, statt sich um die großen Probleme zu kümmern.“ Der Tiroler Wirtschaftsbundobmann Franz Hörl appelliert an Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner: „Bitte trimmen Sie Ihre Beamten auf Hausverstand sowie Praxisnähe und sagen Sie ihnen nochmals, dass sie auch die Vertretung der vielen kleinen Gastronomen in unserem Land sind.“
Dolomitenstadt-Redakteur Roman Wagner studierte an der FH Joanneum in Graz und ist ein Reporter mit Leib und Seele. 2022 wurde Roman vom Fachmagazin Österreichs Journalist:in unter die Besten „30 unter 30“ gewählt.

6 Postings

multi 1
vor 7 Jahren

Mc Donald's machts sich Sorgen um die Gesundheit seiner Gäste,das ich nicht lache .Sagen sie mir ein Produkt was sie ohne Geschmackverstärker zubereiten

 
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hannes
vor 7 Jahren

schade für lienz, wenn dolo.stadt den Mc als branchenprimus bezeichen ( muss ), schade für die Osttiroler Gastronomie

 
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kobra7159
vor 7 Jahren

Na ja, die Gras essenden und Körnchenfurzenden Parlamentaria in Brüssel haben sonst keine Probleme. Die sollen einmal so ein gutes Schnitzel essen, dann währen sie da anderer Meinung. Aber wenn es nach denen geht werden wir in Zukunft einen panierten Wetex essen müssen, denn der ist sicher saftig.

 
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felix1960
vor 7 Jahren

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

 
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tauernwind
vor 7 Jahren

Eine Aufklärung der Bevölkerung über gesundheitsschädliche Stoffe ist ja OK.

Aber dann soll eben einfach auf der Speisekarte eine Kennzeichnung sein "Acrylamidhältig" oder so und jeder Bürger kann selbst wählen ob er es dann bestellt oder eben nicht.

Bei den Zigaretten reicht die Kennzeichnung ja auch und der Alkohol kommt gar ohne aus, aber da merkt man eben wieder welche Branchen mehr für den Lobbyismus ausgeben.

 
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alpensepp
vor 7 Jahren

Die Österreicher werden bei der Umsetzung sicher wieder die Vorzeigeeuropäer sein und das Gesetz beniebel durchführen......nur wer z.B. nach Deutschland, Italien oder Frankreich schaut, sieht das viele Länder es mit solchen EU-Gesetzen nicht so genau nehmen.

 
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