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Tauernbach erzeugt Stress zwischen Schwarz und Grün

Die Tiwag-Pläne für ein Ausleitungskraftwerk in Osttirol spalten die Koalition.

Die Kraftwerkspläne der Tiwag am Osttiroler Tauernbach führen zu Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Tiroler Regierungskoalition und hämischen Reaktionen aus den Reihen der Opposition. Am 22. Mai ließ Grüne-Klubchef Gebi Mair mit einem Interview in der Tiroler Tageszeitung aufhorchen und bezeichnete die Tiwag als „Dinosaurier unter den Energieversorgern,“ der offenbar noch immer denke, dass jeder technisch nutzbare Bach auch durch ein Kraftwerk genutzt werden solle.
Gebi Mair gibt sich in Sachen Tauernbach als Umweltfighter. Die ÖVP verweist auf das Koalitionsabkommen. Foto: Expa/Groder
Statt 91 Millionen Euro in ein Ausleitungskraftwerk zu investieren, sollte die Tiwag das Geld besser in die Nutzung von Solarenergie stecken, konkret in den Ausbau der Unternehmenssparte TISOLAR, der im schwarzgrünen Koalitionsabkommen fixiert sei. Mair: „Wir brauchen Modelle, wie Solaranlagen dezentral und auf bestehenden Gebäuden in Zusammenarbeit mit dem Energieversorger des Landes nutzbar werden.“ Auf diese Kritik reagierte postwendend der schwarze Koalitionspartner. VP-Energiesprecher Anton Mattle gab sich erstaunt über Mairs Vorstoß und konterte per Aussendung: „Ohne die Nutzung unseres Wasserkraftpotenzials ist die anvisierte Energiewende bis zum Jahr 2050 und damit die Abkehr von fossilen Brennstoffen wie Öl, Kohle und Gas nicht zu schaffen. Neben der Förderung weiterer regenerativer Energieformen ist der Ausbau der Wasserkraft deshalb ein unverzichtbarer Pfeiler der Tiroler Energiestrategie. Dazu haben sich im neuen Regierungsprogramm auch die Grünen mit ihrer Unterschrift ganz klar bekannt.“ Ob der Ausbau einer eigenen Solarsparte durch die Tiwag Sinn macht, will die ÖVP laut Mattle erst prüfen.
In Osttirol legt Thomas Haidenberger für die Grünen nach und fordert neben einem Stopp der Kraftwerkspläne den Ausbau von Solarenergie. Foto: Dolomitenstadt/Pirkner
Mit dem Koalitionsthema sah sich auch der Osttiroler Grüne Thomas Haidenberger konfrontiert, der im Rahmen eines Pressegesprächs am 23. Mai in Lienz die Grünen Vorwürfe an die Tiwag wiederholte und ebenfalls für eine Solaroffensive plädierte: „Energiewirtschaftlich sind Ausleitungskraftwerke problematisch. Sie liefern am meisten Strom, wenn am wenigsten gebraucht wird: Im späten Frühjahr und im Sommer bei hohen Temperaturen und langen Zeiten mit natürlichem Tageslicht fließt nun einmal das meiste Wasser.“ Warum der Schutz des Tauernbachs nicht Teil des Koalitionsabkommens sei und die Grünen einer Herausnahme dieses Bachs aus der Natura 2000-Zonierung zugestimmt hätten, wird Haidenberger gefragt? „Weil wir eben nur der kleine Partner in der Regierung sind und der Große hier mehr zu sagen hat.” Haidenberger ist Lehrer und Energieberater. Er rechnet vor: „Das noch weitgehend ungenutzte Solarpotenzial der bestehenden Dachflächen in Tirol ist mehr als doppelt so hoch – rund sieben TWh – wie jenes der als ausbauwürdig eingestuften Wasserkraft unseres Landes.“
Energiereferent Josef Geisler kündigt die Verlängerung der privaten Stromspeicher-Förderung des Landes an. Foto: Expa/Groder
Den Vorwurf, zu wenig für die Förderung der Photovoltaik zu unternehmen, kontert Energiereferent und Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Geisler mit der Ankündigung, dass die Tiroler Stromspeicherförderung zur Hebung des Eigenverbrauchanteils von privaten Photovoltaik-Anlagen – die Ende Mai auslaufen sollte – bis Ende 2018 verlängert wird. Geislers Begründung: „Sonnenstrom ist neben der Wasserkraft ein ganz wesentlicher Schlüssel zur Erreichung der Energieautonomie. Mit unserer Stromspeicherförderung helfen wir mit, dass der am eigenen Dach oder auf der Fassade erzeugte Strom zu einem Großteil auch im eigenen Haus verbraucht wird.“ Süffisant kommentiert die freiheitliche Partei von der Oppositionsbank das Energie-Hickhack zwischen Schwarz und Grün. Landtagsabgeordneter Alexander Gamper ortet in einer Aussendung einen internen Konflikt in der Landesregierung beim geplanten Kraftwerk Tauernbach. Es zeige sich „dass die Tiroler Grünen keine Wirtschaftskompetenz besitzen. Sie sind nicht aus den Öko-Schlapfen herausgewachsen.“ Die FPÖ sehe den 2014 präsentierten Rahmenplan für fünf Kraftwerke nach wie vor positiv. Gamper: „Anscheinend steht einzig die FPÖ zum raschen Ausbau der Wasserkraft in Tirol.“
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

11 Postings

Markus aus den Hohen Tauern
vor 6 Jahren

Der Herr Haidenberger kann ein Produktions- und Verbrauchsverhältnis von Solarstrom sicher nicht darstellen. Er verschließt die Augen einfach vor Fakten. Hier die böse Wasserkraft, dort der gute Solarstrom. Er hat einfach den Überblick nicht. Warum ist mir völlig suspekt. Traurig solche Realitätsverweigerer. Und welch ein Glück, dass sie in der Politik über Gemeinderats-Mandate nicht hinauskommen.

 
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senf
vor 6 Jahren

herr heidenberger, wann werden auch sie es begreifen: ein grosser teil der sonnenenergie und auch energie aus ausleitungskraftwerken kann nur dann gespeichert werden, wenn man dafür ausreichend stauseen bereit stellt. wasserkraft ist als pumpstrom sogar noch effizienter, weil kontuinität gegeben ist, während solarenergie durch ständige lieferschwankungen erst mit komplizierten und verlustreichen schaltsystemen ausgeglichen und dann erst bereitgestellt werden kann. energiespeicherung in den bergen kostet viel geld, aber im verhältnis zu anderen methoden gibt es leider nichts billigeres und effizienteres.

herr haidenbger, können sie hier im forum das produktions- und verbrauchsverhältnis von solarstom in tirol glaubhaft darstellen?

interessant wären auch der anteil an nachtstrom und die gesamten PV-winterenergieleistung im verhältnis zu den anderen bereitgestellten elektroenergiemengen in tirol.

steuerzahler@ ?

 
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    thohai
    vor 6 Jahren

    Die Speicherung von Strom aus PV-Anlagen ist derzeit wirklich kein Problem, weil es in Tirol so wenig davon gibt, dass gar nichts gespeichert werden kann. Der laufende Gesamtverbrauch während der Stunden mit Tageslicht ist IMMER wesentlich höher als die jeweils erzeugte Menge an Solarstrom.

    Natürlich sind Pumpspeicher wichtig für den Ausgleich zwischen Erzeugung und Verbrauch. Aber diese Technik hat den Nachteil hoher Verluste. Beim Transport des Strom vom Ort der Erzeugung zu den Verbrauchsstellen gibt es Verluste in Leitungen und Transformatoren. Muss eine Pumpspeicheranlage zwischengeschaltet werden, fallen die Verluste doppelt an. Auch die Pumpen, Turbinen und Generatoren haben nicht 100% Wirkungsgrad, was zu weiteren Einbußen führt. Ein Drittel des Stroms und mehr bleibt so auf der Strecke.

    Wird Sonnenstrom nicht zur Gänze im Gebäude mit der PV-Anlage verbraucht, dann in der unmittelbaren Nachbarschaft. Dafür braucht es keine Transformation und keine langen Leitungen und die Verluste bleiben sehr neidrig.

    Ihre Fragen nach konkreten Verbrauchs- und Erzeugungsdaten kann ich Ihnen leider nicht beantworten, weil Netzbetreiber diese Daten nicht öffentlich zur Verfügung stellen.

    Ich kann Ihnen aber Vergleichzahlen anbieten, die das Verhältnis der Stromerzeugung zwischen Sommer- und Winterhalbjahr abbilden: Nach den Abflussdaten des hydrografischen Dienstes aus den Jahren 1994 - 2004 (diese wurden für die Projektentwicklung verwendet) würde das geplante Kraftwerk am Tauernbach rund 92 % seiner Jahresleistung im Sommerhalbjahr (April bis September) liefern und nur 8% im Winterhalbjahr (Oktober bis März) PV-Anlagen sind dagegen weit besser als ihr Ruf, weil die Solarmodule bei kühlen Umgebungstemperaturen deutlich besser arbeiten. Von vielen PV Anlagen in Osttirol gibt es online Daten, die ein wesentlich besseres Verhältnis offenlegen. http://sune-solution.com/monitoring.php Von der Gemeinde-Anlage in Iselsberg gibt es genaue Daten, die in den bisherigen Betriebsjahren (seit 2014) jeweils rund ein Drittel (29- 36%) der Jahresproduktion im Winterhalbjahr ausweisen.

     
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      senf
      vor 6 Jahren

      danke herr haidenberger. ihr erster satz sagt alles und bestärkt mich in meiner haltung zur wasserkraft. ich höre PV lieferanten immer nur über anlagenamortisation und verkaufserlöse jammern. warum? weil sie ein produkt liefern, das grossteils zur falschen zeit am falschen ort verfügbar ist. PV lieferanten haben im gegensatz zur tiwag ja keine versorgungspflicht.

      wenn nun die PV lieferanten für einige stunden am tag strom ins netz einspeisen, dann kann die dadurch eingesparte energie aus wasserkraft in stauseen für nacht, spitzen- und winterenergie gespeichert werden. dank dieser energie funktioniert auch der solarstrom, den sie so hochjubeln.

      warum sich grüne und umweltverbände so gegen wasserkraft stellen, wird wohl so lange ein rätsel bleiben, bis sie die komplexe energieversorgung ganzheitlich begreifen und ehrliche umweltpolitik betreiben.

       
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      Stiller Gedanke
      vor 6 Jahren

      Pumpspeicher sind immernoch der effizienteste Weg Energie zu speichern, je größer die Anlage desto größer der Wirkungsgrad, Trafoverluste und Netzverluste kann man vernachlässigen. Außerdem kann man mit einer PV-Anlagen keine Blindleistung erzeugen.

      Übrigens hat die TIWAG eine PV-Park in Jenbach (wenn auch nicht so erfolgreich betrieben).

      Das Stromnetz an sich ist dermaßen Komplex und das wird auch noch immer schlimmer. Zu jeder Zeit muss genau die gleiche Leistung ezeugt werden die gerade gebraucht wird. Und momentan sind noch die Großen Versorger dafür verantwortlich die Netzstabilität aufrech zu erhalten, da kann es schon passieren das Investitionen getätigt werden die auf den ersten Blick nicht rentabel erscheinen jedoch im Gesamtbild ihre berechtigung haben.

      Die Versorgung soll dezentral aufgebaut werden aber für die Versorgungssicherheit ist immernoch nur einer Verantwortlich, daran muss sich etwas ändern.

       
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steuerzahler
vor 6 Jahren

Daß die Tiwag keinen Solarstrom will, ist ja offenkundig. Das generelle Problem ist aber der zu niedrige Strompreis. Er verhindert Investitionen. Wieso sollte ich eine PV-Ankage errichten, die sich bestenfalls nach 25 Jahren amortisiert? Der zu niedrige Strompreis wird durch die falsche Behandlung der Atomkraftwerke verursacht. Die AKWs werden weltweit gefördert und die Atommüllproblematik ignoriert. Diese Kosten zahlen auch wir mit, denn woher kommt der niedrige Preis auf den Strommärkten? Wenn die AKW-Betreiber alle Kosten und auch zukünftigen Kosten finanzieren müßten, dann würde jedes AKW schließen. Wenn wir eine sogenannte Energiewende schaffen wollen, müssen wir alle Alternativen verbinden. Auch die Wasserkraft und ganz besonders Speicherkraftwerke zum Ausgleich für die unregelmäßigen Lieferungen von PV und Windanlagen. Und ja, der Strompreis wird dadurch nicht sinken. Es hilft auch nicht ausländische PV-Module hoch zu besteuern, das macht die Sache nur unlohnend. Ich könnte auf meinen vorhandenen Dachflächen eine Anlage errichten, die einen erheblichen Überschuß produziert, aber ich baue meine Anlage erst, wenn sie sich nach 10 Jahren amortisiert.

 
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    genaugenommen
    vor 6 Jahren

    Und daher: Wenn!!! Ein Kraftwerk am Tauernbach gebaut werden soll oder muss, dann ein Speicherkraftwerk!!

     
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    thohai
    vor 6 Jahren

    Danke für Ihren Beitrag, Sie haben mit vielen Aussagen recht. Nur eine Anmerkung: Wenn nur Kraftwerke gebaut würden, die sich innerhalb von 10 Jahren amortisieren, dann würden mit Sicherheit gar keine gebaut!

     
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      thohai
      vor 6 Jahren

      Sorry, dieses Posting hätte natürlich zu dem vom @Steuerzahler gehört ...

       
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    thohai
    vor 6 Jahren

    Danke für Ihren Beitrag, Sie haben mit vielen Aussagen recht. Nur eine Anmerkung: Wenn nur Kraftwerke gebaut würden, die sich innerhalb von 10 Jahren amortisieren, dann würden mit Sicherheit gar keine gebaut!

     
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      Stiller Gedanke
      vor 6 Jahren

      Ein Kraftwerk hat aber auch eine wesentlich höhere Nutzungdauer.

       
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