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Pflege wird Schwerpunktthema der Tiroler Politik

Nach einem Hilferuf beim Gemeindetag beziehen die politischen Parteien Position.

Der Tiroler Gemeindetag in Hopfgarten im Brixental stand am 4. Juni ganz im Zeichen überbordender Finanzbelastung der Gemeinden durch immer höhere Sozialausgaben. Verbandspräsident Ernst Schöpf, Bürgermeister von Sölden, plädierte für mehr Treffsicherheit: „Ohne Hinschauen auf die Umstände der jeweils Betroffenen, läuft man automatisch Gefahr, irgendwann einem reichen Bauern eine Kuh zu schenken. Treffsichere Sozialpolitik sieht anders aus. Ich glaube, diese Wahrheit ist den Bürgern zumutbar”, erklärte Schöpf und teilte dann in Richtung Wien aus: „In der Bundesregierung eiert es noch. Es ist deutlich spürbar, dass da noch einige Novizen am Werk sind, die ein fehlendes Verständnis für die Komplexität mancher Themen haben.” Vor allem das Thema Pflegeregress stresst die Gemeinden. Schöpf: „Die vom Bund hinterlegte Ziffer hat a priori nicht gestimmt. Trotzdem wurde sie vom Finanzminister die längste Zeit durch das Land getragen. Inzwischen sind die viel zu niedrig angesetzten 100 Millionen Euro zum Glück vom Tisch. Tirol soll nun 30 Millionen als Einnahmeausfall erhalten. Auch das kann aber noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. Denn wir wissen aktuell nicht, wie es jetzt mit dem Zuzug in die Heime aussehen wird.“
Durch den Wegfall des Pflegeregresses erhöht sich tirolweit der Andrang auf die Pflegeheime. Foto: Dolomitenstadt
Die Tiroler Neos fühlen sich durch diese Töne in ihrer Position bestätigt: „Die Neos haben bei der Abschaffung des Pflegeregresses von Anfang an die Position eingenommen, dass es sich hier um ein unüberlegtes Wahlgeschenk mit ‚Husch-Pfusch-Gesetzgebung‘ handelt”, erklärt Neos-Bürgermeister Markus Moser aus Mils bei Imst. Die Liste Fritz fordert vor dem Hintergrund steigender Pflegeheimkosten eine bessere Unterstützung des Landes für Menschen, die eine 24-Stunden-Pflege in Anspruch nehmen. Seit 2010 gibt es eine Förderung von 275 Euro pro Betreuungsperson und Monat, wobei die betreute Person mindestens Pflegegeldstufe 3 haben muss. Offiziell nehmen diese Förderung derzeit rund 1.900 Familien in Tirol in Anspruch. Fritz-Landtagsabgeordnete Andrea Haselwanter-Schneider hält eine Aufstockung für sinnvoll: „Für viele betroffene Familien ist die 24-Stunden-Betreuung schlichtweg zu teuer. Sie sind daher auf einen Pflegeheimplatz angewiesen. Dieser schlägt sich im Landesbudget deutlich kostenintensiver nieder, vor allem wenn zusätzliche Heimplätze gebaut werden müssen.“ Dem kann die VP-Pflegesprecherin Marina Nowara wenig abgewinnen. Rein rechtlich falle die 24-Stunden‑Betreuung nämlich in die Kompetenz des Bundes: „Die Reform der 24-Stunden-Betreuung ist Teil des Koalitionsübereinkommens der neuen Bundesregierung. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein ist deshalb gefordert, dieses Reformvorhaben, das vor allem durch die Abschaffung des Pflegeregresses zusätzlich an Aktualität gewonnen hat, schnellstmöglich gemeinsam mit den Ländern anzugehen.“
Die Opposition fordert mehr finanzielle Unterstützung des Landes bei der 24-Stunden-Pflege. Foto: iStock
Grundsätzlicher sieht den finanziellen Lastenausgleich zwischen Bund, Land und Gemeinden die SPÖ, für die sich der Landtagsabgeordnete und Sellrainer Bürgermeister Georg Dornauer zu Wort meldet und vorrechnet: „Rund 365 Millionen Euro zahlen die 279 Tiroler Gemeinden an gemeinschaftlichen Beiträgen. Diese laufenden Transferleistungen belasten die Gemeindebudgets massiv. Rund 119 Millionen entfallen dabei auf Sozialbeiträge wie Mindestsicherung, Grundversorgung und Rehabilitation. Die Kostenaufteilung zwischen Land und Gemeinden für diese Leistungen beträgt 65:35, die Kommunen müssen also mehr als ein Drittel dieser Aufwendungen finanzieren.“ Dornauer fordert eine Veränderung des Aufteilungsschlüssels auf ein Verhältnis von 75 zu 25. Linktipp: Wohn-und Pflegeheime in Osttirol.
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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