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Grenzkontrollen: Platter warnt Bayern, Neos kritisieren Kickl

Der „Asylstreit“ in Deutschland macht den Brenner zur symbolträchtigen „Südgrenze“.

Der „Asylstreit“ zwischen dem deutschen Innenminister Horst Seehofer (CSU) und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel ist vorläufig beigelegt, seine Auswirkungen lösen aber eine hitzige politische Debatte in Österreich aus. Deutschland will künftig an seinen Grenzen – also auch an der Grenze zu Österreich – Flüchtlinge zurückweisen, die in anderen EU-Ländern bereits registriert sind. Österreich spielt den Ball weiter und droht mit der Schließung des Brenners, neuerdings als „Südgrenze“ bezeichnet. „Es ist unfassbar wie diese Regierung den EU-Ratsvorsitz einläutet“, wettert der Tiroler NEOS-Klubobmann Dominik Oberhofer angesichts der Ankündigung von Innenminister Herbert Kickl, ab nächster Woche am Brenner zu kontrollieren: „Wenn es hier zu Kontrollen kommt, dann ist das ein Super-Gau. Ich fordere Landeshauptmann Günther Platter im Namen der Tiroler Bevölkerung auf, dringendst und unverzüglich auf seine Parteifreunde in Wien einzuwirken“. Es reiche schon, was sich in Italien unter Innenminister Matteo Salvini abspiele. Der Rechtspopulist meint vollmundig: "Sie wollen den Brenner schließen? Dann schließen wir ebenfalls die Grenze.” Das sei ein guter Deal für Italien, weil derzeit mehr Flüchtlinge aus Österreich in den Süden wanderten als umgekehrt. Für Oberhofer insgesamt „ein Wahnsinn“, speziell in der für den Tourismus wichtigen Sommersaison.
Günther Platter warnt, nicht hunderte Flüchtlinge sondern hunderttausende deutsche Touristen könnten sich an Tirols Grenzen stauen. Foto: Land Tirol
Günther Platter, von der Opposition zum Handeln aufgefordert, betonte heute bei einem Pressegespräch in Innsbruck, Grenzkontrollen seien lediglich „ein allerletztes, ultimatives Mittel“. Die geschichtsträchtige Bedeutung der Brennergrenze – die Grenzbalken wurden am 31. März 1998 von den Landeshauptleuten von Tirol und Südtirol entfernt – müsse allen bewusst sein: „Der Grenzübergang am Brenner ist mit keinem anderen vergleichbar, er steht für ein geeintes Europa.“ Derzeit sei die Lage am Brenner völlig im Griff, die Zahl der aufgegriffenen Personen gehe zurück. „Wir werden dies genau beobachten: Wir akzeptieren kein Durchwinken und werden bei einer Änderung der Situation unmittelbar reagieren.“ 280 Personen der Exekutive und des Bundesheers seien innerhalb von 24 Stunden einsatzbereit.
Das Bundesheer bewacht die Brennergrenze – kein Bild aus längst vergangenen Tagen, sondern aufgenommen in der europäischen Gegenwart. Foto: Expa/Jakob Gruber
Die Auswirkungen von Grenzkontrollen am Brenner wären massiv – auf den Personen- wie den Warenverkehr. Von Juni bis Oktober fuhren im Vorjahr rund 6,2 Millionen Pkw und knapp eine Million Lkw über den Brenner. An Spitzentagen überqueren bis zu 100.000 Fahrzeuge den Pass. Diese Zahlen hält der Tiroler Landeshauptmann den Bayern unter die Nase: „Wenn wir in der aktuellen Situation den Brenner sperren würden, würden dort nicht hunderte Flüchtlinge sondern hunderttausende deutsche Touristen auf die Heimreise warten. Bei diesen Zahlen muss jedem bewusst werden, was Brenner-Grenzkontrollen bedeuten. Ich warne daher die deutsche Bundes- und die bayerische Staatsregierung vor Maßnahmen, die sich zu Lasten Österreichs und Tirols auswirken.“
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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