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Zum 70. Geburtstag: „Osttirol spielt Felix Mitterer“

Vier Laienbühnen wagen ein ambitioniertes Theaterexperiment. Auch der Autor ist gespannt.

Der Dramatiker Felix Mitterer feierte im Februar dieses Jahres seinen Siebziger und vier Osttiroler Bühnen feiern mit ihm. Von 19. Juli bis Mitte November bringen die Theatergruppe Rabensteiner Virgen, der Theaterverein Nikolsdorf, die Heimatbühne Strassen und die Theatergruppe Spielgemeinschaft Bergland Assling als Hommage an den großen Tiroler Autor einen Mitterer-Zyklus, der spannendes Theater mit teilweise sogar experimentellem Charakter verspricht.
Felix Mitterer signierte bei der Pressekonferenz auf Schloss Lengberg einige seiner Bücher. Fotos: Dolomitenstadt/Wagner
„Bei einem Seidl Bier“ sei die Idee zum Gemeinschaftsprojekt „Osttirol spielt Felix Mitterer“ entstanden, erzählt Bezirkstheaterobmann Thomas Widemair. Josef Dichtl und Margit Gasser von der Virgener Theatergruppe sind mit der Organisation und Koordination betraut. Dichtl: „Wir wollten ursprünglich je eine Spielstätte pro Osttiroler Tal anbieten, das haben wir fast geschafft.“ Die Gruppen bewerben den Mitterer-Zyklus gemeinsam.
Auf Schloss Lengberg bei Nikolsdorf wurde über das Projekt "Osttirol spielt Felix Mitterer" informiert.
Der Autor selbst will alle Aufführungen persönlich miterleben, betonte Mitterer im Rahmen eines Pressegespräches am 6. Juli auf Schloss Lengberg. Er darf aus mehreren Gründen gespannt sein. Zum einen sind seine Stücke alles andere als leichte Kost, weder für Laienschauspieler noch für deren Publikum. Zum anderen verspricht sich der Dramatiker einiges von der Inszenierung in einem authentischen Umfeld: „Da arbeiten Laien zumeist doch besser als Profis. Es wäre nahezu unmöglich, einen Schauspieler aus der Stadt erfolgreich einen waschechten Tiroler Bauern spielen zu lassen. Die Authentizität spielt eine tragende Rolle.“
Josef Dichtl ist bei diesem Projekt in der Hauptorganisation tätig. Links neben ihm der Bezirkstheaterobmann Thomas Widemair.
Tatsächlich ist die alles andere als heile Welt des Landlebens ein roter Faden in Mitterers Werk und damit auch im gezeigten Zyklus der Osttiroler Bühnen. Da wäre das Zwei-Personenstück „Mein Ungeheuer“, das von 10. August bis 19. August in Nikolsdorf aufgeführt wird, in kleinem Rahmen mit nur 60 Sitzplätzen. Es ist ein intensives Drama mit teilweise alptraumhaften Zügen, die Geschichte einer Ehehölle und eines harten, entbehrungsreichen Lebens. Marianne Mair, Obfrau der Theatergruppe Nikolsdorf, freut sich auf die Herausforderung in einem Jahr, in dem auch die Gruppe ein Jubiläum feiert. Sie wurde vor 60 Jahren gegründet. Die Heimatbühne Strassen zeigt die Satire „Besuchszeit“, eines der meistgespielten Mitterer-Stücke. Satirisch und hintergründig setzt sich der Dramatiker mit Figuren am Rand der Gesellschaft auseinander, die bei aller Schrägheit vor allem um eines ringen: Würde. Ursprünglich wollten die Strassener „Heim“ auf die Bühne bringen, erzählt Spielleiterin Michaela Fuchs, aber die schonungslose Sprache und das Tabuthema Missbrauch erschien den Akteuren dann doch zu riskant.
In Assling wird das Stück "Abraham" aufgeführt. Laut Mitterer sei dies das schwierigste Unterfangen.
Genau dieses Spannungsfeld zwischen tradierten Erwartungshaltungen an kleine „Heimatbühnen“ und Mitterers entlarvender Herangehensweise an die Abgründe unterhalb der Heimatidylle machen den Theaterzyklus in Osttirol selbst Jahrzehnte nach den Uraufführungen dieser Stücke noch spannend. Das gilt auch für „Abraham“, das Stück, das die Spielgemeinschaft Bergland Assling erarbeitet und das im Oktober auf die Bühne kommt. Für Mitterer ist es „ein Stück über die Liebe“, 1993 geschrieben, eine Tragödie über Homosexualität und Gottesfurcht, die im ländlichen Raum wohl immer noch an manche Toleranzgrenze stößt, wie Obfrau Manuela Obererlacher von der Spielgemeinschaft vermutet.
Norbert Mladek, Spielleiter bei der "Piefke Saga" in Virgen, hat das Werk zuvor noch nie gesehen – ein Vorteil, wie Felix Mitterer meint.
Besonders hoch ist die Erwartungshaltung aber bei einem Unterfangen, das wirklich experimentellen Charakter hat. Die Theatergruppe Rabensteiner wagt sich in Virgen an die Inszenierung der „Piefke Saga“ und damit einer filmischen Großtat von ORF und NDR, die Anfang der neunziger Jahre in vier Teilen ausgestrahlt wurde und längst Kultstatus hat. Mitterers unglaublich komische, in ihrer Substanz aber kritische und bis heute erstaunlich frisch wirkende Satire über die Auswüchse des Tourismus und die Hassliebe zwischen alpinen Ösis und deutschen Sattmanns ist eigentlich nicht bühnentauglich – möchte man meinen. Doch die Rabensteiner wagen sich unter der Regie von Robert Mladek an den prominenten Stoff. Mladek hat die Fernsehserie nicht gesehen. Das garantiert – neben den Bedingungen eines Bühnenwerkes – einen neuen Blick auf die Piefke-Saga. „Es ist eine Ehre und Herausforderung zugleich, ein Stück von Felix Mitterer als Spielleiter begleiten zu dürfen. Wir werden, basierend auf dem Original-Drehbuch, eine stimmige Version finden“, erklärt Mladek. Man darf gespannt sein. Premiere ist am 19. Juli.
Felix Mitterer im Interview:  
Osttirol spielt Felix Mitterer: Theatergruppe Rabensteiner Virgen: „Die Piefke Saga“  – Spieltermine vom 19. Juli bis 03. August 2018 Theaterverein Nikolsdorf: „Mein Ungeheuer“ – Spieltermine vom 10. August bis 19. August 2018 Heimatbühne Strassen: „Besuchszeit“ – Spieltermine vom 13. Oktober bis 27. Oktober 2018 Theatergruppe Spielgemeinschaft Bergland Assling „Abraham“ – Spieltermine vom 03. November bis 11. November 2018
Dolomitenstadt-Redakteur Roman Wagner studierte an der FH Joanneum in Graz und ist ein Reporter mit Leib und Seele. 2022 wurde Roman vom Fachmagazin Österreichs Journalist:in unter die Besten „30 unter 30“ gewählt.

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