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St. Veit im Defereggental zählt neben Schlaiten und Iselsberg-Stronach zu den Osttiroler Gemeinden mit hundert Prozent Verschuldungsgrad. Foto: Ramona Waldner

St. Veit im Defereggental zählt neben Schlaiten und Iselsberg-Stronach zu den Osttiroler Gemeinden mit hundert Prozent Verschuldungsgrad. Foto: Ramona Waldner

Gemeindefinanzen: Osttirols „Hunderterclub“ schrumpft

Wie hoch verschuldet ist Ihre Gemeinde? Hier ist die aktuelle Finanzstatistik für den Bezirk.

Der „Hunderterclub“ der höchstverschuldeten Osttiroler Gemeinden ist laut dem jüngsten Gemeindefinanzbericht des Landes Tirol, veröffentlicht am 21. Juli, mit Iselsberg-Stronach, Schlaiten und St. Veit im Defereggen mittlerweile recht exklusiv geworden. Im Vorjahr waren noch sechs von 33 Osttiroler Gemeinden zu hundert Prozent verschuldet. Doch liegt der Teufel bei allen Statistiken im Detail und gewiefte Zahlenjongleure wie der Lienzer Stadtkämmerer Peter Blasisker verweisen darauf, dass die alljährlich auf rund 180 Seiten vom Land aufgelisteten Tabellen ohne Kenntnis der finanztechnischen Hintergründe kaum Aussagekraft haben. Ob auch Matrei in Osttirol zu den „Hundertern“ zählt, wie vor wenigen Tagen in der Tiroler Tageszeitung angedeutet, wird sich wohl erst in den kommenden Wochen zeigen, wenn die Ergebnisse des Prüfberichts der Bezirkshaupmannschaft Lienz nicht mehr hinter verschlossenen Türen abgehandelt werden und auch eine Stellungnahme der Gemeinde selbst vorliegt. Spannend bei einem Blick in die Osttiroler Gemeindestatistik ist auch die Situation in Außervillgraten. Dort sind 11,6 Millionen Euro Schulden notiert, mit 15.263 Euro pro Kopf der Dorfbevölkerung ein absoluter Rekordwert. Dennoch ging der Verschuldungsgrad der Gemeinde von 53 Prozent auf 30 Prozent zurück. Solche scheinbaren Gegensätze lassen sich bei einem Blick auf das Detail auflösen. In der Villgrater Gemeinde schlagen die Kosten für das neue Kraftwerk bei den Schulden durch. Weil sich aus dem Stromverkauf aber auch Einnahmen generieren lassen, ist der Schuldendienst offenbar kein Problem. Vor diesem Hintergrund sagt der Verschuldungsgrad nichts über die Höhe der Schulden, sondern nur über die Fähigkeit zu deren Rückzahlung aus. Eine Gemeinde, die insgesamt weniger Einnahmen hat, als die Ausgaben für Schuldentilgung und Zinsen ausmachen, ist demnach zu hundert Prozent verschuldet. Wie jedes Jahr nehmen die Gemeinden und die Opposition im Landtag den Finanzbericht zum Anlass, um auf die prekäre Lage der Gemeinden hinzuweisen, deren Ausgaben nicht analog zu den Einnahmen wachsen, bei gleichzeitig immer höher werdenden Transferzahlungen an das Land Tirol, das sich seinerseits mit einem Nulldefizit schmückt. Hier zum Download alle aktuellen Zahlen der Osttiroler Gemeinden, inklusive Gemeindeabgaben, Abgabenertragsanteile, Schulden und Finanzvermögen. Und unten eine Grafik mit der Ausstellung des Verschuldungsgrades der Osttiroler Gemeinden.

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

4 Postings

Markus aus den Hohen Tauern
vor 6 Jahren

Ob auch Matrei zu den Hundertern zählt ..... Na wie jetzt? Es gibt eine offizielle Statistik, da steht 74%. Es ist für mich deswegen völlig irrellevant, was eine Zeitung andeutet, die BH in ihrem Prüfbericht oder die Gemeinde in ihrer Stellungnahme schreibt.

 
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Note
vor 6 Jahren

Wenn man mit 759 Einwohnern von der BH Lienz - wie in Außervillgraten geschehen - 11.584.414 Euro an Gemeindeschulden aufsichtsbehördlich genehmigt bekommt (= 15.263 je Einwohner...) und dafür nur 160.249 pro Jahr zurückzahlt, wie lange dauert dann die Rückzahlung? Aber vielleicht hat sie noch gar nicht begonnen und was ist dann, wenn sich der Strompreis weiterhin so nach unten entwickelt und - wie schon in einigen Gemeinden im Nordtiroler Oberland passiert - diese mit Bedarfszuweisungen und anderen Landesförderungen gestützt werden müssen, damit sie nicht pleitegehen?

Hat die BH auch bei Innervillgraten ( mit 949 Einwohnern 7.344.069 Euro Schulden oder 7.739 Euro pro Kopf...) oder bei Kals am Großglockner ( mit 1.176 Einwohnern 7.050.425 Schulden der Gemeinde direkt und 2.109.543 in einer Kommunalgesellschaft ausgelagert...) bereits mit derartigen Szenarien gerechnet oder wie?

Jedenfalls lernt man bei dieser - übrigens nur noch in Tirol angewendeten „besonderen“ Berechnung des Verschuldungsgrades einer Gemeinde, dass dieser oft überhaupt nichts mit der wirklichen Verschuldung zu tun hat und nahezu nichts darüber aussagt, ob diese wirtschaftlich leistungsfähig und finanzkräftig ist, oder nicht. Die neue Voranschlagsrechnungsverordnung (VRV 2015), die als Drei-Komponentenrechnung dann auch der bisherigen Kameralistik den Garaus machen und ab 2020 österreichweit zwingend auch von Gemeinden unter 10.000 Einwohnern anzuwenden sein wird, wird diesen „Verschuldungsgradfetischismus“ dann auch in Tirol endgültig beenden. Erst dann wird man anhand zeitgemäßer Bilanzierungsinstrumentarien wirklich in der Lage sein, auch Gemeinden gesamtwirtschaftlich objektiv und gleich zu beurteilen.

 
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GinTonic
vor 6 Jahren

​Hinter verschlossenen Türen wurde in Matrei gar nichts abgehandelt, wie auch dolo unrichtigerweise berichtet: Wie in der Tiroler Gemeindeordnung vorgesehen und im Begleitschreiben der BH Lienz mitgeteilt, hat der Bürgermeister den Prüfbericht dem Gemeinderat "in einer Sitzung" vorzulegen bzw. zur Kenntnis zu bringen...und nicht mehr und nicht weniger hat in Matrei stattgefunden! Gleich in der nächsten ÖFFENTLICHEN SITZUNG des Gemeinderates nach Übermittlung des Prüfberichtes hat BGM Andreas Köll diesen - unter Berichte des Bürgermeisters vollinhaltlich (!) von Gemeindefinanzverwalter Michael Rainer - verlesen lassen. Dabei waren neben allen Mitgliedern des GR auch Zuhörer aus der Bevölkerung anwesend. Andere mediale Darstellungen sind tatsachenwidrig und hiermit korrigiert.

 
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    Gerhard Pirkner
    vor 6 Jahren

    Dann werden wir gleich einmal in Matrei und bei der Bezirkshauptmannschaft nachfragen, ob auch die Redaktion von Dolomitenstadt diesen Bericht „vollinhaltlich“ lesen darf ?. So ließe sich tatsächlich Licht ins Dunkel bringen. Wir würden sehr gerne einen detaillierten, auf Fakten beruhenden Bericht über die Einschätzung der finanziellen Lage der Gemeinde Matrei durch die Behörde verfassen.

     
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