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Proteine auf der Piste bringen Politiker ins Schwitzen

Ausgerechnet Schnee wird in der Sommerhitze zum politischen Aufreger in Tirol.

Wann gefriert Wasser? Kommt drauf an, müsste die richtige Antwort heißen. Bei Null Grad Celsius, dem landläufig bekannten „Gefrierpunkt“ bildet Wasser nur auf größeren Oberflächen Eis. Kleine Tröpfchen aus reinstem Wasser erstarren laut Max-Planck-Institut erst bei Minus 37 Grad, es sei denn, das Wasser enthält sogenannte Kristallisationskeime wie zum Beispiel Ruß oder Mineralstaub. Dann gefriert das Tröpfchen schon bei geringeren Minusgraden. Der effizienteste Kristallisationskeim ist ein „eisbildendes Bakterium“, das Proteine mit dem Namen Pseudomonas syringae erzeugt. Es löst schon bei knapp unter Null und angeblich sogar bei leichten Plusgraden die Eisbildung in Wassertropfen aus. Und das brachte Ende der neunziger Jahre ein amerikanisches Unternehmen auf die Idee, diese Bakterien bzw. das Protein Pseudomonas syringae in großen Fermentern zu züchten und als „Snomax“ zu verkaufen, ein Zaubermittel, das Wasser aus Schneekanonen schneller gefrieren lässt. Das Unternehmen versichert, dass sich in Snomax zwar das Protein, aber keine lebenden Bakterien befinden. „Pseudomonas syringae kommt weltweit auf allen Kontinenten vor und findet sich sowohl an Land, im Wasser als auch in der Luft. In einem Kubikmeter Luft finden sich im Schnitt etwa 40 dieser Proteine, auf einer einzigen Tomate können es bis zu 10 Milliarden sein“, versichert der Hersteller auf seiner Website und verweist auf Studien, die die Unbedenklichkeit von Snomax bestätigen würden. In vielen Ländern, darunter in den USA und in der Schweiz, ist der Zusatz bei der Pistenbeschneiung seit Jahren im Einsatz, in Österreich war Snomax bisher verboten. Gegen einen entsprechenden Bescheid des Landes Tirol berief die Gemeinde Seefeld beim Landesverwaltungsgericht und erhielt recht. Seitdem sorgt das Thema Snomax für jede Menge politische Aufregung. Selbst so unterschiedliche Parteien wie die Grünen und die FPÖ sind sich ausnahmsweise einig, Snomax hat in Tiroler Schneekanonen nichts zu suchen. Landeshauptmann Günther Platter hält an seiner ablehnenden Haltung fest und droht Snomax-Verwendern mit der Streichung von Fördermitteln: „Wir werden in der künftigen Richtlinie keine Infrastrukturförderungen etwa für Seilbahnen mehr gewähren, wenn außer Wasser und Luft künstliche Zusatzstoffe zur Beschneiung verwendet werden.“
Derzeit kommt aus Tiroler Schneekanonen nur Trinkwasser, das schneller frieren würde, wenn man Proteine beimengt. Seit Kurzem ist das erlaubt, stößt aber auf eine breite Front der Ablehnung. Foto: Wolfgang C. Retter
Das Land prüft gesetzliche Möglichkeiten zur Erhaltung des „Reinheitsgebotes“ auf Tiroler Pisten. Da durch den aktuellen Richterspruch der Einsatz erlaubt ist, schlägt der Grüne Umweltsprecher Gebi Mair eine freiwillige Vereinbarung unter den Skigebietsbetreibern vor, „um weiterhin die Trinkwasserqualität bei der künstlichen Beschneiung in Tirol zu garantieren.“ Wirtschaftskämmerer Franz Hörl, sonst alles andere als umweltbewegt, legt sich als Obmann des Fachverbands der Österreichischen Seilbahnen ins Zeug. Da werde eine rote Linie überschritten, wettert Hörl in Richtung Seefeld. Die dortigen Bergbahnen stehen noch diesseits der Linie, haben das umstrittene Mittel also bisher nicht eingesetzt. Sollten sie es dennoch tun, sind vom Landesverwaltungsgericht konkrete Auflagen vorgeschrieben, unter anderem laufende Untersuchungen der Auswirkungen von Snomax. Glaubt man dem Hersteller, dann ist die sommerliche Diskussion ohnehin überflüssig. Der Slogan für Snomax lautet nämlich: „Zeit für eine ökologische Beschneiung. Sparen Sie Wasser und Energie". Der Snomax-Bescheid des Landesverwaltungsgerichts.
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

8 Postings

Sinnlos
vor 6 Jahren

Ad Snomax: Es gibt keine einzige chemische oder physikalische Reaktion die zu 100,00...% abläuft. Somit ist es auch klar das ein Teil der eingebrachten Bakterien eben NICHT ABGETÖTET sind. Wenn die sich, wie bei Bakterien üblich vermehren werden daraus exponentiell mehr. Also Finger weg von diesem unkontrolliebaren Zeugs. Es gibt sicherere Alternativen.

 
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tauernwind
vor 6 Jahren

Wenn ohne die Kristallisationskeime das Tröpfchen erst bei -37° gefriert wird wohl jetzt auch ein Kristallisationskeim verwendet, oder verstehen ich das falsch ?

 
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    karli8
    vor 6 Jahren

    Als Kristallisationskeime können Staubpartikel die im Wasser gelöst sind schon ausreichen, es reicht aber bei entsprechender Unterkühlung auch eine Vibration aus.

     
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42na95
vor 6 Jahren

Von Somax ist die Hochstein-Sektion 'Drei' noch Lichtjahre entfernt?

 
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bergfex
vor 6 Jahren

Warum erlaubt man nicht endlich Wasser aus sauberen Gebirgsbächen anstatt Trinkwasser. Man könnte bei uns sogar das Wasser aus Isel und Drau verwenden.

 
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    SennAlpin
    vor 6 Jahren

    Hallo bergfex,

    seit 2011 ist es erlaubt im Rahmen einer Risikoanalyse auf die Verwendung einer UV-Anlage zu verzichten. Es gelten dabei nicht mehr die Grenzwerte der Trinkwaserverordnung. Somit kann Wasser aus einem Gebirgsbach (ohne Aufbereitung) herangezogen werden.

     
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      bergfex
      vor 6 Jahren

      Das verwundert mich jetzt, da die Zuständigen immer noch behaupten es währe nicht erlaubt. Irren ist menschlich.

       
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      bergfex
      vor 6 Jahren

      In der TT von heute: Landeshauptmann Günthe­r Platter (VP)" Für die Tiroler Böden komme in der Beschneiung nur Trinkwasserqualität in Frage". ????

       
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