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Der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher will Europa „von unten nach oben“ entwickeln. Am Podium in Toblach saß auch Dietmar Ruggenthaler als Obmann des RMO. Fotos: Dolomiti Live/LAG Pustertal

Der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher will Europa „von unten nach oben“ entwickeln. Am Podium in Toblach saß auch Dietmar Ruggenthaler als Obmann des RMO. Fotos: Dolomiti Live/LAG Pustertal

Arno Kompatscher: „Wir wollen keine Grenzen.“

In Toblach trafen sich die lokalen Aktionsgruppen des EU-Programms „Dolomiti Live“.

Wenn man Europa verstehen will, braucht man offenbar ein Abkürzungsverzeichnis. Was ist zum Beispiel ein CLLD? Oder gar ein LAG? Und – was hat all das mit dem EVZT zu tun? Für die Protagonisten grenzüberschreitender regionaler Zusammenarbeit sind das vertraute Kürzel, wie man als journalistischer Zaungast am 20. September im Kulturzentrum Grand Hotel Toblach beobachten konnte. Einige Dutzend VertreterInnen von Gemeinden und Institutionen dies und jenseits der Grenze gaben sich im Vorfeld des „European Cooperation Day“ ein Stelldichein, aufgewertet durch einen kurzen Auftritt des wahlkämpfenden Südtiroler Landeshauptmanns Arno Kompatscher. So einfach die Grundidee ist – Kooperation nicht auf Ebene von Staaten, sondern von Regionen – so komplex mutet für den Außenstehenden deren Umsetzung an. Selbst kleinste Projekte wie ein Treffen von Kindergärtnerinnen aus Ost- und Südtirol oder eine (noch eine?) 24-Seiten-Broschüre über das Radfahren in der Dolomitenregion sind eingebettet in Projekt- und Förderstrukturen, die offenbar nur noch Menschen durchblicken, die sich professionell damit beschäftigen. Diese Menschen nennt man „Regionsmanager“, sie bilden gemeinsam mit Vertretern von Gemeinden, Kammern und Vereinen im Idealfall eine LAG, eine „Lokale Aktionsgruppe“.
Osttirol war beim Dolomiti Live-Treffen in Toblach stark vertreten.
Osttirol hat eine, das Südtiroler Pustertal ebenso und auch im Belluno gibt es ein LAG Alto Bellunese, die alles managt, was über den eigenen Tellerrand hinausreicht. Wenn sich nun drei LAGs zusammentun und gemeinsam Pläne schmieden, dann nennt man das „Community-Led Local Development“ oder eben CLLD, eine von kommunalen Kräften vorangetriebene lokale Entwicklung. Diesen CLLDs geben die Akteure gerne klingende Namen, im konkreten Fall „Dolomiti Live“. Worum es bei CLLDs und LAGs geht? Um Geld. Für „Dolomiti Live“ stehen mehrere Millionen Euro zur Verfügung. 2016 startete das Kooperationsprogramm, das hundert Gemeinden in Osttirol, Südtirol und dem Belluno umfasst, in denen fast 200.000 Menschen leben. Seit dem Start wurden unter dem Titel „Dolomiti Live“ für 27 eingereichte Projekte mit 51 Projektpartnern rund 2,2 Millionen Euro beantragt. Im Topf wartet noch mehr Geld auf spannende Initiativen, die man bei den regionalen Experten einreichen kann. Im Sinne der gemeinsamen Sache ist ein Projekt dann gut, wenn es die Zusammenarbeit und die Lebensqualität über die Grenzen der Regionen hinweg verbessert, die wirtschaftliche Entwicklung fördert oder kulturelle Impulse setzt, die nicht an der Grenze enden. Beispiele wären die Museumskooperationen zwischen Aguntum, Sebatum und der Magnifica Comunità di Cadore oder das auch auf dolomitenstadt.at schon mehrfach vorgestellte Projekt BioColAlp zur Verbesserung der Biodiversität. Beim Meeting der lokalen Aktionsgruppen in Toblach hatte man als Außenstehender das Gefühl, dass sich hier eine Familie trifft, die schon lange und durchaus freundschaftlich an größeren und kleineren Projekten arbeitet, unter dem Dach der Euregio, die im Fachjargon ein EVTZ ist, ein „Europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit“. Arno Kompatscher ist aktuell Präsident dieses EVTZ und er brachte in Toblach auch auf den Punkt, dass es trotz oftmals komplexer Strukturen am Ende um etwas ganz Einfaches geht: „Es geht um die Idee, Europa nicht von oben herab, sondern von unten zu gestalten. Wenn uns das gelingt, rücken wir die Peripherie ins Zentrum. Und hinter diesem Vorhaben steht ein politisches Ziel: Wir wollen keine Grenzen.“
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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